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Die Abenteuer des Huckleberry Finn. Mark TwainЧитать онлайн книгу.

Die Abenteuer des Huckleberry Finn - Mark Twain


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      Mark Twain

      Die Abenteuer des Huckleberry Finn

      Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Ekkehard Schöller

      Reclam

      2020 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

      Covergestaltung: Anja Grimm Gestaltung

      Coverabbildung: © Gutentag-Hamburg

      Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

      Made in Germany 2020

      RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

      ISBN 978-3-15-961291-1

      ISBN der Buchausgabe 978-3-15-02606-5

       www.reclam.de

      Warnung

      Wer versucht, in dieser Erzählung ein Motiv zu finden, wird gerichtlich belangt; wer versucht, eine Moral darin zu finden, wird des Landes verwiesen; wer versucht, eine Handlung darin zu finden, wird erschossen.

      AUF BEFEHL DES AUTORS

      DURCH G. G., Stabschef der Artillerie

      Erklärung

      In diesem Buch werden eine Reihe von Dialekten benutzt, nämlich: der Missouri-Negerdialekt, die extremste Form des hinterwäldlerischen Südwestdialekts, der gewöhnliche »Pike-County«-Dialekt und vier gemäßigte Varianten des Letzteren. Diese Schattierungen sind nicht willkürlich oder auf gut Glück vorgenommen worden, sondern sorgfältig und mit dem zuverlässigen Rat und der Unterstützung, die der Autor aus der persönlichen Vertrautheit mit diesen verschiedenen Sprachformen gewonnen hat.

      Ich gebe diese Erklärung deshalb ab, weil sonst manche Leser meinen könnten, dass alle Figuren gleich zu sprechen versuchen und es ihnen nicht gelingt.

      DER AUTOR

      Ich verweise auf meine »Kurze Anleitung zum Lesen dieser Übersetzung«.

      DER ÜBERSETZER

      Kapitel 1

      Ich lerne Moses und die Schilfer kennen

      Ihr wisst nichts von mir, außer ihr habt das Buch mit dem Namen Tom Sawyers Abenteuer gelesen, aber das macht nichts. Das Buch hat Mark Twain geschrieben, und er hat die Wahrheit erzählt – fast. Es gibt Dinge, die er nicht so genau genommen hat, aber fast immer hat er die Wahrheit gesagt. Da ist nichts dabei. Ich hab noch keinen gesehn, der nicht ab und zu gelogen hat, außer Tante Polly oder die Witwe oder vielleicht Mary. Über Tante Polly – Toms Tante Polly ist das – und Mary und die Witwe Douglas steht alles in dem Buch, das fast immer wahr ist; mit ein paar Schwindeleien, wie ich schon gesagt habe.

      Und so hört das Buch auf: Tom und ich fanden das Geld, das die Räuber in der Höhle versteckt hatten, und wir wurden reiche Leute. Wir kriegten sechstausend Dollar pro Kopf – alles in Gold. Es war ne irre Menge Geld, wie’s so auf einem Haufen lag. Ja, und der Richter Thatcher, der hat’s genommen und für uns angelegt, und das brachte uns das ganze Jahr über 1 Dollar pro Kopf und Tag ein – mehr als ein Mensch weiß, was er mit anfangen soll. Und die Witwe Douglas, die hielt mich wie ihren Sohn und war der Meinung, sie tsiwilisiert mich; aber es war hart, die ganze Zeit im Haus zu bleiben, wo sie in allem so fürchterlich pingelig und ordentlich war; und als ich’s nicht mehr aushielt, bin ich abgehauen. Ich bin wieder in meine alten Lumpen und mein großes Zuckerfass reingekrochen und war frei und zufrieden. Aber Tom Sawyer, der hat mich aufgespürt und gesagt, er will ne Räuberbande gründen, und ich könnt mitmachen, wenn ich wieder zur Witwe zurückgeh und mich anständig benehme. Also bin ich wieder hin.

      Die Witwe, die hat über mich geheult und nannte mich ein armes verlornes Schaf und warf mir auch ne Menge Schimpfwörter an den Kopf, aber sie hat’s nie bös gemeint. Sie steckte mich wieder in die neuen Klamotten da, und ich bin aus dem Schwitzen nicht mehr rausgekommen und fühlte mich total eingezwängt. Also, dann fing die alte Geschichte wieder an. Die Witwe läutete zum Abendessen, und man musste pünktlich erscheinen. Wenn man an den Tisch kam, konnte man nicht gleich losessen, sondern musste warten, bis die Witwe ihren Kopf ins Essen steckte und irgendwas grummelte, obwohl eigentlich nichts Besondres dran war – nichts, außer dass alles einzeln für sich gekocht war. Ein Kübel mit Küchenresten ist da was andres; alles vermischt sich, und der Saft schwappt nur so rum, und es rutscht besser.

