42 garstige Gerwalt-Geschichten. GerwaltЧитать онлайн книгу.
Gerwalt
42 garstige Gerwalt-Geschichten
42 garstige Gerwalt-Geschichten
von
Gerwalt
MARTERPFAHL VERLAG
© 2013 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,
Postfach 8 / Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren
Einbandgestaltung: Sibil Joho – unter Verwendung
eines Fotos des Verfassers
Herstellung: Readbox, Dortmund
ISBN 978-3-944145-02-0
Inhalt
Der Sammler
Keine Beratung, kein Verkauf
Carrara bianco
Kurz
Aufhören zu trinken
Alle Zeit der Welt
Auszeit
Hartmanns Vorlieben
Alice
Fürs Leben
Einfach herumsitzen
Aylin
Bilder
Im Keller
Berserkerwut
Sechs sieben
Rum
Sonnentanz
Wohngemeinschaft
Sonja und Rolf
Venus
Der Preis
Gedanken kurz davor
Homesitter
Safarilook
Zentralheizung
Läufer
Sommer mit Bus
Der Gestiefelte Kater läuft Amok
Missverständnisse
Dankbarkeit
Blackmailing Catherine
Marie
Herbstwasser
Mittagspause
Nachtzug
Dein_Geschenk
Hasta la vista
Knoten
Infiziert
Quetzalcoatl
Text und Inhalt
Der Sammler
Ich bin Nina. Ich putze.
Es war mir natürlich nicht in die Wiege gelegt, dass ich mal Putzfrau werden würde, eigentlich hätte alles ganz anders kommen sollen. Ich hab an der FH für Gestaltung studiert, doch der Kerl, mit dem ich zusammen war, hat gerade ein Fitnesscenter eröffnet.
Und als dann das Geld nicht mehr reichte, habe ich das Studium halt unterbrochen, um zu arbeiten.
Und wo dann das Fitnesscenter und die Beziehung gleich dazu den Bach runter waren, musste ich weiterarbeiten, um meinen Anteil an seinen Schulden abzutragen.
Dumm gelaufen.
Na ja, irgendwann vielleicht …
Ich putze also.
Jetzt gerade ist es schwer, was anderes zu kriegen, und Putzen ist nicht so übel, wie man meinen könnte.
Hier in der Gegend, in Baden-Baden, gibt es einige interessante Haushalte, in denen ich schon geputzt habe.
Wie zum Beispiel bei Ralf.
Ralf hat eine Wohnung in einem dieser großen, alten Kästen in der Innenstadt, einem von denen, die so ein wirklich pompöses Treppenhaus haben mit rotem Teppich auf den Stufen, mit schmiedeeisernen Geländern, mit Mosaikfliesen an den Wänden und Kübelpflanzen auf großen Marmorfensterbänken.
Ralfs Wohnung ist zudem noch riesig, mit sehr hohen Fenstern und Stuckdecken, und sie ist unglaublich altmodisch eingerichtet, überall alte Möbel, alte Bilder, alte Büsten.
Grottiger Plunder halt. Aber auf eine Art schon beeindruckend, irgendwie.
Ralf selber ist ganz nett, natürlich schon ziemlich alt, so zwischen vierzig und fünfzig.
Nein, »ganz nett« trifft es nicht so richtig.
Er hat definitiv eine Macke, das merkt man ganz schnell, wenn man mit ihm zu tun hat.
Aber man kann sich gut mit ihm unterhalten.
Nur sieht er oft an einem vorbei, wenn er spricht.
Manchmal schaut er mich aber auch direkt an, das ist dann ganz komisch.
Doch er macht das immer nur ganz kurz, dann sieht er gleich wieder weg.
Ja, also, ich putze auch für Ralf.
Und er bezahlt gut. Er ist ziemlich unordentlich und immer ganz froh, wenn ich für ihn aufräume.
Ralf arbeitet nicht. Er schreibt.
Anscheinend hat er das ganze Haus geerbt, und so, wie ich verstanden hab, lebt er wohl von den Mieteinnahmen.
Es scheint ihm aber ganz gut damit zu gehen.
Kannst mal sehen!
Und er ist ein geiler Sack.
Irgendwie ein geiler alter Sack.
Nicht dass er aufdringlich wär, dafür ist er natürlich viel zu kultiviert.
Aber er sieht mir gerne beim Putzen zu.
Es gefällt ihm, mir zuzusehen, definitiv.
Wie ich staubsauge und den Boden schrubbe oder Staub wische.
Er sitzt dann an seinem PC und folgt mir mit den Augen. Vielleicht stellt er sich vor, ich sei sein williges Zimmermädchen in Strapsen und Schürzchen und so, und die putzt ihm hinterher noch sein … keine Ahnung.
Mich stört das aber auch nicht groß. Solange er bezahlt und seine Finger bei sich lässt, ist mir sein Kopfkino alles in allem ziemlich egal.
Im Gegenteil, ich reize ihn gern ein bisschen, bücke mich mal hier, zeig ihm Ausschnitt da.
Ralf ist harmlos.
Er hat noch nie Annäherungsversuche gemacht.
Ralf sammelt Damenschuhe.
Ich habe beim Aufräumen einen ganzen Schrank voller Damenschuhe bei ihm gefunden – also getragene, keine neuen.
Es ist ihm ziemlich peinlich gewesen, als er mich vor dem offenen Schrank gesehen hat, aber dann hat er zugegeben, dass er auf Frauenschuhe steht.
Was hätte er auch sonst tun sollen, als das zugeben, mein ich?
Na ja, ich hab mir gedacht, ich tue mal was für seinen Blutdruck, und das nächste Mal hab ich meine schönen Sandalen angezogen, die mit den Glitzersteinen oben auf dem Spann.
Und ich habe mir extra die Zehennägel lackiert – in Dunkelrot.
Ralf hat meine Füße fast aufgefressen – mit den Augen, mein ich.
Ich kauf dir die Sandalen ab, hat er gesagt, und es hat ihn ziemlich gedrückt – in der Hose natürlich.
»300 Euro«, hat er gesagt und: »Zieh sie gleich aus!«
Ich hab da nichts dagegen gehabt, schließlich