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144. Der Krone versprochen. Barbara CartlandЧитать онлайн книгу.

144. Der Krone versprochen - Barbara Cartland


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      ERSTES KAPITEL, 1876

      Giona ging in dem Salon, wo ihre Schwester fleißig beim Nähen war, unruhig auf und ab.

      »Mama hat sich verspätet!« sagte sie schließlich. »Hoffentlich war die Königin nicht verstimmt.«

      »Verstimmt?« fragte Chloris überrascht und blickte von ihrer Arbeit auf. »Warum sollte sie verstimmt sein?«

      »Bei der Königin weiß man nie«, orakelte Giona. »Mama hat immer Angst vor ihr - das hatte sie übrigens schon immer.«

      »Ich dachte, Ihre Majestät hätte Mama sehr gern«, sagte Chloris verunsichert. »Sie ist doch schließlich ihr Patenkind.«

      Aber Giona hatte eine ihrer merkwürdigen Vorahnungen, über die die Familie zwar oft lächelte, die sich jedoch in vielen Fällen bewahrheiteten; und diesmal war sie sich ziemlich sicher, daß der Besuch ihrer Mutter auf Windsor Castle nicht das angenehme Gesellschaftsereignis war, das er eigentlich sein sollte.

      Königin Viktoria war eine schwierige Person und flößte den meisten Leuten in ihrer Umgebung Furcht ein. Es wurde erzählt, daß sogar ihr eigener Sohn, der Prinz von Wales, vor ihr zitterte, und ebenso erging es sicher den meisten der weniger bedeutenden Verwandten. Und obwohl die Königin sehr zuvorkommend zu Prinzessin Louise gewesen war, als diese mit ihrem Ehemann nach England fliehen mußte, und obwohl sie ihnen ein Grace-and-Favour-Haus zur Verfügung gestellt hatte, lebte die Familie nichtsdestoweniger in ständiger Furcht vor ihrer Wohltäterin.

      Als sich Giona auf der Bank am Fenster niederließ, um die Wärme der Sonnenstrahlen, die durch den offenen Erker strömten, auszukosten, versuchte sie sich einzureden, daß ihre Ängste unbegründet waren. Aber dennoch! Tief in ihrem Inneren wußte sie instinktiv, daß irgendetwas nicht stimmte.

      Giona war von lieblichem Äußeren; ihre Gesichtszüge hatten die Vollkommenheit einer griechischen Göttin, während ihre dunkel schimmernden Augen angefüllt schienen mit all den Geheimnissen, die jenes unglückliche und häufig geteilte Land umgaben. Die Schönheit ihrer älteren Schwester Chloris hingegen war sehr anders. Chloris sah Englisch, sogar sehr Englisch aus und glich mit ihrem blonden Haar, den blauen Augen und den vollendeten rosigen Zügen ihrer Mutter.

      Giona spottete oft, daß ihre Schwester völlig zu Unrecht einen griechischen Namen trage und daß man sie vielmehr Rose, Elisabeth oder Edith hätte taufen sollen.

      »Papa suchte unsere Namen aus«, pflegte die in ihrem Stolz getroffene Chloris dann belehrend zu sagen, »und da er ein Patriot war, wollte er uns natürlich griechische Namen geben.«

      »Papas Mutter war Engländerin«, lachte Giona für gewöhnlich, »und deswegen sind wir eigentlich nur ein Viertel griechisch, wie sehr wir auch damit prahlen mögen.«

      Chloris blieb darauf immer die Antwort schuldig, denn sie haßte es zu streiten, und außerdem zog sie in einem Wortgefecht mit ihrer schlagfertigen Schwester sowieso immer den kürzeren.

      Giona war die intelligentere der beiden Schwestern. Prinzessin Louise haderte oft mit ihrem Schicksal, denn im Exil konnte sie sich die Hauslehrer nicht leisten, die nötig gewesen wären, um den Wissensdurst ihrer jüngeren Tochter zu stillen.

      »Warum bin ich nicht als Junge geboren worden, Mama?« hatte Giona einmal gefragt. »Dann hätte ich auf eine der berühmten Privatschulen wie Eton gehen können, und vielleicht sogar nach Oxford.«

      Anstatt zu lachen, hatte Prinzessin Louise sehr ernsthaft geantwortet: »Ich wünschte, ich hätte deinem Vater einen Sohn schenken können. Gleichzeitig jedoch, mein Liebes, war er sehr stolz auf seine beiden schönen Töchter und sagte immer, du würdest seiner Urgroßmutter ähneln, die zu ihren Lebzeiten als die schönste Frau Griechenlands galt, als die Verkörperung von Aphrodite.«

      »Es muß herrlich sein, von so vielen Leuten bewundert zu werden«, hatte Giona sehnsüchtig geseufzt.

      Da sie so zurückgezogen leben mußten und so wenig Geld hatten, daß sie jeden Penny zweimal umdrehen mußten, konnten sie keine Feste veranstalten und wurden auch selten zu welchen eingeladen, ganz einfach deshalb, weil nur wenige Leute überhaupt von ihrer Anwesenheit in England wußten.

