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Der Schnupfen. Stanislaw LemЧитать онлайн книгу.

Der Schnupfen - Stanislaw Lem


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      Stanisław Lem

      Der Schnupfen

      Roman

      Aus dem Polnischen

       von Klaus Staemmler

      Titel der Originalausgabe: »Kalar«

      Copyright © Estate Stanisław Lem

      Copyright © der deutschen Übersetzung: Suhrkamp Verlag Berlin

      Copyright © dieser Ausgabe bei Eder & Bach GmbH, 2015

      Umschlaggestaltung: hilden_design, München

      Satz und Repro: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

      ISBN: 978-3-945386-26-2

      NEAPEL – ROM

      Der letzte Tag zog sich unheimlich in die Länge. Nicht weil ich Lampenfieber hatte oder Angst. Dafür gab es ja auch keinen Grund. Immer fühlte ich mich einsam in der vielsprachigen Menge. Niemand beachtete mich. Meine Beschützer hielten sich unauffällig in der Entfernung, ich kannte sie übrigens gar nicht. Und da ich nicht an einen Fluch glaubte, den ich auf mich ziehen könnte, nur weil ich in Adams’ Pyjama schlief, mich mit seinem Apparat rasierte und auf seinen Spuren an der Bucht entlangging, hätte ich mich erleichtert fühlen müssen, weil ich am nächsten Tag die falsche Haut abstreifen würde. Auch für unterwegs rechnete ich mit keiner unangenehmen Überraschung. Ihm war ja auf der Autostrada kein Haar gekrümmt worden. Und die einzige Nacht in Rom sollte ich unter besonderem Schutz verbringen. Ich redete mir ein, das sei nur der Wunsch, die Aktion zu beenden, weil sie sich als verfehlt erwiesen hatte. Ich redete mir viele vernünftige Dinge ein und verletzte doch ständig die Tageseinteilung.

      Nach dem Baden sollte ich um drei Uhr ins ›Vesuvio‹ zurückkehren, aber ich befand mich schon zwanzig Minuten nach zwei in der Nähe des Hotels, als hätte mich etwas dorthin getrieben. Im Zimmer konnte bestimmt nichts passiert sein, also lief ich die Straße auf und ab. Die Umgebung kannte ich auswendig. An der Ecke ein Friseurbetrieb, dann ein Tabakladen, ein Reisebüro, dort fing der Hotelparkplatz an, der sich in eine Häuserlücke schob. Ging man am Hotel vorbei bergan, kam man zu dem Sattler, bei dem sich Adams den abgerissenen Griff seines Koffers hatte annähen lassen, sowie zu einem kleinen Nonstop-Kino. Fast wäre ich dort am ersten Abend hineingegangen, weil ich die rosa Kugeln auf dem Plakat für Planeten gehalten hatte. Erst unmittelbar vor der Kasse bemerkte ich meinen Fehler. Es war ein riesengroßer Hintern. Jetzt ging ich in der stehenden Hitze bis zur Ecke und kehrte bei dem Straßenhändler um, der gebrannte Mandeln feilbot. Die Kastanien vom vorigen Jahr waren schon aufgebraucht. Nachdem ich mir die Pfeifen angeschaut hatte, betrat ich den Tabaksladen und kaufte ein Päckchen Kool, obwohl ich gewöhnlich keine Mentholzigaretten rauche. Trotz des Straßenlärms klang vom Kinolautsprecher das Stöhnen und Röcheln wie aus einem Schlachthof zu mir herüber. Der Mandelverkäufer schob seinen Karren in den Schatten des überdachten Eingangs zum ›Vesuvio‹. Vielleicht war das einst ein vornehmes Hotel gewesen, doch die Nachbarschaft zeugte von seinem langsamen Verfall. Das Foyer stand fast leer. Der Fahrstuhl war kühler als mein Zimmer. In solcher Glut die Koffer zu packen, bedeutete einen Schweißausbruch, und dann würden die Elektroden nicht mehr halten. Ich verlegte das Packen in das Badezimmer, das in diesem alten Hotel fast so groß war wie das Zimmer selbst. Auch dort war es stickig, aber es gab einen Marmorfußboden. Ich duschte mich in der mit Löwenfüßen verzierten Badewanne, trocknete mich absichtlich nicht ab und begann, die Sachen in den Koffer zu legen, barfuß, um wenigstens ein bisschen Kühle zu genießen. Im Necessaire stieß ich auf ein hartes Bündel. Der Revolver. Ich hatte ihn ganz vergessen. Am liebsten hätte ich ihn unter die Wanne geworfen. Ich legte ihn auf den Boden des größeren Koffers unter die Hemden, wischte mir sorgfältig die Brust und trat vor den Spiegel, um die Elektroden anzulegen. Früher hatte ich an diesen Stellen Male am Körper, doch sie waren verschwunden. Ich ertastete den Herzspitzenstoß zwischen den Rippen für die erste Elektrode. Die zweite, in der Schlüsselbeingrube, wollte nicht halten. Ich trocknete mich noch einmal ab und drückte das Pflaster von beiden Seiten an, damit die Elektrode nicht über dem Schlüsselbein hervortrat. Ich hatte keine Übung, weil ich das früher nicht selbst gemacht hatte. Nun das Hemd, die Hosen, die Hosenträger. Ich trug sie seit der Rückkehr auf die Erde. Das ist bequem. Man greift sich nicht ständig an die Hosen, weil man den Eindruck hat, sie fielen herunter. Im Weltraum hat der Anzug kein Gewicht, und wenn man zurückkommt, entsteht dieser ›Hosenreflex‹, deshalb die Hosenträger.

