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Ein tiefes Geheimniss. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Ein tiefes Geheimniss - Уилки Коллинз


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und Neudekorieren der ganzen Reihe von Zimmern auf der nördlichen Seite des Hauses verwendet haben würde, die seit länger als fünfzig Jahren sich selbst und dem Verfall anheimgegeben gewesen und die noch bis auf den heutigen Tag sich in diesem alten vernachlässigten Zustand befinden. Um de Sache kurz zu machen, nachdem der alte Frankland in Porthgenna mehr Tausende von Pfunden nutzlos ausgegeben, als ich Lust habe zusammenzurechnen, gab er seine Pläne endlich auf, überließ den Ort ärgerlich der Obhut seines Kastellans, welchem er ausdrücklich befahl, nie wieder einen Heller hineinzuwenden, und kehrte in unsere Gegend zurück. Da er sehr ärgerlich war und, als er hierher zurückkam, Kapitän Treverton zufällig am Lande antraf, so war das Erste, was er tat, das, daß er in Gegenwart des Kapitäns ein wenig zu heftig auf Porthgenna und alle Leute dort schimpfte. Dies führte zu einer kühlen Stimmung zwischen den beiden Nachbarn, die vielleicht zum Abbruch alles Verkehrs geführt haben würde, wenn nicht die Kinder auf beiden Seiten gewesen wären, die einander noch ebenso oft sprachen als vorher und zuletzt durch hartnäckige Ausdauer der Entfremdung zwischen ihren Vätern ein Ende machten indem sie dieselbe einfach in ein lächerliches Licht stellten. Dies ist meiner Meinung nach der merkwürdigste Teil der Geschichte. Wichtige Familieninteressen hingen davon ab, daß diese beiden jungen Leute sich ineinander verliebten und wunderbarerweise war dies – wie du durch mein Geständnis am Frühstückstische bereits erfahren – auch gerade das, was sie taten. Wir haben hier einen Fall von höchst romantischer Liebesheirat, die auch zugleich von allen andern gerade die Heirat ist, welche die Eltern auf beiden Seiten das größte materielle Interesse hatten zu fördern. Shakespeare kann sagen, was er will – die Bahn treuer Liebe ist zuweilen doch glatt. Niemals ward die Trauformel in besserer Anwendung gesprochen als da ich sie diesen Morgen las. Da Leonard der Erbe von Porthgenna ist, so kehrt die Tochter des Kapitäns nun als Herrin in die Besitzung zurück, welche ihr Vater verkauft hatte. Da Rosamunde das einzige Kind ihres Vaters ist, so ist die Kaufsumme für Porthgenna, welche der alte Frankland früher als weggeworfenes Geld betrachtete, nun, wenn der Kapitän stirbt, die Aussteuer der Gattin des jungen Frankland. Ich weiß nicht, was du von dem Anfang und der Mitte meiner Geschichte denkst, Phippen, das Ende aber muß dich jedenfalls zufriedenstellen. Hörtest du wohl jemals von einer Braut und einem Bräutigam, welche ihre Ehe mit schöneren Aussichten fürs Leben begannen, als unsere Braut und unser Bräutigam von heute?«

      Ehe Mr. Phippen hierauf etwas antworten konnte, steckte Miß Sturch den Kopf aus dem Schlafzimmerfenster heraus, und als sie die beiden Herren sich nähern sah, ließ sie ihnen ihr unabänderliches Lächeln entgegenstrahlen; dann sagte sie, den Vikar anredend, in ihrem sanftesten Tone:

      »Es tut mir außerordentlich leid, Sie zu belästigen, Herr Doktor, aber Robert kommt diesen Morgen mit seinem Einmaleins auch gar nicht von der Stelle.«

      »Wie weit ist er denn jetzt?« fragte Doktor Chennery.

      »Bis sieben mal acht, Sir,« entgegnete Miß Sturch.

      »Bob!« schrie der Vikar durch das Fenster. »Sieben mal acht?«

      »Ist dreiundvierzig,« antwortete die weinerliche Stimme des unsichtbaren Bob.

      »Noch einmal sollst du antworten dürfen, ehe ich meinen Stock hole,« sagte Doktor Chennery. »Also, aufgepaßt – sieben mal –«

      »Mein lieber, guter Freund,« mischte Phippen sich ein, »wenn du diesen unglücklichen Knaben schlägst, so wird er schreien. Meine Nerven sind heute Morgen schon einmal durch den Feldstuhl angegriffen worden – wenn ich nun auch noch Schreien höre, so ist es vollends aus mit mir. Laß mir Zeit, mich erst zu entfernen, und gestatte mir auch der lieben Miß Sturch das traurige Schauspiel einer Züchtigung, welches für ein so empfindsames Herz wie das ihrige furchrbar sein muß, dadurch zu ersparen, daß ich sie um ein wenig Kampfertinktur bitte und ihr dadurch einen Vorwand verschaffe, sich gleich mir auf die Seite zu begeben. Ich glaube, ich hätte unter andern Umständen mich auch ohne Kampfertinktur behelfen können, jetzt aber bitte ich ohne Zögern darum, sowohl um Miß Sturchs willen, als auch meiner eigenen armen Nerven willen. Haben Sie Kampfertinktur, Miß Sturch? Sagen Sie ja; ich bitte Sie flehentlich darum, und geben Sie mir dadurch Gelegenheit, Sie aus dem Bereich des Geschreies hinauszueskortieren.«

