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Der exzellente Butler Parker 11 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.

Der exzellente Butler Parker 11 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Der exzellente Butler Parker – 11 –

      Agatha Simpson gab sich einer Lieblingsbeschäftigung hin: Sie schlenderte durch die Etagen des großen Kaufhauses, prüfte und verglich, mokierte sich über Preise und dachte nicht im Traum daran, auch nur einen einzigen Penny auszugeben. Die große, füllige Dame, schon jenseits der Sechzig, suchte nach Gelegenheiten, kostenlose Warenproben zu ergattern. Ungeniert trug sie bereits eine Plastiktüte, in der sich Werbepackungen einer französischen Luxusseife befanden. Mylady hatte den Stand mehrfach besucht und immer kaltblütig nach neuen Proben gefragt. Ebenfalls hatte sie sich neue Müsli, Zeitschriften und einige Kleinkonserven mit Nudelsauce besorgt.

      Gerade hielt sich Lady Agatha vor einem Wandregal auf, das mit Parfüm aller Duftnoten gefüllt war. Die majestätisch wirkende Dame suchte nach Probier-Flacons, um sich auch hier ohne Kosten bedienen zu können.

      Sie schien allerdings ein wenig verärgert zu sein, denn die Sprühfläschchen waren durch dünne, aber reißsichere Kettchen gesichert...

      Sie waren also nicht mitzunehmen. Um dennoch auf ihre Kosten zu kommen, benutzte sie ein Probierfläschchen nach dem anderen und schuf auf diese Art eine völlig neue Duftmischung.

      »Übertreiben Sie nicht etwas, Madam?« hörte sie hinter sich eine vorwurfsvolle Stimme.

      »Stellen Sie sich gefälligst vor, bevor Sie es wagen, mich anzusprechen«, raunzte die ältere Dame und wandte sich halb um. Sie sah sich einem schlanken, etwa vierzigjährigen Mann gegenüber, der einen schlichten grauen Anzug trug.

      »Ich gehöre zum Haus«, sagte der Mann. »Mein Name tut nichts zur Sache.«

      »Dann nehme ich Sie nicht zur Kenntnis«, erwiderte Agatha Simpson und... sprühte den Mann ausgiebig ein. Dabei konzentrierte sie sich auf sein Gesicht, was gewisse Auswirkungen auf die Sehfähigkeit hatte. Der Mann, der zum Haus gehörte, jaulte auf und rieb sich ausgiebig die Augen. Als er wieder einigermaßen sehen konnte, war Lady Simpson bereits verschwunden und hatte sich in die Buchhandlung des Warenhauses begeben. Es ging um eine Neuerscheinung, wie große Werbeplakate verhießen. Man stellte ein Handbuch für Astrologie vor und lud potentielle Kunden ein, sich ein Tages-Horoskop stellen zu lassen. Zuständig dafür war ein Computer, in den man nur ein paar persönliche Daten einzugeben hatte. Der Ausdruck sollte kostenlos sein, was Mylady ungemein erfreute.

      Bedient wurde die Anlage von einer jungen Angestellten, die sich über mangelndes Interesse nicht zu beklagen hatte. Vor ihrer kleinen Kabine hatte sich bereits eine Schlange von Kunden gebildet, die unbedingt erfahren wollten, was der Rest des Tages für sie noch bringen würde.

      »Das nenne ich Höflichkeit«, sagte Lady Agatha mit Stentorstimme, als sie sich an die Spitze der Schlange stellte und nickte den Wartenden huldvoll zu. »Sie nehmen wenigstens noch Rücksicht auf eine hilflose Frau.«

      Die ältere Dame überhörte das protestierende Gemurmel der Leute und zwängte sich in die kleine Kabine. Sie nannte der Angestellten einige Daten, die sich auf ihren Geburtstag bezogen und vergewisserte sich anschließend noch mal, daß der Ausdruck auch tatsächlich kostenlos wäre. Dann lehnte sie sich auf dem schmalen Drehsessel zurück, auf dem sie Platz genommen hatte.

      »Ich habe nichts dagegen, Kindchen, wenn Sie mir einen Wochenausdruck anfertigen«, sagte sie freundlich. »Für Ihre Maschine dürfte das doch eine Kleinigkeit sein.«

      »Der Computer ist nur für diesen Tag gefüttert«, lautete die Antwort.

      »Ein schlechter Kundendienst«, mäkelte die ältere Dame an dieser Antwort herum. »Stimmen die Angaben wenigstens?«

      »Die Sterne sollen nicht lügen, Madam«, gab die Angestellte freundlich zurück. »Alles hängt davon ab, wie Sie den Ausdruck deuten.«

      Der Computer arbeitete bereits. Kleine Kontroll-Lampen blinkten und zwinkerten. Ein Summen und Piepen war zu vernehmen, dann ratterte der Nadeldrucker und spie einen Ausdruck aus, der seiner Länge nach an einen mittelgroßen Teppichläufer erinnerte.

