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Mythor 165: Verbotene Träume - Hans Kneifel


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      Nr. 165

      Verbotene Träume

      von Hans Kneifel

      Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

      Als Mythor in der durch ALLUMEDDON veränderten Welt zu sich kommt, ist er sich seines Auftrags nicht bewusst, denn man hat ihn seiner Erinnerungen beraubt. Erst bei der Begegnung in der Drachengruft wird Mythor dieses klar, und schließlich sorgt das Duell mit Mythors anderem Ich dafür, dass unser Held in seiner Ganzheit wieder ersteht.

      Damit beginnt Mythor in bekannter Manier zu handeln. Inseln des Lichts gründen und die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen, ist sein erklärtes Ziel. Deswegen sucht unser Held auch die Verständigung mit den Clans des Drachenlands, in das er und Ilfa nach vielen Abenteuern gelangten. Mythors kluges Vorgehen führt schließlich zu einer gemeinsamen Front aller Clans gegen die Invasion der Streitkräfte Xatans und zu einem Sieg. Mythor selbst kann jedoch nicht im Drachenland bleiben. Er macht sich auf die Suche nach Coerl O'Marn, dem alten Freund und Mitkämpfer.

      Mythor gelangt dabei in das geheimnisvolle Land Trazunt, das einer anderen, schrecklicheren Welt anzugehören scheint. Er erlebt dabei den Tanz der sieben Monde – und er wird mit einbezogen in VERBOTENE TRÄUME ...

      Die Hauptpersonen des Romans

      Mythor – Er wird zu einem Gefangenen der Albträume.

      Mikel – Ein alter Pfader.

      Toskor und Esthan – Diener des Traumbewahrers.

      Thoker – Ein Dämon verliert seinen Wirtskörper.

      Betala und Ronda – Zwei Amazonen von Vanga.

      1.

      Vergiss alles!

      Nein! Vergiss es nicht. Keine Einzelheit darfst du wirklich vergessen! Aber dränge sie zurück, jene Abenteuer, in die Gedanken der Vergangenheit. Irgendwann wirst du jede noch so bedeutungslos scheinende Einzelheit wieder brauchen, weil sich dann alle Farben und Linien zu einem gewaltigen, nie geschauten Bild zusammenfügen werden.

      Dränge die Erinnerungen also zurück!

      Den Kampf gegen die Shrouks in der gigantischen Blase, die von Yhr geschaffen worden war. Den furchterregenden Anblick des dreigehörnten Shrouks Kytto.

      Auch das Schicksal des Albtraumritters, des Freundes – denke nicht in diesen Stunden und seltsamen Tagen darüber nach. Es ist unmöglich, Coerl zu vergessen. Aber verliere nicht deine Wachsamkeit und das Misstrauen, das dich in dieser Welt der wirbelnden Monde überleben lässt.

      Dränge das Bild des MOLOCHS zurück in den Nebel, der viele deiner Erinnerungen umgibt. Vergiss auch Burg Cruncalor und die seltsame Meeresfahrt mit der Lysca.

      Überall lauern Gefahren im Mondlicht.

      Noch drei Monde lang, haben sie dir gesagt. Glaube ihnen. Sie wissen es besser.

      Auf deiner Brust schaukelt das Dreieck des Traumamuletts. Es wird nicht mehr als ein Erkennungszeichen sein, aber es kann dich nicht schützen. Weder vor den Elturks, den Kriegern mit den knackenden Greifzangen und Mundwerkzeugen, die allesamt wie Krebsscheren oder die Klauen von Albtraumwesen aussehen und tödliche Wunden reißen, noch vor anderem.

      Für die nächsten Tage versuche auch, all das zurückzudrängen, was dich an Xatan und sein magisches Reittier, die Schlange Yhr, erinnert. Auch der Traumhändler Thoker, einer deiner Gegner – er wird sich am Ende deines Weges deinen Waffen stellen. Vergiss indessen, dass dein Verstand, dein Wissen und die Erinnerungen an das, was du »mein früheres Leben« nennst, sich noch lange nicht zu einem Ganzen zusammengefügt haben. Ilfa und die fast wirklichen Träume von Fronja – und das Kind, das ihr gehabt haben könntet. Was aber ist Traum, was Wirklichkeit?

      Lasse dich nicht ablenken.

      Erhebe deine Augen nicht zum Himmel, an dem die Monde ihre geistesverwirrenden Tänze und Figurationen ausführen, leuchtend in unterschiedlichem Licht.

      Blicke zu Boden, in den Staub, zwischen die Zweige der wuchernden Mondsträucher und der kriechenden Ranken von bleicher Farbe. Von dorther drohen die Gefahren!

