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Marthas Liebschaften | Erotischer Roman. Aimée RossignolЧитать онлайн книгу.

Marthas Liebschaften | Erotischer Roman - Aimée Rossignol


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      Marthas Liebschaften | Erotischer Roman

      von Aimée Rossignol

      Aimée Rossignol lebt, liebt und schreibt am liebsten da, wo in heißen Sommernächten Zikaden zirpen und ein kühler Wind vom Meer die Gräser wiegt. Zu Hause ist sie überall und nirgends. Sie bleibt, wenn ihr die knorrige Kiefer vor dem Haus gefällt oder Lavendelblüten ihre Nase kitzeln, und sie zieht weiter, wenn der Regen an ihre Scheibe klopft. Die Inspiration für ihre Geschichten findet sie in den prickelnden Begegnungen, die ihren Alltag so aufregend machen: Die flüchtige Berührung eines Fremden im Zug, eine hastig gemurmelte Entschuldigung und dann ein langer Blick in geheimnisvoll dunkle Augen – schon entsteht vor ihrem geistigen Auge ein neuer Charakter, dessen Geschichte sie unbedingt erzählen und vielleicht auch erleben will ...

      Lektorat: Nicola Heubach

      Für Alexander

      Originalausgabe

      © 2019 by blue panther books, Hamburg

      All rights reserved

      Cover: © Denis Petrov @ shutterstock.com © 2M media @ shutterstock.com

      Umschlaggestaltung: MT Design

      ISBN 9783862775385

      www.blue-panther-books.de

       Freitag

      Ich liebe den großen Saal der Ballettschule, die hohen Fenster und die Sonnenstrahlen, in denen Staubkörnchen immer paarweise ein filigranes Pas de deux tanzen, aufgescheucht von einem Dutzend trappelnder Füße auf dem alten Parkett, das manchmal unter springenden Körpern müde ächzt und stöhnt.

      »Langsamer, Martha, langsamer.« Catherine Frechat kräuselt ihre ohnehin schon spitze Nase missbilligend in meine Richtung und schlägt mit dem dünnen Stock in ihre Handfläche.

      Ich nicke ihr zu, während ich meine Finger bedächtiger über die Tasten schicke. Wieder Chopin. Wieder der Walzer Opus 64, No 2. Jede Note ist so vertraut, dass ihr Anschlag mein Gemüt schmerzt. Ich kann nicht sagen, dass ich diesen Job gern mag, aber an vielen Tagen ist er mir lieber, als all die Klavierschüler, die sich in den Abendstunden die Klinke meiner kleinen Wohnung in die Hand geben.

      »Alors! Demi plie, s’il vous plaît. Colette, die Schultern zurück und Geraldine, mehr Spannung! Lydia, bist du ein Mehlsack? Das ist doch kein Ballett, was du da veranstaltest!«

      Im Augenwinkel sehe ich, wie Catherine beginnt, die sich an der Stange biegenden Mädchen abzuschreiten, hier und da mit dem dünnen Stock ein Knie antippt oder eine Hand. »Lange Finger!«, ruft sie oder »Nein, nein, nein, den Kopf nach oben!«.

      Ich kenne jeden ihrer Rufe nach fast vier Jahren als Korrepetitorin an der »Académie Ballett Agnès Blanchard«. Ihre Rufe und auch die aller anderen Lehrer, die sich nur durch die Stimmen unterscheiden. Die Worte sind ein ewig wiegender Singsang der immer selben Phrasen, mal lauter, mal leiser, mal zu Tschaikowsky, mal zu Chopin, mal gelangweilt und mal streng.

      Catherine ist von allen Lehrern hier an der Ballettschule als Primaballerina sicherlich einmal die beste Tänzerin gewesen. Zu einer guten Lehrerin macht sie das jedoch nicht, denke ich und mustere sie über den Flügel hinweg.

      Keines der Mädchen kann es ihr recht machen, keine noch so sorgsame Pirouette findet ihre Gnade, keine kunstvolle Arabesque wird mit lobenden Worten bedacht. Ein leises »bien« ist das höchste der Gefühle und auch das höre ich sehr selten. Meist rümpft sie wortlos nur ein-, zweimal ihre Nase. Es muss schwer sein, denke ich. Gestern noch Primaballerina und am nächsten Tag eine fleischige Masse im Krankenhaus. Ein Autounfall, mehr weiß ich nicht, und der Rest ist Klatsch und Tratsch, auf den ich nicht viel gebe. Je nachdem, wer ihre Geschichte erzählt, reicht die Bandbreite von einer eifersüchtigen Ballerina am Staatsballett, die die Bremsen des Autos ihrer Konkurrentin manipulierte, bis zu einer ewig betrunkenen Catherine, die ihren Erfolg mit viel Champagner feierte und den vom täglichen Training geschundenen Körper mit ein paar Gläsern Calvados beruhigte. Die Einzige, die immer dazu schweigt, ist Catherine selbst, und das kann ich gut verstehen. Gefragt habe ich sie nie. Was würde das auch ändern? Ich würde weiterhin für ihre Proben Klavier spielen und sie würde weiterhin in den Momenten, in denen sie sich unbeobachtet glaubt, das Gesicht verziehen und sich ihren Rücken reiben.

