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Nichts gegen Engländer. Ralf SotscheckЧитать онлайн книгу.

Nichts gegen Engländer - Ralf Sotscheck


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      Ralf Sotscheck

      Nichts gegen Engländer

      Psychogramm eines merkwürdigen Volkes

      Mit einem Nachwort von

      Wiglaf Droste

      Mit Illustrationen von

      © TOM

      FUEGO

      - Über dieses Buch -

      Über den Engländer sind viele Klischees im Umlauf, und sie sind alle wahr: Er hängt an Traditionen; er ist so höflich, dass er sich sogar entschuldigt, wenn man ihm auf den Fuß tritt; er ist sportbesessen, was sich jedoch mehr oder weniger aufs Zuschauen beschränkt; er hält seine Insel für den Mittelpunkt der Welt und fühlt sich anderen Nationen überlegen; er hasst es, Emotionen zu zeigen; er hält Sex für eine ausländische Erfindung, kauft aber massenhaft die Sun mit ihrem nackten Seite-3-Mädel; er findet die englische Küche mit ihren absurden, den Gaumen schädigenden Gerichten vorzüglich.

      Jeremy Paxman schrieb in seinem Buch "The English", dass die Engländer stets Wärmflaschen an Stelle eines Sexuallebens hatten: "Wie sie sich vermehrten, war eins der Mysterien der westlichen Welt." Statt dessen taten sie ohne zu murren ihre Pflicht. "Meine Güte, ich habe mein Bein verloren", sagte der Graf von Uxbridge, nachdem ihn in der Schlacht von Waterloo eine Kanonenkugel getroffen hatte. "Meine Güte, das hast du tatsächlich", antwortete der Herzog von Wellington.

      Als in Dublin lebender England-Korrespondent der taz weiß niemand besser Bescheid über die tiefe Wahrheit der Vorurteile, die über die Engländer im Umlauf sind.

      »Das unterhaltsamste Buch, das seit langem über die Nachbarn auf der Insel geschrieben wurde. Stand-up-Comedy in Buchform.« (Der Spiegel)

      Ein eigentümliches Volk

      Der Engländer an sich

      Eine Vorbemerkung

      Über den Engländer sind viele Klischees im Umlauf, und sie sind alle wahr: Er hängt an Traditionen; er ist so höflich, dass er sich sogar entschuldigt, wenn man ihm auf den Fuß tritt; er ist sportbesessen, was sich jedoch mehr oder weniger aufs Zuschauen beschränkt; er hält seine Insel für den Mittelpunkt der Welt und fühlt sich anderen Nationen überlegen; er hasst es, Emotionen zu zeigen; er hält Sex für eine ausländische Erfindung, kauft aber massenhaft die Sun mit ihrem nackten Seite-3-Mädel; er findet die englische Küche mit ihren absurden, den Gaumen schädigenden Gerichten vorzüglich.

      Bleiben wir gleich beim kulinarischen Schre­cken. In der neolithischen englischen Küche galt gebratener Igel als Spezialität. Das Buch »Prehistoric Cooking« von Jacqui Wood enthält ein Rezept: »Man schneide dem Igel die Kehle durch, senge die Stacheln ab und nehme ihn aus. Dann binde man ihn zusammen wie eine Junghenne und wickle ihn in ein Tuch, bis er sehr trocken ist. Dann röste man ihn. Falls sich der Igel zusammenrollt, lege man ihn in heißes Wasser. Dann macht er sich von selbst gerade.«

      In 6000 Jahren hat sich die englische Küche nicht viel weiter entwickelt. Zwar rösten sie die Igel nicht mehr, aber heutzutage gibt es Kartoffelchips, das englische Nationalgericht, mit Igelgeschmack. Nur in England bekommt man in einem indi­schen Restaurant Pommes Frites mit Currysauce. Und nur ein Engländer würde so etwas essen.

      Schon Asterix ist daran gescheitert, die traditionellen Ess- und Trinkgewohnheiten der Insulaner zu verstehen. Als er mit Obelix bei den Briten war, verzweifelten die beiden Gallier daran, dass die Gastgeber um Punkt 17 Uhr mitten in der Schlacht alles stehen und liegen ließen, um sich ein Tässchen Tee zu genehmigen – beziehungsweise eine Tasse heißes Wasser mit einem Tropfen Milch, denn Tee hatten sie damals noch nicht. Den lernten sie erst im Zeitalter des Kolonialismus kennen und lieben. Allerdings behielten sie den unsäglichen Brauch bei und ruinieren ihn mit einem Tropfen Milch.