      Ich war fertig. Den Plan hatte ich vollständig im Kopf. Drei Viertelstunden für das Mittagessen, das Bezahlen der Rechnung und Abholen der Schlüssel, wegen des Hauptverkehrs, eine halbe Stunde zur Autostrada, zehn Minuten Reserve. Ich sah in die Schränke, stellte die Koffer an die Tür, wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser, überprüfte im Spiegel, ob man die Elektroden auch nicht sah, und fuhr hinunter. Das Restaurant war bereits überfüllt. Der schweißtriefende Kellner stellte einen Chianti vor mich hin, ich bat um Pasta mit Basilikum und Kaffee für die Thermosflasche. Ich war schon mit dem Essen fertig und schaute nach der Uhr, als der Lautsprecher murmelte: »Herr Adams, bitte ans Telefon!« Ich sah, wie sich die Härchen auf meinem Handrücken aufrichteten. Gehen oder nicht gehen? An einem Tisch neben dem Fenster erhob sich ein Dickwanst mit pfauenbuntem Hemd und ging zur Kabine. Ein anderer Adams. Es gibt viele Adams. Ich merkte bereits, nichts passierte, aber ich war böse auf mich. Meine Ruhe war oberflächlich. Ich wischte mir das Speiseöl vom Mund, nahm eine bittere grüne Pille, trank den Rest Wein aus und ging zur Rezeption. Das Hotel hielt sich noch etwas zugute auf Plüsch, Samt und Stuck, doch aus den Seitenflügeln roch es nach Küchendunst. Als käme einem Aristokraten der Sauerkohl hoch. Das war der ganze Abschied. Hinter dem Portier, der meine Koffer auf einer Karre rollte, ging ich hinaus in die harte Hitze. Der Mietwagen von Hertz stand mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig. Ein Hornet, schwarz wie ein Leichenauto. Ich erlaubte dem Portier nicht, das Gepäck in den Kofferraum zu legen, weil dort der Sender sein konnte, schickte ihn mit einem Geldschein fort und stieg in den Wagen wie in einen Ofen. Augenblicklich in Schweiß gebadet, griff ich in die Tasche nach den Handschuhen. Nicht nötig, das Steuer war mit Leder überzogen. Der Kofferraum war leer – wo ist der Verstärker? Auf dem Fußboden vor dem Beifahrersitz, bedeckt mit dem Umschlag eines Magazins, von dem mich eine nackte Blondine mit herausgestreckter, speichelglänzender Zunge kalt anblickte. Eigentlich gab ich keinen Ton von mir, aber irgendetwas seufzte leise in mir, als ich mich in den laufenden Verkehr einfädelte. Eine einzige Kolonne von Verkehrsampel zu Verkehrsampel. Ich war zwar ausgeruht und locker, aber auch ein bisschen verdrossen, ein bisschen albern lachlustig, vielleicht weil ich einen großen Teller Makkaroni gegessen hatte, die ich nicht mag. Bis jetzt hatte die bedrohliche Lage nur dazu geführt, dass ich zunahm. Hinter der nächsten Kreuzung schaltete ich das Gebläse an. Kochende Abgase wehten herein. Ich schaltete das Gebläse wieder aus. Die Autos drängten sich auf italienische Weise. Umleitung. In den Spiegeln nur Kühler und Dächer. La potente benzina italiana roch nach Kohlenoxyd. Ich hielt hinter einem Autobus, in seinem stinkenden Auspuff. Kinder in gleichartigen grünen Mützen starrten mich durch die Rückscheibe an. Im Magen spürte ich einen Kloß, im Kopf Glut, am Herzen die Elektrode, die durch das Hemd hindurch bei jeder Lenkraddrehung hinter den Hosenträger hakte. Ich riss ein Päckchen Kleenex auf und legte die Taschentücher auf den Mitteltunnel, denn es kribbelte mir in der Nase wie vor einem Gewitter. Ich nieste einmal und noch einmal und war so mit Niesen beschäftigt, dass ich gar nicht merkte, wie Neapel zurückblieb und im Küstenblau verschwand. Ich rollte bereits über die Strada del Sol. Für die Hauptverkehrszeit war sie relativ frei. Merkwürdig, als hätte ich überhaupt kein Plimasin eingenommen. Es kitzelte in den Augen, die Nase lief, dafür war der Mund trocken. Ein Kaffee täte gut, obwohl ich im Hotel zwei Cappuccini getrunken hatte, aber Kaffeezeit ist erst bei Maddalena. Wegen irgendeines Streiks hatte es am Kiosk wieder keinen ›Herald‹ gegeben. Zwischen dampfenden kleinen Fiats und einem Mercedes schaltete ich das Radio ein. Nachrichten. Ich verstand sie nur ungenau. Demonstranten hatten etwas angezündet. Der Sprecher einer Privatpolizei hatte eine Erklärung abgegeben. Die feministische Untergrundbewegung kündigte eine neue Aktion an. Mit tiefem Alt las die Sprecherin die Deklaration der Terroristinnen, die Verdammung des Papstes, eins nach dem anderen, dann Pressestimmen. Weiblicher Untergrund. Man wundert sich über gar nichts mehr. Man hat uns die Fähigkeit genommen, uns zu wundern. Wogegen kämpfen sie eigentlich,


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