      Die Uhr über der Tür tickt sich für mein Empfinden sehr langsam in die nächste Stunde. Noch dreißig Minuten, dann werde ich meine Tasche greifen, das alte Haus verlassen, im Café an der Ecke einen Espresso zum Mitnehmen bestellen, ihn im Laufen hinunterstürzen, nur, um es rechtzeitig nach Hause zu meinem Klavierschüler zu schaffen. Vielleicht bin ich keine gute Klavierlehrerin, aber zumindest bin ich zu meinen kleinen Schülern freundlicher als Catherine zu ihren Ballettelevinnen.

      Es dauert einen Moment, bis das Klingeln meines Smartphones durch die Läufe des Walzers in meine Gedanken dringt und eigentlich merke ich auch erst an den irritierten Gesichtern der Tänzerinnen, dass etwas nicht stimmt.

      Catherines Blick ist nicht mehr nur missbilligend, sondern wütend. Zweimal schlägt sie mit ihrem Stock kräftig auf das Holz des Flügels, während ich hastig den Geräuschverursacher aus meiner Hosentasche ziehe.

      »Luc ruft an«, steht auf dem Display.

      »Catherine, ich ...«

      Genervt wedelt sie mit dem Stock in Richtung Ausgang. Noch im Gehen flüstere ich: »Luc, du weißt doch ganz genau, dass ich arbeite.« Leise ziehe ich den Flügel der Doppeltür hinter mir ins Schloss und lehne mich an die Wand daneben.

      »Ja, ja, Martha, aber es ist einfach eine Katastrophe!« Luc klingt fast ein wenig weinerlich.

      »Was?«, frage ich streng.

      »Ich kann das weiße Hemd nicht finden. Du weißt schon, Martha, das Hemd, das am besten zu dem schwarzen Anzug passt. Das Reinweiße mit dem kleinen Kragen, nicht das Beigeweiße. Das Beigeweiße ist zu kurz, es rutscht immer aus der Hose. Morgen, morgen zur Probe brauche ich das Reinweiße. Dring-gend!«

      Ich atme einmal tief durch. »Luc, ich habe dir gesagt, dass ich es Elvira für die Wäscherei herausgelegt habe. Der Kragen war schon ganz grau ...«

      »Wann?« Seine Stimme klingt dumpf und verständnislos.

      »Letzten Montag.«

      »Ha!«, ruft er so laut, dass ich das Smartphone ein Stück vom Ohr weghalte. »Ha! Letzten Montag war ich gar nicht zu Hause.«

      »Nein, natürlich nicht, ich komme doch nur, wenn du nicht zu Hause bist.«

      »Nein, nein, ich meine nicht, wann du das dusselige Hemd in die Reinigung gebracht hast, sondern wann du es mir gesagt haben willst, denn ich bin mir sicher, du hast gar nichts gesagt. Wir haben ja gar nicht miteinander gesprochen! Warum tust du das, Martha?«

      Ja, das frage ich mich in Momenten wie diesen ebenfalls. Ich kenne Luc schon so lange, dass ich genau weiß, es macht keinen Sinn, ihm jetzt zu sagen, dass ich mit ihm am Montagabend telefoniert habe. Ich weiß, dass er nicht in der Stimmung ist, meinen Erklärungen zu folgen. Also schweige ich und ein paar Sekunden lang atmen wir gemeinsam in unsere Smartphones.

      »Martha«, sagt Luc schließlich leise.

      Ich habe immer gemocht, dass er meinen Namen so deutsch ausspricht, wie ich eben Deutsch bin.

      »Martha, begreifst du nicht? Alles wäre einfacher, wenn du zu mir zurückkommen würdest.«

      Aus dem Saal dringt dumpf das Hüpfen der Mädchen und Catherines stoisches Zählen. Ich lege den Kopf in den Nacken und reibe mir den Hals.

      »Bonjour, Madame Pelletier.« Blanche trippelt eilig in ihren Spitzenschuhen an mir vorbei und ich zwinkere ihr zu, flüstere, während ich mit einer Hand das Smartphone bedecke: »Warte.« Ich deute auf die Tür und schneide eine Grimasse. Blanche hält inne und wir lauschen beide angestrengt. Catherines Stimme entfernt sich wieder. Ich nicke Blanche zu und sie zwinkert lächelnd zurück, bevor sie durch einen winzigen Türspalt in den Saal schlüpft.

      »Martha,


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