      Während Miß Sturch – deren wohlgeschultes Herz für die reichlichste väterliche Tracht Prügel und das lauteste kindliche Anerkenntnis derselben durch Gekreisch unverwundbar war – lächelnd und gefaßt wie immer die Treppe hinaufeilte, um die Kampfertinktur zu holen, schlich sich Master Bob, als er sich mit seinen Schwestern in dem Schulzimmer allein sah, an die jüngste derselben, brachte aus seiner Hosentasche drei ein wenig unsauber gewordene Bonbons und bat, indem er Miß Amely bei der schwachen oder naschhaften Seite ihres Charakters angriff, ihr listigerweise diese Bonbons, wenn sie ihm dagegen eine vertrauliche Belehrung in Bezug auf sieben mal acht angedeihen lassen wollte.

      »Willst du diese Bonbons?« flüsterte Bob.

      »Ei ja!« antwortete Amely.

      »Sieben mal acht?« fragte Bob.

      »Ist sechsundfünfzig,« antwortete Amely.

      »Ist das auch wahr?« fragte Bob vorsichtig.

      »Ja wohl,« beteuerte Amely.

      Die Bonbons wechselten den Besitzer und die Katastrophe des häuslichen Dramas wechselte damit zugleich.

      Gerade als Miß Sturch mit der Kampfertinktur in der Eigenschaft einer medizinischen Hebe für Mr. Phippen erschien, zeigte sich ihr ungelehriger Schüler seinem Vater am Schulzimmerfenster in der Eigenschaft eines gebesserten Sohnes, nämlich arithmetisch gesprochen. Der Stock blieb für diesen Tag in Ruhe und Mr. Phippen trank sein Glas Kampfertinktur mit einem Gemüt, welches in Bezug auf Miß Sturchs empfindsames Herz und Master Bobs Geschrei nun vollkommen wieder beruhigt war.

      »Sehr angenehm in jeder Beziehung,« sagte der Märtyrer der Unverdaulichkeit, indem er die letzten Tropfen ausschlürfend, wohlgefällig mit den Lippen schmatzte.

      »Meine Nerven bleiben verschont, Miß Sturchs empfindsames Herz bleibt verschont und der Rücken des armen Knaben bleibt ebenfalls verschont. Du kannst dir nicht denken, wie leicht es mir ums Herz ist, Chennery. Wo waren wir denn in der allerliebsten Geschichte stehen geblieben, als diese kleine häusliche Unterbrechung eintrat?«

      »Wir waren damit zu Ende,« sagte der Vikar. »Die Braut und der Bräutigam sind nun schon mehrere Meilen unterwegs, um die Flitterwochen in dem Seebad St. Swithin zuzubringen. Kapitän Treverton wird ebenfalls nur noch einen Tag dableiben. Vergangenen Montag erhielt er Ordre unter Segel zu gehen und morgen reist er nach Portsmouth, um das Kommando seines Schiffes zu übernehmen. Obschon er es nicht mit dürren Worten zugestehen will, so weiß ich doch zufällig, daß Rosamunde ihn überredet hat, diese Reise seine letzte sein zu lassen. Sie beabsichtigt ihn wieder nach Porthgenna zu locken, damit er dort bei ihr und ihrem Gatten lebe – ein Plan, von dem ich hoffe und glaube, daß er in Erfüllung gehen werde. Die westlichen Zimmer des alten Hauses, in deren einem Mistreß Treverton starb, sollen von dem jungen Ehepaar gar nicht in Gebrauch genommen werden. Man hat einen Baumeister – diesmal einen verständigen praktischen Mann – beauftragt, die vernachlässigten Nordzimmer zu besichtigen, um sie zu dekorieren. Dieser Teil des Hauses steht mit den traurigen Erinnerungen in Kapitän Trevertons Gemüt in keinem Zusammenhang, denn weder er noch sonst jemand hat ihn während der Zeit seines Verweilens in Porthgenna jemals betreten. In Erwägung der Veränderung, welche diese Reparatur der nördlichen Zimmer im Ansehen des Hauses hervorbringen wird und wenn man dabei noch die mildernde Einwirkung der Zeit auf alle schmerzlichen Erinnerungen in Anschlag bringt, möchte ich sagen, es ließe sich mit Grund erwarten, daß Kapitän Treverton den Rest seiner Tage unter seinen alten Gutsuntertanen verleben werde. Es wäre ein großes Glück für Leonard Frankland, wenn er dies täte, denn ganz gewiß würde er den Leuten von Porthgenna eine freundliche Gesinnung gegen ihren neuen Herrn beibringen. Wenn Leonard unter Kapitän Trevertons Fittichen bei seinen cornischen Untertanen eingeführt wird, so kann er sicher sein, gut mit ihnen auszukommen, vorausgesetzt, daß er sich enthält, den Familienstolz, den er von seinem Vater geerbt, allzuviel zu zeigen. Er ist ein wenig geneigt, die Vorzüge der Geburt und die Wichtigkeit des Ranges zu überschätzen. Dies ist aber wirklich der einzige bemerkbare Mangel in seinem Charakter. In allen anderen Beziehungen kann ich redlich von ihm sagen, daß er verdient, was er bekommen hat – die


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