Rassismus - ein Selbstwertproblem. Anton WeißЧитать онлайн книгу.
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Anton Weiß
Rassismus - ein Selbstwertproblem
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Inhaltsverzeichnis
Rassismus - ein Selbstwertproblem
Die Frau aus der Sicht des Mannes
Was es mit dem Selbstwert auf sich hat
Den Wert in sich selber finden
Rassismus - ein Selbstwertproblem
Rassismus in den USA
Der aktuelle Fall George Floyd, ein Afroamerikaner, der am 25. Mai 2020 durch einen weißen Polizeibeamten zu Tode gekommen ist, hat den Rassismus in Amerika wieder der ganzen Welt ins Bewusstsein gebracht. Ganz richtig bemerkt Carolin Emcke in der Süddeutschen Zeitung vom 5.6.20, dass die rassistische Gewalt gegen Schwarze „nicht die Ausnahme, sondern die Regel“ ist. Da ich kurz zuvor von Bryan Stevenson „Ohne Gnade: Polizeigewalt und Justizwillkür in den USA“ gelesen hatte, erstaunte mich das Verhalten dieses Polizisten nicht. Es offenbart die Einstellung vieler Amerikaner zu den Afroasiaten. Dass das Vorkommnis in Minnesota spielt, also in einem Nord- und nicht in einem Südstaat, bestärkt einen in der Auffassung, dass diese ablehnende Haltung der weißen Amerikaner gegenüber der schwarzen Bevölkerung als tief im Unbewussten vieler Amerikaner verwurzelte Haltung existiert, die wohl aus der früheren Sklavenhaltungszeit resultiert.
Der Mensch braucht Anerkennung
Die wahren Ursachen liegen aber viel tiefer und zeigen ein allgemein menschliches Problem: Der Mensch – wohl jeder Mensch – braucht die Bestätigung seines Wertes. Wodurch wird er in seinem Wert bestätigt? Vorwiegend durch die Anerkennung dessen, was er kann, also von Lob, das er für eine erbrachte Leistung von anderen erhält. Die Anerkennung für seine Leistung erhöht seinen Selbstwert, er fühlt sich dadurch besser, eben auch besser als andere, was ganz wesentlich für das Selbstwertgefühl ist.
Durch Lob und Anerkennung wird ihm vermittelt, mehr zu sein als ein anderer. Indem ich besser bin als andere, bin ich mehr, mehr wert, überhaupt etwas wert. Ich erlebe mein Wertsein durch die Wertschätzung der anderen, die mich über die anderen erhebt.
Und diese Wertschätzung muss ich mir in der Regel verdienen. Deshalb versuche ich auf verschiedenste Weisen etwas besser zu können als andere, wichtiger zu sein als andere, z. B. durch meinen Beruf als Arzt oder Künstler, mehr zu wissen, eine höhere Bildung zu haben oder wodurch auch immer ich glaube, dass ich in besonderer Weise die Anerkennung durch die anderen verdiene. Und diese Anerkennung brauche ich, denn dadurch erfahre ich meinen Wert.
Bin ich schlechter als andere, bin ich weniger wert, bin ich ein Versager. Versagen bedeutet, nicht das geleistet zu haben, was andere von mir erwarten, ja was ich selbst von mir erwarte. Von Kindheit an übernehme ich die Erwartungen der anderen an mich - zunächst der Eltern - und versuche, diesen Erwartungen gerecht zu werden, aus dem einzigen Grund, anerkannt, gelobt und damit wertgeschätzt zu werden.
Es scheint, dass kein Mensch ohne die Anerkennung durch die anderen existieren kann. An kleinen Kindern kann man das wunderbar sehen, wenn sie unentwegt mit etwas, das sie zu Wege gebracht haben, sei es etwas Gemaltes oder eine Turnübung, zu Mama oder Papa laufen, um es ihnen zu zeigen und dafür Lob und Anerkennung zu erhalten. „Schau Mama/Papa, was ich gemacht habe, was ich kann“.
