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Der letzte Admiral 3: Dreigestirn. Dirk van den BoomЧитать онлайн книгу.

Der letzte Admiral 3: Dreigestirn - Dirk van den Boom


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      3

      Es wurde dunkel dort, wo sie hingeführt wurden, etwas kühler und ein klein wenig schäbig. Nicht schäbig wie in einem Crawlerschiff, aber schäbig wie in: »Hier wische ich nur einmal im Monat durch und auch das nicht richtig.« Das schien den Mann in der schicken Uniform nicht zu beeindrucken und er hastete mit einer Geschwindigkeit vor ihnen her, die nur zwei Schlüsse zuließ: Er floh vor etwas oder er musste schnell etwas erreichen, im Zweifel auch beides.

      Sein Verhältnis zu der Automatik, die diese Station steuerte, war aber offenbar ein zwiespältiges. Er lebte, aber er sah sich misstrauisch um. Ryk konnte damit noch nicht allzu viel anfangen.

      Eine Treppe ging es hinab, dann durch zwei Türen, von denen sich eine mit einem leisen Quietschen öffnete, was Ryks Eindruck der Schäbigkeit nur bestätigte.

      Dann standen sie in einem Raum, der eine ganz seltsame Mischung aus Krankenstation und leicht vernachlässigtem Wohnzimmer darstellte, eine andere Assoziation fiel Ryk beim besten Willen nicht ein. Ein großes, tankähnliches Gebilde stand an einer Wand, bedeckt mit allerlei Kontrollen und Zuleitungen. Über ihre Bedeutung gaben Form und Aussehen keine Auskunft, zumindest nicht für jemanden wie Ryk, dessen technisches Verständnis immer noch stark zu wünschen übrig ließ. Dann standen da aber auch zwei Sofas, ein Tisch, eine Art Kochecke, die durch einen Nahrungsautomaten dominiert wurde, und eine flache Kommode, in deren halb geöffneten Schubladen Kleidung zu erkennen war.

      Der Admiral – falls er der war, der er zu sein schien, oder auch nur irgendein Mensch – wirkte erleichtert, als sie den Ort erreicht hatten. Er wies auf die Sofas. »Es ist nicht viel, aber es ist bequem. Bitte setzen Sie sich. Ich habe es sehr eilig, denn meine Zeit läuft ab. Es hat diesmal alles länger gedauert als gedacht. Der Tank wird alt und ich habe keine Ersatzteile.«

      Er zeigte auf das Ungetüm an der anderen Wand. Der Tank, dachte Ryk. Das sagte ihm erst mal nichts, aber zum Glück gab es unter ihnen jene, die eher etwas mit dem Wort anfangen konnten.

      »Was ist das? Wurden Sie dort tiefgefroren?«, fragte Uruhard.

      Der Admiral schüttelte den Kopf. Er hatte jetzt selbst Platz genommen, wirkte aber immer noch angespannt, als würde er auf eine böse Überraschung warten. Diese Haltung übertrug sich auf Ryk, der sich immer noch unruhig fühlte. »Nein. Eine naheliegende Vermutung, das gebe ich zu. Die Geschichte, die Sie hierhergeführt hat, ist bestimmt spannend, wenngleich nicht vollständig. Aber wir können das später diskutieren.«

      »Was …?«, fing Sia an.

      Rothbard hob eine Hand. »Nein, wirklich später. Meine Zeit ist abgelaufen. Es war knapp und ich habe keine Gelegenheit, jetzt sofort alles zu erklären. Erst muss etwas passieren. Nicht schockiert sein, bleiben Sie alle ganz ruhig und hören Sie mir gut zu: Ich werde mich jetzt töten.«

      »Was …?«, fing Ryk an.

      Rothbard seufzte und er war definitiv ungeduldig, denn er sprach nun sehr schnell und etwas gehetzt. »Keine Fragen. Es ist nicht so, wie Sie denken. Ich muss sterben. Ein Roboter wird meine biologischen Reste entsorgen. Machen Sie sich keine Gedanken. Sieht bestimmt etwas erschreckend aus, ich weiß es nicht, ich habe mir nie dabei zugeschaut. Keine Sorge. Etwa drei Stunden später werde ich aus diesem Tank steigen und Ihnen alles erklären. Das heißt – ich werde es nicht sein. Jemand, der wie ich aussieht. Es macht aber keinen Unterschied, ich habe die Erinnerungen dieser Begegnung im Feed.« Er tippte sich an die Stirn. Ein Tattoo mit einem Edelstein hatte er nicht, was Ryk als beruhigend empfand.

      »Aber was …?«, fing Uruhard an.

      Aus ihren Fragen wurde nichts mehr.