      So war es ein riesiger Glücksfall gewesen, daß Chloris auf Windsor Castle während eines Balls, zu dem sie und ihre Mutter eingeladen worden waren, einen jungen Mann kennenlernte, der sich unsterblich in sie verliebte. Er war der jüngere Sohn des Duke von Hull, und vom ersten Moment, da er Chloris gewahrte, fand er es unmöglich, sich von ihrem Anblick wieder loszureißen.

      Sie hatten zusammen getanzt, und am nächsten Morgen hatte er ihre kleine, bescheidene Behausung aufgesucht. Chloris hatte bereits mit starrem Blick und mit Fingern, die vor Aufregung ein wenig zitterten, auf ihn gewartet. Den zwei jungen Verliebten erschien die Welt so herrlich und so aufregend, daß sie keinen Moment lang an der Beständigkeit ihres Glücks zweifelten.

      Nur Prinzessin Louise war ängstlich besorgt, ob die Heirat auch erlaubt werden würde.

      Sich in Chloris Angelegenheit an die Königin zu wenden, hatte sie tatsächlich so nervös gemacht, daß sie erkrankte, und Giona hatte gefragt: »Warum kann nicht der Herzog an deiner Stelle die Königin aufsuchen, Mama? Ich sehe nicht ein, warum du dich so aufregst.«

      »Es gehört sich, daß ich als Mitglied der königlichen Familie mich der Königin nähere«, hatte die Prinzessin erklärt und mit einer Spur von Verzweiflung in der Stimme hinzugefügt: »Giona, was machen wir nur, wenn Ihre Majestät es ablehnt, die Einwilligung zu dieser Heirat zu geben? Du weißt, es bricht Chloris das Herz!«

      »Falls die Königin etwas so Grausames und Gemeines tut, dann werden sie ganz einfach zusammen durchbrennen müssen«, hatte Giona leichthin geantwortet.

      Prinzessin Louise hatte sie schockiert angesehen.

      »Natürlich würde Chloris niemals etwas Derartiges tun. Das wäre ein schrecklicher Skandal! Ihre Majestät wäre außer sich!«

      Glücklicherweise erwiesen sich die ganzen Befürchtungen als grundlos. Königin Viktoria hatte gnädig ihre Erlaubnis zu der Heirat von Chloris und John Cressington gegeben, und Chloris war außer sich vor Glück. Sie hätten unmittelbar danach geheiratet, wäre John nicht gerade im Trauerjahr für seine Mutter gewesen. Deswegen kam es auch nicht in Frage, daß sie ihre Verlobung vor Ablauf der üblichen zwölf Monate bekanntgeben konnten.

      »Das bedeutet«, hatte Prinzessin Louise erklärt, »daß du mit der Bekanntgabe bis Anfang April warten mußt. Und ich glaube, die eigentliche Feier könnte dann irgendwann im Sommer stattfinden.«

      »Ich werde im Mai heiraten!« sagte Chloris mit fester Stimme. »Wir können nicht immer zu warten und warten, Mama. Und John brennt darauf, mich all seinen Verwandten vorzustellen, was er jetzt nicht tun kann, weil die Königin uns zu diesem lächerlichen Schweigen verurteilt hat. Wir können niemandem von unserem Glück erzählen, und dabei würden wir dies so gerne tun.«

      Prinzessin Louise gab keine Antwort, denn sie wußte, wie deprimierend die Situation für ihre Tochter war. Gleichzeitig jedoch mußte sie ständig daran denken, wieviel Glück sie doch gehabt hatten, die Zustimmung der Königin zu erhalten, ohne daß viel von dem befürchteten Aufhebens um die Heirat einer königlichen Prinzessin gemacht worden war.

      Der wahre Grund, warum sich Ihre Majestät nicht von ihrer zur Genüge bekannten Meinung über dieses Thema hatte leiten lassen, war der, daß sie ihr Patenkind Prinzessin Louise für absolut unbedeutend hielt. Prinz Alpheus war nur sehr entfernt mit der königlichen Familie Griechenlands verwandt, und da der König seines Landes jetzt ein Däne war, war seine Familie weder politisch noch gesellschaftlich weiter wichtig.

      Tatsächlich war das Begräbnis von Prinz Alpheus, der kurz nach der Ankunft in England gestorben war, von so wenigen europäischen Herrscherhäusern besucht worden, daß sich seine Frau beleidigt fühlen mußte. Sie war über den Tod des geliebten Ehemanns jedoch so unglücklich gewesen, daß sie ihre Gefühle über die Respektlosigkeit, die ihm zuteil geworden war, für sich behalten hatte.

      Sie besprach den Affront nicht einmal mit ihren zwei Töchtern, aber Giona hatte gespürt, was ihre Mutter empfand und hatte ihr deshalb ihre Liebe noch offener gezeigt, in einem Versuch, sie in ihrer Trauer


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