Die eiserne Ferse. Jack LondonЧитать онлайн книгу.
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Jack London
Die eiserne Ferse
Impressum
Texte: © Copyright by Jack London
Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Inhalt
Die brüllende Bestie des Abgrunds
Vorwort
Man kann nicht sagen, dass das Everhard-Manuskript ein wichtiges historisches Dokument sei. In Bezug auf das Historische strotzt es von Irrtümern — Irrtümern nicht betreffs der Tatsachen, sondern deren Auslegung. Wenn wir auf die sieben Jahrhunderte zurückblicken, die seit Vollendung des Manuskripts durch Avis Everhard vergingen, sind uns die Ereignisse, die ihr verworren und verschleiert erscheinen mussten, klar. Ihr fehlte die Perspektive. Sie war den Ereignissen, über die sie schreibt, zu nahe, ja, sie war mit ihnen verschmolzen. Nichtsdestoweniger ist das Everhard-Manuskript als persönliches Dokument von unschätzbarem Wert. Aber auch hier sind ihr Irrtümer unterlaufen, die ihre Ursache sowohl in ihrem Mangel an Perspektive wie in den Vorurteilen haben, welche ihr die Liebe eingegeben hat. Aber wir verzeihen Avis Eberhard lächelnd die Heldenverehrung ihres Gatten. Heute wissen wir, dass er nicht so bedeutend war, nicht so groß in den Ereignissen jener Zeit, wie das Manuskript uns glauben machen möchte.
Wir wissen, dass Ernst Everhard ein ungewöhnlich befähigter Mensch war, aber nicht so außergewöhnlich, wie seine Frau glaubte. Alles in allem war er nur einer in der großen Zahl von Helden, die, über die ganze Welt verstreut, ihr Leben der Revolution weihten, wenn auch zugegeben werden muss, dass er Ungewöhnliches, namentlich in seinem Werk über die Philosophie der Arbeiterklasse, leistete. Er bezeichnete sie als »Proletarische Wissenschaft« oder »Proletarier-Philosophie«, ein Beweis für die Enge seines Geistes — ein Mangel, der jedoch der Zeit zuzuschreiben ist und dem sich niemand in jenen Tagen zu entziehen vermochte. Doch zurück zu dem Manuskript. Ganz besonders wertvoll darin ist, dass es das Gefühl jener schrecklichen Zeiten übermittelt. Nirgends finden wir lebendiger die Psychologie der Personen dargestellt, die in dieser wilden Periode, in den Jahren 1912 bis 1932 lebten — ihre Irrtümer und ihre Unwissenheit, ihre Zweifel, Befürchtungen und Missverständnisse, ihren Wahn, ihre heftigen Leidenschaften, ihre unbeschreibliche Gewinn- und Selbstsucht. Diese Dinge sind für unser erleuchtetes Jahrhundert so schwer begreiflich. Die Geschichte berichtet jedoch, dass sie existierten, und Biologie und Psychologie erwecken sie nicht wieder zum Leben. Wir nehmen sie als Tatsache hin, ohne jedoch Mitgefühl und Verständnis für sie aufbringen zu können.
Dieses Mitgefühl empfinden wir jedoch, wenn wir das Everhard-Manuskript aufmerksam lesen. Wir identifizieren uns mit den Darstellern in diesem längst vergangenen Weltdrama, und für die Dauer unseres Lesens ist ihr Denken das unsere. Wir verstehen nicht allein Avis Everhards Liebe für ihren Heldengatten, wir fühlen, wie er in jenen ersten Tagen, das undeutliche und schreckliche Auftauchen der Oligarchie. Wir fühlen, wie die (so treffend genannte) Eiserne Ferse heraufstieg und die Menschheit zerstampfte.
Und nebenbei finden wir, dass dieser historisch gewordene Ausdruck, die Eiserne Ferse, Ernst Everhard zum Urheber hat. Dies ist die eine strittige Frage, die durch das kürzlich aufgefundene Dokument geklärt wird. Vorher ist der Ausdruck, soweit bekannt, nur in dem im Dezember 1912 von George Milford veröffentlichten Pamphlet »Ihr Sklaven« angewandt. Dieser George Milford war ein unbedeutender Agitator, von dem nichts bekannt ist außer dem wenigen, das man aus dem Everhard-Manuskript erfährt, wonach er in der Chicagoer Kommune erschossen wurde. Offenbar hatte er den Ausdruck Ernst Everhards in irgendeiner öffentlichen Rede anwenden hören, höchstwahrscheinlich bei dem Wahlkampf für den Kongress im Herbst 1912. Aus dem Manuskript erfahren wir, dass Ernst Everhard den Ausdruck in einer Privatgesellschaft im Frühling 1912 gebrauchte. Es ist dies zweifellos die erste bekannte Gelegenheit, bei der die Oligarchie so bezeichnet wurde.
Die Erhebung der Oligarchie wird stets der Anlass geheimer Verwunderung für Historiker und Philosophen bleiben. Andere große historische Ereignisse haben ihren Platz in der sozialen Entwicklung. Sie waren unvermeidlich, und ihr Kommen hätte mit derselben Sicherheit vorausgesagt werden können, wie Astronomen heute die Bewegung der Sterne voraussagen. Ohne diese anderen