      Und du, Mythor, bist mitten zwischen diesen Gefahren! Denke jeden Lidschlag, jeden Herzschlag nur daran, an nichts anderes!

      *

      Mythor, zurückgelehnt und hineingeduckt zwischen die lederartigen Teile der kastenförmigen Sattelsänfte, versuchte, seiner inneren Stimme zu gehorchen.

      »Richtig«, murmelte er. »Wir sind erst am Beginn der Reise.«

      Es war eine der seltsamsten Karawanen, die er je erlebt hatte. Er erinnerte sich nicht daran, jemals auf Tieren geritten zu sein, die wie jene Wisons aussahen.

      Grün schillernde Panzer, die an den Gliedmaßen gegeneinander scheuerten und über die das wechselnde Licht der Monde spielte, trugen die eckigen Kästen aus Holz, Metall und Leder, in denen die Treiber und die Gäste saßen. Das wenige Gepäck war in flachen Taschen untergebracht oder an den Verstrebungen festgezurrt. Die Tiere, kaum größer als Pferde, waren stark und schnell, und obwohl sie mehr wie riesige Käfer aussahen, bahnten sie sich mit der Gewandtheit jener Reittiere ihren Weg durch den staubigen Sand, der am Fuß des Tafelbergs lag. Längst war Transur hinter der Karawane verschwunden.

      Wachsam glitt Mythors Blick über die Landschaft, die sie im eigenartig ruhigen Trab der Wisons passierten.

      Blutmond war vorbei, aber die Karawane kreuzte ständig die breiten Spuren der entfesselten Elturks, die aus den Höhlen und Gängen aufgetaucht waren. Bisher hatte keiner der Treiber und auch nicht Mikel oder Mythor eines dieser Raubwesen gesehen.

      Allerdings waren die zehn Tiere, deren große, als Waffe zu gebrauchende Zangengeweihe sich im Takt der Schritte bewegten, ausgesucht kräftige, gutgenährte und schnelle Wisons. Ursprünglich hatte Castovian die Gruppe für Hascarid zusammengestellt. Hascarid aber war tot. Der Unterschlupf Thokers war das erklärte Ziel Mythors und Mikels – aber wann würden die Fremden den Ort erreichen?

      Der erste »Tag« war erst Stunden alt.

      Die rauen Worte, mit denen sich die Treiber Scherze und Warnungen zuriefen, verstand Mythor nur zum Teil. Das Idiom Trazunts war ihm fremd und würde es auch weitestgehend bleiben. Er besaß nicht mehr Kenntnisse als Finger an beiden Händen. Aber die Gefahren würde er auch erkennen, ohne die Feinheiten der Sprache je erfasst zu haben. So blieb Mikel mehr oder weniger sein einziger Gesprächspartner, sah er von Versuchen in der Zeichensprache ab.

      Mythor wartete förmlich auf einen Zwischenfall, auf eine Gefahr, die er ringsum vermutete und geradezu spürte. Quer über seinen Oberschenkeln lag das gezogene Schwert. Er wusste, dass er vielleicht lächerlich aussah in seiner Vermummung. Er trug einen weiten, aus Leder gefertigten Helm mit Nackenschutz und einer Art Visier, das aus Teilen von Wison-Panzern bestand. Handschuhe, eine knielange Jacke aus maggothischem Hartleder, seltsame Knieschützer und einen runden Schild, der noch mehr von seinem Äußeren verbarg.

      Blinkmond stand einige Handbreit über dem Horizont zur Rechten der dahintrabenden Karawane. Der glühende Himmelskörper überschüttete das Land mit pulsierendem Licht. Der Mond war auf die Hälfte seiner größten Ausdehnung angeschwollen. Sein Blinken wirkte aufreizend und einschläfernd gleichermaßen, denn die Abstände zwischen den größten Helligkeiten waren unregelmäßig. Das Leuchten aller anderen Körper wurde von Blinkmond überstrahlt.

      Das Tier, in dessen knarrendem Aufbau der alte Pfader saß, wurde schneller und setzte sich an die linke Seite von Mythor.

      »Hast du eine Ahnung, wie lange wir reisen müssen?«, rief Mythor, froh darüber, einige Worte wechseln zu können.

      Der Mond Riesin hob sich hinter einer breiten Staubfahne schräg hinter den letzten Tieren hoch. Ihr Licht war gelb, mindestens zwei deutlich zu unterscheidende Schatten lagen auf dem kargen Gras, das von den breiten Gehwerkzeugen der Wisons


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