Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max WeberЧитать онлайн книгу.
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Max Weber
Gesammelte Beiträge von Max Weber
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2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1053-4
Inhaltsverzeichnis
Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur
Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter
Die ländliche Arbeitsverfassung
Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter
Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht
Agrarverhältnisse im Altertum1
I. Einleitung. Zur ökonomischen Theorie der antiken Staatenwelt.
II. Die Agrargeschichte der Hauptgebiete der alten Kultur.
7. Grundlagen der Entwicklung in der Kaiserzeit.
I. Einleitung. Zur ökonomischen Theorie der antiken Staatenwelt.
Den Siedelungen des europäischen Okzidents ist im Gegensatz zu denjenigen der ostasiatischen Kulturvölker gemeinsam, daß – wenn man eine kurze und daher nicht ganz genaue Formel anwenden will –, bei jenen der Uebergang zur endgültigen Seßhaftigkeit ein Uebergang von einem starken Vorwalten der Vieh-, spezieller noch: der Milchviehzucht, gegenüber dem Bodenanbau zum Ueberwiegen der Bedeutung des Bodenanbaues über die mit ihm kombinierte Viehhaltung, – bei diesen dagegen von extensiver und deshalb nomadisierender Ackernutzung zum gartenmäßigen Ackerbau ohne Milchviehhaltung ist. Der Gegensatz ist ein relativer und gilt vielleicht für prähistorische Zeiten nicht. Aber so wie er geschichtlich bestanden hat, ist seine Tragweite groß genug. Er hat die Konsequenz, daß die Bodenappropriation bei den europäischen Völkern stets mit der Ausscheidung und ausschließlichen Zuweisung von Weiderevieren auf dem von einer Gemeinschaft okkupierten Gebiet an kleinere Gemeinschaften verknüpft ist, bei den Asiaten dagegen dieser Ausgangspunkt und damit die darauf beruhenden Erscheinungen primitiver »Flurgemeinschaft«, z.B. der okzidentale Begriff von Mark und Allmende, fehlen oder doch einen anderen ökonomischen Sinn haben. Die Flurgemeinschaftselemente in den ostasiatischen Dorfverfassungen zeigen daher, soweit sie nicht überhaupt modernen Ursprungs, z.B. aus der Steuerverfassung hervorgegangen sind, ein von den europäischen stark abweichendes Gepräge. Und auch der »Individualismus« des Herdenbesitzes mit seinen Folgen fehlt den ostasiatischen Völkern. Bei den Okzidentalen dagegen (hauptsächlich, aber nicht nur, in Europa) können wir auf gewisse Ausgangspunkte der Entwicklung fast überall zurückgreifen. Normalerweise ist hier – so viel wir urteilen können – der endgültig seßhafte Ackerbau mit der Verengung des Nahrungsspielraums entstanden durch zunehmende Verschiebung des Schwerpunkts der Ernährung vom Ertrage der Milchviehhaltung auf den Ertrag der Felder. Dies gilt nicht nur für das nordwesteuropäische, sondern im wesentlichen auch für das südeuropäische und vorderasiatische Gebiet. Aber allerdings wird in Vorderasien (Mesopotamien) und ebenso bei dem einzigen großen afrikanischen Kulturvolk, den Aegyptern, jener Entwicklungsgang schon in vorhistorischer Zeit sehr stark alteriert durch die einschneidende Bedeutung der Stromufer- und Bewässerungskultur, welche wenigstens denkbarerweise sich direkt aus ursprünglichem, vor der Zähmung der Haustiere liegendem, reinem Bodenanbau zu ihrem späteren gartenmäßigen Charakter entwickelt haben könnte, jedenfalls aber auch in historischer Zeit der ganzen Wirtschaft ein sehr spezifisches Gepräge gab.
Dagegen zeigen die hellenischen und – trotz der in den alten Quellen gerade dort stark hervortretenden Bedeutung des Viehes als Arbeits- (nicht Milch-)Viehes – auch das römische Gemeinwesen in ihrer agrarischen Unterlage wesentlich mehr Verwandtschaft mit unsern mittelalterlichen Zuständen. Die entscheidenden Unterschiede gegenüber den letzteren haben sich im Altertum herausgebildet auf derjenigen Entwicklungsstufe, auf welcher, bei vollzogener fester Siedelung, die Masse der Bevölkerung durch die Notwendigkeit intensiverer Arbeit an den Boden gefesselt und für militärische Zwecke ökonomisch nicht mehr disponibel war, so daß im Wege der Arbeitsteilung eine Berufskriegerschaft sich herausdifferenzierte und nun die wehrlose Masse für ihre Sustentation auszubeuten suchte. Die Entwicklung der militärischen Technik zu einer nur berufsmäßig zu betreibenden, weil ständige Ausbildung und Uebung voraussetzenden Kunst ging damit teils als Begleiterscheinung, teils als die wirkende Ursache parallel. Im europäischen frühen Mittelalter führte ein solcher Prozeß bekanntlich zur Entstehung des »Feudalismus«. In der Form, wie dies dort und damals geschah, hat das Altertum ihn nur in Ansätzen gekannt: die Kombination von Vasallität und Benefizium und die Ausgestaltung des romanisch-germanischen Lehnrechts hat in historischer Zeit im Altertum keine volle Analogie. Allein es erscheint nicht nötig und nicht richtig, den Begriff des »Feudalismus« auf diese spezielle Ausprägung zu beschränken. Sowohl die ostasiatischen wie die altamerikanischen Kulturvölker kannten Einrichtungen, die wir ihrer Funktion nach als ganz zweifellos »feudalen« Charakters betrachten, und es ist nicht einzusehen, warum nicht alle jene sozialen Institutionen, welchen die Herausdifferenzierung einer für den Krieg oder den Königsdienst lebenden Herrenschicht und ihre Sustentation durch privilegierten Landbesitz,