Marcs TageBuch - Teil 2 | Roman. Sandra ScottЧитать онлайн книгу.
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Marcs TageBuch - Teil 2 | Roman
von Sandra Scott
Sandra Scott wurde 1981 in München geboren. Als Tochter eines Engländers und einer Deutschen verbrachte sie ihre frühe Kindheit in München, ihre Pubertät in London. Schon in ihrer Schulzeit begann sie zu schreiben – zunächst kurze Kriminalgeschichten, inspiriert von ihrem großen Idol Sherlock Holmes. Während ihres Psychologiestudiums verfasste sie dann romantische und später zunehmend erotische Geschichten, die sich rasch zu einem Geheimtipp unter ihren Kommilitoninnen entwickelten.Heute lebt Sandra in Edinburgh und arbeitet dort als Psychotherapeutin. Sie ist überzeugter Single. Für sie ist das Leben einfach zu kurz, um sich auf einen einzigen Sexualpartner festzulegen. In ihre erotischen Romane lässt sie ihre zahlreichen persönlichen Erlebnisse sowie ihre Erfahrungen mit ihren Patienten einfließen, wenngleich die Figuren und Handlungen natürlich frei erfunden sind.
Lektorat: Nicola Heubach
Originalausgabe
© 2013 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © HadK @ shutterstock
Umschlaggestaltung: www.heubach-media.de
ISBN 9783862773480
www.blue-panther-books.de
5. Juni von Sandra Scott
Das! Ist! Der! Pure! Wahnsinn!
Meine Hand zittert noch ein wenig vor Aufregung. Wahrscheinlich kann ich morgen kein Wort von diesem Gekrakel mehr entziffern, aber ich muss es einfach aufschreiben. Jetzt, wo das Erlebte noch frisch ist.
Ich kann es noch gar nicht glauben, dass mir so etwas passiert ist! Ich dachte, so was gibt es nur in Filmen. Vorzugsweise in solchen, in denen schlüpfrige Männerfantasien bedient werden.
Aber der Reihe nach.
Isabelle und ich machten uns am Morgen zu Fuß auf den Weg zum Institut, der geradewegs am Strand entlanglief. Es war einfach herrlich. Die Sonne war gerade am Horizont über den Wellen aufgegangen. Es war bereits angenehm warm, aber noch nicht heiß. Der Weg aus rotbraunen Steinplatten, die wie Holzbohlen gemasert waren, wurde auf der einen Seite von Palmen und auf der anderen Seite von einer endlosen Reihe steinerner Sitzbänke gesäumt. Gut zwei Meter unter uns verlief der breite Sandstrand. Auf dem Strand selbst, ebenso wie auf der Promenade darüber, waren Fahrradfahrer, Inlineskater, Jogger und Spaziergänger unterwegs, die ihre Hunde Gassi führten. Während wir uns auf die beeindruckende Fischskulptur aus Stahlgeflecht zubewegten, die in einiger Entfernung zwischen zwei Bürotürmen am Strand aufragte, sah ich ein Flugzeug auf die Küste zufliegen und erinnerte mich an die fantastische Aussicht, die ich beim Anflug gehabt hatte.
Nur mit Mühe konnte ich ein enthusiastisches Auflachen unterdrücken. Ich fühlte mich einfach großartig! Die ungewohnte Sonne so früh am Morgen belebte mich, dazu die wunderschöne Aussicht auf das Meer, die Wellen, die sanft gegen den Strand brandeten, die Palmen, die Möwen … das alles machte mir eine verboten gute Laune.
Das entging auch Isabelle nicht, die mich von der Seite aus neugierig ansah. »Das ist anders als London, oder?«, fragte sie.
Ich lachte. »Es ist fantastisch!«
Isabelle nickte. »Ich weiß genau, was du meinst. Es liegt vor allem am ständigen Sonnenschein. Im ersten Jahr hier war es wie ein Rausch, weißt du? Ich hatte ständig den Drang, etwas zu unternehmen, die Sonne auszunutzen. Das ist man ja gewöhnt aus England: die wenigen wirklich schönen, warmen Tage nutzen. Aber irgendwann habe ich begriffen: Sonnentage sind hier nichts Kostbares.«
»Für mich schon«, erwiderte ich. »Ich habe jetzt sechs Wochen Sonne vor mir, und das finde ich einfach großartig!«
Im Institutsgebäude angekommen, führte mich Isabelle zu den Räumen ihrer Arbeitsgruppe, wo ich vom Gruppenleiter, einem kleinen, pummeligen Franzosen in den Vierzigern, überschwänglich begrüßt wurde. Er führte mich in den Räumen des Instituts herum und stellte mir die anderen Mitglieder seiner Gruppe vor. Dann fragte er Isabelle, wann sie denn den nächsten Probanden erwarte.