      Mylady nickte beeindruckt.

      »Nun, das sieht ja zumindest recht gut aus«, sagte sie und nahm ihren Ausdruck in Empfang. »Was bedeuten die fetten Zeilen, meine Liebe?«

      »Einen Hinweis auf besonders wichtige Stunden, Madam«, antwortete die Angestellte. »Hier steht, daß Sie für den Rest des Tages mit Überraschungen zu rechnen haben.«

      »Sehr gut«, freute sich Lady Agatha. Sie war eine Frau, die Langeweile haßte.

      »Sie werden einem Menschen begegnen, Madam, mit dem Sie sich nicht leichtsinnig befassen sollten.« Die Angestellte war eine geübte Verkäuferin und hütete sich, bei dieser allgemeinen Aussage auch nur andeutungsweise zu lächeln.

      »Ich bin niemals leichtsinnig, meine Liebe«, machte die ältere Dame deutlich. »Deshalb werde ich das Buch auch erst dann kaufen, wenn sich herausstellt, daß es keinen Humbug enthält.«

      Lady Agatha nahm den Ausdruck an sich und machte sich auf den Weg, um früher oder später einem Menschen zu begegnen, mit dem sie sich auf keinen Fall leichtsinnig befassen sollte.

      Sie ahnte noch nicht, wie ungemein zutreffend ihr Horoskop war.

      *

      Josuah Parker war der Butler, wie man ihn nur noch in Filmen zu sehen bekam. Er war etwas über mittelgroß, hatte den kaum wahrnehmbaren Ansatz eines Bauches, wirkte völlig alterslos und trug die ausdruckslose Miene eines professionellen Pokerspielers zur Schau. Zu dem schwarzen Zweireiher paßte ein weißes Hemd mit Eckkragen und schwarzer Krawatte. Auf Parkers Kopf saß ein schwarzer Bowler, im Volksmund auch Melone genannt. Am angewinkelten linken Unterarm hing ein altväterlich gebundener Regenschirm.

      Dieser hochherrschaftliche englische Butler stand in Diensten einer gewissen Agatha Simpson und hielt seine stets schützende Hand über sie. Lady Agatha betrachtete sich als Amateur-Detektivin und ließ kein Fettnäpfchen aus, in das sie treten konnte.

      Zur Zeit sorgte sich Parker ein wenig um seine Herrin.

      Agatha Simpson hatte in der Cafeteria des Warenhauses eine Teepause genommen und dazu ausgiebig Gebäck geknabbert. Danach war sie aufgestanden, um sich die Nase zu pudern, wie sie diskret angedeutet hatte. Das war vor etwa zwanzig Minuten der Fall gewesen.

      Parker wunderte sich darüber, daß Mylady noch nicht zurückgekehrt war. Und er machte sich zusätzlich Sorgen. Ihm war nur zu bekannt, daß die ältere Dame ausgesprochen spontan reagierte, was ihre inneren Eingebungen betraf. Sollte sie den Toilettentrakt auf einem anderen Weg verlassen haben? Befand sie sich wieder in den Verkaufsräumen des Hauses?

      Er stand auf und schritt gemessen aus der Cafeteria. An einem nahen Verkaufsstand für Porzellane aller Art fragte er eine Verkäuferin nach Lady Simpson. Er nannte natürlich keinen Namen, sondern beschrieb nur das eindrucksvolle Äußere der gesuchten Dame.

      Die Verkäuferin hatte Mylady erst vor wenigen Minuten drüben in der Buchabteilung ausgespäht. Parker bedankte sich höflich und begegnete einem Mann, der sich die Augen mit einem Taschentuch ausgiebig wischte. Er schien etwas sehgestört zu sein, denn er wurde von einer Angestellten behutsam geführt.

      Parker dachte unwillkürlich an seine Herrin.

      Er erkundigte sich bei dem Sehbehinderten nach Lady Agatha und beschrieb sie dazu.

      »Guter Gott«, stöhnte der Mann und zuckte zusammen. »Ich ... ich hatte Kontakt mit der Dame. Kennen Sie sie vielleicht?«

      »Wer maßt sich schon an, einen Menschen wirklich zu kennen?« antwortete Parker ausweichend. »Warum fragen Sie überhaupt, Sir?«

      »Sie hat mir eine Lösung Parfüm in die Augen gesprüht«, beklagte der Angestellte sich, »und zwar absichtlich.«

      »Vielleicht und möglicherweise handelt es sich um ein beklagenswertes Mißverständnis«, erwiderte Parker. »Darf man sich erlauben, Ihnen gute Besserung zu wünschen?«

      Der Butler wußte nun, daß er auf der richtigen Spur war.

      Lady Agatha lustwandelte durch die Verkaufsetagen und hinterließ Spuren. Wo sie sich allerdings momentan befand, konnte er nicht sagen, doch er hielt sicherheitshalber Ausschau nach Menschenansammlungen.


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