Das Lob vermittelt einem, dass man wertvoll ist. Das heißt aber, mein Wert hängt davon ab, was ich kann, was ich leiste. Damit hängt unser Wert-Sein von anderen und ihrem Urteil über mich ab. Ich bin nichts wert, wenn ich in den Augen anderer nichts kann und nichts leiste. Daher bedeutet es für ein Kind ein vernichtendes Urteil, wenn ihm gesagt wird, dass nicht gut ist, was es gemacht hat, sei es eine Zeichnung, ein Stück auf der Blockflöte, das es eingeübt hat, ein Gedicht, das es aufsagen sollte oder eine Turnübung, wodurch es gehofft hat, die begehrte Anerkennung zu erhalten.
Unser ganzes Leben ist geprägt von Urteilen, die, wie der Name schon sagt, teilen, einteilen in richtig und falsch, gut und schlecht. Das geht schon bei Säuglingen an, wo Mütter irritiert sind, wenn ihr Kind nicht in einem bestimmten Alter stehen, sprechen oder krabbeln kann. Nur, wenn sich das Kind altersgerecht entwickelt, ist es richtig, andernfalls besteht Sorge, weil eben mit dem Kind etwas nicht richtig sein kann. In der Schule wird ständig unsere Intelligenz beurteilt und in Notenstufen eingeteilt. Wir sehen heute, welch fatale Folgen diese Beurteilung oft hat und so versuchen wir, sie so schonend wie möglich zu vollziehen, z. B. durch Worturteile.
Die ganze Psychologie versucht darauf hinzuwirken, dass dem Menschen, besonders als Kind, ein Gefühl von seinem Wert vermittelt wird. Daher steht gerade in der heutigen Erziehung Lob und Anerkennung im Vordergrund. Herabsetzung, sei es durch einen Tadel oder eine schlechte Note, gilt es, wenn irgend möglich, zu vermeiden. Damit aber wird das Ich in besonderem Maße gestärkt und das Kind eigentlich nicht auf das Leben vorbereitet, in dem es immer Herabsetzung und Tadel gibt, weil es eben immer Menschen gibt, die den anderen herabsetzen, um sich selbst zu erhöhen. Anstatt den jungen Menschen gerüstet zu machen, mit Tadel und Herabsetzung umzugehen, wird er demgegenüber hilflos gehalten. Was Wunder, dass er dann später bei geringster Verletzung ausrastet, weil er nie gelernt hat, damit umzugehen.
Wir kommen dem Beurteiltwerden nicht aus, spätestens dann nicht, wenn im Berufsleben mehrere Bewerber um die gleiche Stelle konkurrieren. Dann wird einfach die Beurteilung durch Schule und Universität zum Kriterium für die Einstellung gemacht. Auch das bedeutet für den einen Lob und Anerkennung, für den anderen aber Versagen. Darin liegt eben die Dualität des Lebens.
Auf der anderen Seite spornt es ein Kind an, Dinge besser zu machen, um im Urteil der Erwachsenen bestehen zu können. Und das zieht sich durch das weitere Leben. Auch als Erwachsener will man beweisen, dass man etwas kann, was im Grunde immer einschließt, dass man es besser kann als die meisten anderen und dadurch herausragt und den anderen überlegen ist. Darin liegt das Konkurrenzdenken begründet, dass man die Dinge besser macht als andere, sei es im Sport, im Wirtschaftsleben oder aber auch in der Beziehung der Geschlechter. Genau dieses Denken vergiftet ja die Beziehung zwischen Mann und Frau, dass gerade der Mann immer alles besser wissen und können will als die Frau. Ich denke, dass wohl die meisten Frauen diese Erfahrung kennen, z. B. wenn sie Auto fahren und ein Mann neben ihnen als Beifahrer sitzt. Jedenfalls in meinem Bekanntenkreis kennen die meisten Frauen die Erfahrung, dass sie in ihrem Fahrverhalten vom Mann kritisiert und herabgewürdigt werden, sei es, weil sie nicht im richtigen Moment hochschalten (natürlich aus der Sicht des Mannes), zu früh bremsen oder scharf an der Ampel halten, wenn diese gerade erst auf Gelb geschaltet hat.
Hinter jeder Kritik, die ich am anderen übe, verbirgt