»Jetzt«, antwortete Isabelle. »In ein paar Minuten.«
»Ausgezeichnet«, freute er sich. »Dann kann Marc gleich mal sehen, wie es abläuft.« Er wandte sich wieder an mich. »Wir reden dann später weiter.«
Isabelle führte mich in einen Raum, in dem sich auf zwei Schreibtischen Computertürme und Bildschirme drängten. Durch eine Glasscheibe konnte man die große weiße Röhre des Magnetresonanztomographen, kurz MRT, erkennen. Ich musste ein Schaudern unterdrücken, als Erinnerungsfetzen vor meinem inneren Auge erschienen. Vor nicht allzu langer Zeit hatte man mich selbst in eine solche Maschine geschoben. Mir war schwindelig und übel gewesen, ich hatte meine rechte Körperhälfte nicht bewegen und überdies nur noch lallen, statt sprechen können. Ein halbes Dutzend Ärzte und Pfleger waren um mich herumgewuselt, hatten mir Kontrastmittel gespritzt und meine Kleidung nach metallischen Gegenständen durchsucht. Dann kam ich mit fixiertem Kopf in diese Röhre und hatte das Gefühl, lebendig in einem Sarg zu stecken, nur dass es auf dem Friedhof sicher nicht so höllisch laut wäre.
Ich versuchte, mich damit zu beruhigen, dass es diesmal ganz anders sein würde. Nicht nur, weil ich nicht selbst in die Röhre musste, sondern andere dabei überwachte. Vor allem aber waren es gesunde Freiwillige, die keine potentiell lebensbedrohlichen Krankheiten hatten, sondern für eine Tafel Schokolade oder eine kleine Aufwandsentschädigung ein wenig Zeit der Wissenschaft opferten.
»Kennst du dich damit aus?«, wollte Isabelle wissen.
Ich nickte. Ich konnte nicht behaupten, die genauen physikalischen Vorgänge zu begreifen, die dazu führten, dass man mithilfe eines starken Magnetfelds Gehirnaktivität messen konnte, aber im Prinzip quantifizierte man Änderungen in Durchblutung und Sauerstoffgehalt von Gehirnarealen, von denen wiederum auf Aktivitäten der entsprechenden Regionen geschlossen werden konnte. »Ich weiß, wie es funktioniert«, sagte ich einfach.
»Gut. Wenn du den Raum mit dem MRT betreten willst, darfst du nichts Magnetisches am Körper haben. Pack dein Handy, deine Uhr und alles, was du sonst noch hast, am besten in deinen Rucksack.« Sie sah mich abschätzend an. »Hast du irgendwelche versteckten Piercings?«
Ich bildete mir ein, dass sie leicht enttäuscht wirkte, als ich den Kopf schüttelte. Aber sie nickte nur und sagte: »Gut. Die hättest du sonst rausnehmen müssen.«
In diesem Moment klopfte es an der Tür zum Vorraum und Isabelle ging hinaus, um das Opfer, beziehungsweise den Freiwilligen, hineinzulassen. »Mach’s dir bequem«, rief sie mir zu. »Ich erklär dir gleich alles.«
Ich nahm auf einem der Bürostühle Platz und ließ meinen Blick über die Computermonitore schweifen. Auf einer Benutzeroberfläche mit vielen kleinen Fenstern waren Diagramme und Einstellungen abgebildet, andere waren schwarz und warteten offensichtlich auf Dateninput.
Durch die Glasscheibe konnte ich jetzt Isabelle sehen, die eine Studentin zum MRT führte, ein zierliches schwarzhaariges Mädchen, das höchstens zwanzig sein konnte. Sie trug einen einfachen grünen Kittel und offensichtlich keine Hosen. Isabelle bedeutete ihr, sich auf eine weiße Liege zu legen, brachte einige Klebe-Elektroden an und spannte dann ihren Kopf in ein weißes Gebilde ein, von dem ich wusste, dass es für die genaue Detektierung der Veränderungen im Gehirn verantwortlich war. Anschließend instruierte Isabelle das Mädchen und schob die Liege in die monströse Röhre. Dann kam sie zu mir in den Computerraum.
Sie drückte auf einen kleinen Knopf, der die Gegensprechanlage mit dem schallisolierten Raum aktivierte. »Ich starte jetzt die Aufnahme. Bleib ganz ruhig liegen.«
Isabelle klickte auf einigen Schaltflächen der Bediensoftware herum, und im Nebenraum begann das MRT deutlich hörbar durch die isolierten Glasscheiben zu brummen und dröhnen.
»Ich mache jetzt erst mal eine Messung im unerregten Zustand«, erklärte mir Isabelle.
Ich nickte. »Als Referenz.«
»Richtig.