      »Nein, nein. Hören Sie! Bleiben Sie hier. Verlassen Sie diesen Raum auf keinen Fall! Er liegt unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Stationsautomatik, das ist so eingestellt. Wenn Sie ihn verlassen und rumlaufen, finden die Roboter Sie, und das wäre keine gute Idee. Lassen Sie sich nicht täuschen. Warten Sie bitte, bitte, bitte, bis ich wieder aus dem Tank klettere. Oder eben nicht ich. Mein Nachfolger. Bitte. Ich bitte Sie eindringlich. Drei Stunden. Der Nahrungsautomat funktioniert. Die Tür da? Die Toiletten. Bitte.«

      Er schaute an die Wand. Dort hing eine Uhr.

      »Ich muss jetzt gehen. Spaß macht mir das nicht.«

      Dann hob er eine Hand, in der er plötzlich einen Injektor hielt. Er setzte ihn übergangslos an seinen Hals, es war ein feines Zischen zu hören, dann sackte die Gestalt plötzlich in sich zusammen und fiel krachend zu Boden. Der Körper zuckte ein- oder zweimal, die Augen starr an die Decke gerichtet, der Injektor kullerte davon. Dann war der Körper ruhig.

      Alle waren ganz sprachlos. Der Mann hatte beileibe nicht gescherzt.

      Sia kniete sich zögernd neben den Regungslosen und berührte die Halsschlagader.

      »Tot«, sagte sie mit belegter Stimme. »Mausetot.«

      Ein schabendes Geräusch ertönte. Aus der Unterseite des Tanks kam eine flache Maschine gekrochen, die dafür breit wie ein Bett war, und bewegte sich zielstrebig auf die Leiche zu.

      Sia machte einen Schritt zurück. Sie wollte definitiv nicht aus Versehen mit entsorgt werden.

      Der Roboter positionierte sich neben der Leiche und hob sie dann hoch. Der schlaffe Leib wurde abgelegt und dann bewegte sich die Maschine wieder zu ihrem Ursprungsort und eine Klappe schloss sich hinter ihr.

      Ryk hatte definitiv kein schmatzendes Geräusch gehört, so etwas war nur seiner überreizten Fantasie entsprungen.

      Dann aber erwachte der Tank. Kontrollen leuchteten auf. Sia runzelte die Stirn, ging hinüber zu der Anlage und betrachtete die Anzeigen mit mehr als nur reiner Neugierde. Sie schien ein Verständnis für das zu haben, was sich hier abspielte, und die Faszination ging über ihre natürliche Affinität zu technischen Errungenschaften der Vergangenheit hinaus. Dann, nach einigen Minuten, in denen der Tank vernehmlich vor sich hin gesummt hatte, nickte sie, mehr zu sich selbst. »Ah ja«, murmelte die Sängerin. »So, so.«

      »Können wir in den Genuss deiner Erkenntnis kommen?«, fragte Ryk. Er respektierte Sias überragendes Verständnis, noch mehr aber schätzte er, wenn man die Unwissenden sogleich über Ergebnisse in Kenntnis setzte.

      »Ich bin mir nicht sicher.«

      »Das sind wir uns ja nie«, erwiderte Uruhard. »Was vermutest du?«

      »Der Tank und die Anzeigen erinnern mich an Teile meiner Ausbildung, vor allem aber an eine mittlerweile funktionslose Apparatur im Labor von Onkel Dassio. Ich durfte sie mir vor meiner ersten Operation ansehen und erinnere mich, dafür nicht das geringste Verständnis aufgebracht zu haben.«

      »Worum handelte es sich?«

      »Ach, ganz banal«, sagte Sia mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Ein Gerät, mit dem man, basierend auf der DNA eines Patienten, abgetrennte Gliedmaßen neu heranwachsen ließ, um sie nachher operativ mit dem Körper zu verbinden. Hand ab, neue Hand, Hand wieder da. Wir haben eine etwas kleinere Fassung in der Krankenstation der Aurelius, glaube ich. Sehr praktisch. Funktioniert mit allen Gliedmaßen und Organen, nur am Kopf scheiterte die Technik.« Sie hielt inne. »Nein, der Kopf geht auch. Das Gehirn und das zentrale Nervensystem waren das Problem, wenn ich mich recht entsinne. Das hier aber«, sie zeigte auf den Tank, »ist ohne Zweifel eine Nummer größer.«

      »Nun, groß ist er«, kommentierte Ryk. »Darin werden also Organe gezüchtet, für Unfallopfer?«

      »Ich glaube, es wird weitaus mehr gezüchtet als nur Organe. Ich tippe mal auf vollständige Körper.«

      Ryk schaute sie etwas ungläubig an, aber Sia war bar jeder Ironie und schaute den Tank beinahe mit der gleichen Zärtlichkeit an, mit der sie ihn manchmal betrachtete. Die Hybride hatte sich selbst einmal scherzhaft als technosexuell bezeichnet und so langsam bekam Ryk einen Eindruck davon, was genau sie damit eigentlich meinte.

      »Da werden Körper herangezüchtet?«, fragte Uruhard. »Um sie nachher auszuschlachten, wie in einem Schlachthof?«


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