      Die Tradition des Fünf-Uhr-Tees, der wichtiger ist als jede Schlacht, hat ebenfalls überdauert. Im November 1944 wurde ein deutscher Jude, der in die USA geflohen und dort in die Armee eingetreten war, in den Niederlanden abgesetzt. Dort traf er auf eine englische Panzereinheit. In jedem Panzer brannte ein Licht. Als er näher kam, bemerkte er, dass es sich um Stövchen handelte, auf denen die Soldaten ihren Tee kochten. Ob er närrisch sei, fragte er den englischen Kommandanten: »Die Deutschen sehen euch doch.« Der Engländer antwortete: »Es ist fünf Uhr. Wir trinken um diese Zeit Tee, und ich gebe einen Dreck auf die Deutschen.«

      Mit dieser Einstellung haben sie auch die Normannen zur Strecke gebracht. Deren Invasion war zwar zunächst recht erfolgreich, doch die Engländer ignorierten sie und ihre Bräuche. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Normannen langsam aber sicher zu Engländern. Norman ist längst ein beliebter englischer Vorname. Ohnehin glaubt der Engländer, dass alle Ausländer so sein wollen wie er. Wenn er Ausländer überhaupt wahrnimmt. Der venezianische Botschafter Andrea Travisana schrieb 1497: »Sie glauben nicht, dass es andere Menschen als sie selbst oder eine andere Welt als England gibt. Wenn sie einen attraktiven Ausländer sehen, sagen sie, dass er wie ein Engländer aussehe, oder sie bedauern, dass er kein Engländer sei.«

      Das hat allerdings nichts mit Xenophobie zu tun. Antony Miall und David Milsted schreiben in ihrem Buch »The Xenophobe’s Guide To The English«, dass es sich um Xenopilie handle – Mitleid mit Ausländern, weil sie das Unglück haben, nicht englisch zu sein. Der Imperialist Cecil Rhodes sagte einmal: »Als Engländer geboren zu werden, ist der erste Preis in der Lotterie des Lebens.« Zwar gehört Großbritannien zur Europäischen Union, aber Engländer und ihre Medien halten das für ein nationales Unglück. Was aus Brüssel kommt, kann nicht gut sein. Ihr Pfund Sterling, ihre Meile, den Pint und die Unze haben sie bis heute verteidigt, weil sie die Maßeinheiten mit nationaler Identität verwechseln. Wenn ein Engländer auf das europäische Festland fährt, sagt er: »Ich fahre nach Europa.« Unvergessen auch die Schlagzeile einer Boulevardzeitung: »Nebel im Ärmelkanal – der Kontinent ist abgeschnitten.«

      Was den Engländer an den Südeuropäern abstößt, ist deren Hang zu Emotionen. Ein Engländer hingegen behält in allen Lebenslagen eine steife Oberlippe, denn ihr Zittern könnte Erregung oder gar Gefühle verraten. Und die sind tabu. Englische Badezimmer sind ein ungemütlicher Ort, denn zu viel Komfort könnte zu unüberlegten Handlungen verführen. In Dublin stand ein Junkie vor Gericht, weil er den Tod seiner Freundin, die an einer Heroinüberdosis gestorben war, erst nach zwei Tagen gemeldet hatte. Er habe nicht bemerkt, dass sie gestorben war, rechtfertigte er sich. Aber er hatte doch Sex mit der Toten, entgegnete der Richter. Da müsse ihm doch ihr Ableben aufgefallen sein. »Sie war nie sehr lebendig im Bett«, erklärte der Junkie. »Sie war Engländerin.« Der Richter hatte Verständnis und sprach ihn frei.

      Jeremy Paxman schrieb in seinem Buch »The English«, dass die Engländer stets Wärmflaschen an Stelle eines Sexuallebens hatten: »Wie sie sich ver­mehrten, war eins der Mysterien der westlichen Welt.« Statt dessen taten sie ohne zu murren ihre Pflicht. »Meine Güte, ich habe mein Bein verloren«, sagte der Graf von Uxbridge, nachdem ihn in der Schlacht von Waterloo eine Kanonenkugel getroffen hatte. »Meine Güte, das hast du tatsächlich«, antwortete der Herzog von Wellington.

      Weil er Körperkontakt hasst, hat der Engländer eine bestimmte Umgangsform verinnerlicht: das Schlange stehen. »Wenn ein Engländer alleine an einer Bushaltestelle wartet, bildet er eine ordentliche Schlange von einer Person«, beobachtete der Ungar George Mikes, der über 50 Jahre in England gelebt hatte, bis er 1987 in Alter von 75 Jahren starb. »Am Wochenende stellt sich der Engländer an der Bushaltestelle an, fährt nach Rich­mond und stellt sich an der Dampferanlegestelle an. Dann stellt er sich für eine Tasse Tee an, danach stellt er sich für eine Tüte Eiscreme an, dann stellt er sich aus Spaß bei anderen Schlan­gen an, bis er sich wieder an der Bushaltestelle anstellt, um nach Hause zu fahren. Er hat einen höchst vergnüglichen Tag verbracht. Manch englische Familie verbringt nette Abende zu Hause, indem sie sich ein paar Stunden lang anstellt. Die Eltern sind jedes Mal traurig, wenn die Kinder eine Schlange bilden, um ins Bett zu gehen.«

      Selbst wenn es um die Ersparnisse eines ganzen Lebens geht, steht man geduldig Schlange. Als der Hypothekenbank Northern Rock im Herbst 2007 der Bankrott drohte, versuchten die verschreckten Sparer, ihr Geld zu retten. »Wenn das eine Panik war, dann war sie zutiefst britisch«, stellte der Daily Telegraph zufrieden fest. »Ordentliche Schlangen, Klappstühle, vernünftiges Schuhwerk. Es war nicht wie in den letzten Tagen


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