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Unter Barbaren - Ralph Ardnassak


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      Ralph Ardnassak

      Unter Barbaren

      Roman

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       I

       II

       III

       IV

       V

       VI

       VII

       VIII

       IX

       X

       XI

       XII

       XIII

       XIV

       XV

       Impressum neobooks

      I

      Wenn Dummheit und Rohheit straflos blieben,

      was würde dann aus dieser Welt, welche Welt?

      Hans Fallada

      Humanität besteht darin,

      dass nie ein Mensch

      einem Zweck geopfert wird.

      Albert Schweitzer

       Unter Barbaren

      Die größte moralische Tat seit Anbeginn aller Ethik würde derjenige vollbringen, der in den Menschen eines bewirken könnte: Scham über sich selbst!

      Die indianischen Denker hatten es erkannt: Der Mensch ist des Menschen Wolf!

      Unsere körperlichen Fähigkeiten gepaart mit dem Ergebnis der Evolution, unserem Intellekt, verwenden wir zielstrebig darauf, unsere Artgenossen von möglichen Pfründen abzudrängen!

      Frei von natürlichen Feinden, sind wir unser eigener geworden!

      Keine andere Spezies gibt es unter der Sonne, die ein derartiges und bewusstes Maß an Grausamkeit und Rohheit im Umgang mit der eigenen Art an den Tag legt!

      Keine Kultur, keine Institution oder Organisation, von uns erdacht, konnte dies ändern!

      Die antike Tragödie: „Besserung durch Mitleiden“, alle Weltreligionen: die Forderung nach Selbstlosigkeit und Nächstenliebe, das Ideal der westlichen Demokratie: Gleichheit aller vor dem Gesetz und Achtung der Menschenwürde, das Uniformitätsideal des Kommunismus: Befreiung des Menschen von Ausbeutung durch Menschen - sie alle haben versagt!

      Blind und taub für die Leiden unserer Mitmenschen, unfähig zur Besserung, selbstgerecht und maßlos, kultivieren wir ein Ethos des Egoismus, trotzen wir jeder Selbstkritik, jeder Scham, führen wir Kriege, brandschatzen und morden wir, vergewaltigen wir Frauen und Kinder, verurteilen wir zum Tode und inszenieren Exekutionen, stehlen, belügen, betrügen, foltern, drohen, massakrieren und terrorisieren wir in einem nie da gewesenen Ausmaß!

      Den Schrei handverlesener Zeitgenossen nach Menschlichkeit und Wärme belächeln wir, in unseren Tagen, da der Wert eines Menschen an seiner Rentabilität oder an seinem verfügbaren Einkommen gemessen wird! Albert Schweitzer, Mahatma Gandhi, Mutter Theresa - arme Irre, unfähig, aus ihren Ideen Kapital zu schlagen, faszinieren sie uns nicht annähernd so, wie Josef Wissiaronowitsch Stalin, Adolf Hitler oder Saddam Hussein. Ein Kult des Primitiven fesselt uns, die hemmungslose Bewunderung des starken Leittieres!

      Wir negieren die altruistische Liebe, Partner sind Vehikel zur Beförderung der eigenen Glückseligkeit! Dabei betäuben wir unsere Sinne vor der Realität unseres Seins mit Spendenaufrufen, mit Kleidersammlungen, Stiftungen und Armenküchen!

      Wir leben im Eisernen Zeitalter!

      Dem Tierreich entwachsen, sind wir Tiere geblieben! Ein Zwitterwesen: mit animalischen Instinkten behaftet, aber mit Geist ausgestattet, den wir uneingeschränkt in den Dienst der Vernichtung unserer Artgenossen zu stellen vermögen!

      Was uns vom Tierreich unterscheidet, benutzen wir zielstrebig dazu, unsere Welt roher und animalischer zu gestalten, als es das Tierreich je war! Das Tierreich kannte kein Ethos; wir kennen das Ethos des Egoismus!

      Kein Tier jagt nach Plan, kein Tier erlegt ein anderes ohne die Notwendigkeit der Nahrungsbeschaffung!

      Wir aber haben uns eine Barbarei geschaffen, schlecht verhüllt durch einen Vorhang der Kultur und wohlgefügter Gesetzeswerke!

      Dabei ist es nicht immer die große Barbarei der Vernichtungskriege und Ausrottungsdogmen der Diktaturen, die tiefe Wunden in den Seelen schlägt. Es ist die kleine, leise, alltägliche Barbarei in uns allen: das Schweigen und die Lieblosigkeit des Ehepartners, die Häme der

      Kollegen, die Schande der Arbeitslosigkeit, die Gnadenlosigkeit des selbstgerechten Chefs im Umgang mit dem grippekranken, überlasteten Angestellten, die Kaltschnäuzigkeit der Beamten, die perfide Funktionalität des Gesetzestextes!

      Es mag vielgestalte Möglichkeiten geben, gegen die kleine Barbarei des späten 20. Jahrhunderts zu protestieren: vom halb unterdrückten Aufschrei, bis zum allabendlichen Trinken oder dem Selbstmord!

      Welchen Weg wir auch gehen mögen, niemals dürfen wir aufhören, uns gegen die Barbarei, welches Gesicht sie auch trägt, zu stellen!

      Dieser Kampf kann im schonungslosen Benennen von Akten der Barbarei bestehen, wo auch immer sie uns begegnen mögen! Er kann auch mit Menschlichkeit geführt werden, mit Wärme, wie schwer es auch fallen mag!

      Das Räderwerk unserer Gesetzesmaschinerie, die Texte unserer Rechtsverordnungen, können Humanität nicht leisten! Allein wir können das!

      Wir sind berufen, eine Alltagskultur der Wärme und Menschlichkeit zu schaffen, damit die Barbarei sich nicht unter uns fortpflanzt!

      II

      Die Stadt liegt an der Saale, beiderseits des Flusses, wie viele Städte an seinen Ufern, geteilt in die Berg- und die Talstadt.

      Im unteren Saaletal liegt die Stadt. Alt und ehrwürdig der Stadtkern um das Schloss, den man mit Mühe vor dem Verfall bewahrt. Schiefergedeckte Dächer mit Türmchen, Gauben und Wetterhähnen, verspielte Fassaden, Erker, säulengerahmte Türen. Erinnerungen an


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