      Nach dem Abendessen hat sie ihr Buch geholt und lernte mich was über Moses und die Schilfer; und ich war scharf drauf, alles über ihn zu erfahren; aber schon bald ließ sie’s raus, dass Moses schon ewig lang tot war; von da an ließ er mich kalt, weil, für Tote interessier ich mich nicht.

      Nicht lange, da wollt ich rauchen und hab die Witwe gebeten, mich zu lassen. Aber sie wollte nicht. Sie sagte, das war ne üble Angewohnheit und war nicht sauber, und ich müsst versuchen, es nicht wieder zu tun. So sind eben einige Leute. Machen was mies, wenn sie gar nichts davon verstehn. Da hat sie sich über Moses aufgeregt, welcher nicht mal verwandt war mit ihr und keinem was nutzte, weil er ja tot war, und an mir hatte sie riesig was auszusetzen, weil ich was tat, was irgendwo auch sein Gutes hat. Dabei nahm sie selber Schnupftabak; natürlich war das in Ordnung, weil sie selber es tat.

      Ihre Schwester, Miss Watson, ne ziemlich dürre alte Jungfer mit ner dicken Brille, war grade bei ihr eingezogen und rückte mir jetzt mit einer Lesefibel auf die Pelle. Sie nahm mich gut ne Stunde ziemlich hart ran, und dann ließ sie’s auf Geheiß von der Witwe lockrer angehn. Viel länger hätt ich’s nicht ausgehalten. Dann war’s ne Stunde todlangweilig, und ich wurde nervös. Miss Watson sagte dann immer: »Leg deine Füße nicht da drauf, Huckleberry«, und: »Zapple nicht so – setz dich grade«, oder: »Sperr den Mund nicht so auf und streck dich nicht so, Huckleberry – versuch doch, dich zu benehmen, ja?« Dann hat sie mir die Hölle in allen Farben ausgemalt, und ich sagte, ich wollt, ich wär dort. Da wurd sie wütend, aber ich wollt sie gar nicht ärgern. Ich wollt bloß weg, irgendwohin; ich wollt bloß ne Abwechslung, ich war gar nicht wählerisch. Sie sagte, es wär böse, so was zu sagen; sie würd das um alles in der Welt nicht sagen; sie wollte so leben, dass sie in den Himmel käme. Bloß, ich fand, das lohnte sich nicht, dahin zu kommen, wo sie hinwollte, und so hab ich beschlossen, es gar nicht zu probieren. Aber gesagt hab ich das nie, weil’s nur Ärger gegeben und zu nichts geführt hätte.

      Jetzt hatte sie mal angefangen und machte weiter und erzählte mir alles übern Himmel. Sie meinte, alles, was dort einer tun muss, wär, den ganzen Tag mit der Harfe rumlaufen und singen, für immer und ewig. Darum hab ich mir nicht viel draus gemacht. Aber gesagt hab ich das nie. Ich fragte sie dann, ob sie glaubte, dass Tom Sawyer hinkommt, und sie meinte, nie und nimmer. Ich war froh drüber, weil ich wollte, dass er und ich zusammenbleiben.

      Miss Watson, die hat weiter auf mir rumgehackt, und es wurde langweilig und öde. Nicht lange, da holten sie die Nigger rein und hielten Andacht, und dann haben sich alle ins Bett verzogen. Ich bin mit nem Kerzenstummel rauf in mein Zimmer und stellte ihn auf den Tisch. Dann hockte ich mich auf einen Stuhl am Fenster und hab versucht, an was Fröhliches zu denken, aber es war zwecklos. Ich hab mich so einsam gefühlt, dass ich mir fast wünschte, ich wär tot. Die Sterne schienen, und die Blätter im Wald raschelten so unheimlich traurig; und weit weg hörte ich ne Eule schu-huhen wegen jemand, der tot war, und ein Schreiender Ziegenmelker und ein Hund klagten über jemand, der gerade im Sterben lag; und der Wind hat versucht, mir was zuzuraunen, und ich konnte nicht verstehn, was es war, und so sind mir kalte Schauer übern Rücken gelaufen. Dann hörte ich draußen im Wald so nen Laut, wie ihn ein Geist macht, wenn er was loswerden will, was ihn bedrückt, und es versteht ihn keiner, und darum kann er nicht ruhig in seinem Grab liegen und muss jede Nacht immer so kummervoll rumirren. Ich wurde so mutlos und bekam Angst, dass ich mir wünschte, jemand wär bei mir. Auf einmal ist mir ne Spinne über die Schulter gekrabbelt, und ich hab sie weggschnippt, und sie ist in


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