Wie Schneeflocken im Wind. Denise HunterЧитать онлайн книгу.
dann auch noch irgendwie geschafft, den Staubsauger zu ruinieren. Bei jedem neuen Malheur hatte sie mit ihrer Entlassung gerechnet, aber Beau hatte ihr all diese Fehler einfach so durchgehen lassen.
Er hatte noch einmal nach dem W-4-Formular gefragt, doch sie hatte sich irgendwie herausreden können. Viel länger würde er sich aber wahrscheinlich nicht mehr vertrösten lassen. Sie würde eine falsche Sozialversicherungsnummer angeben und hoffen müssen, dass sie längst wieder weg wäre, wenn das Finanzamt ihn darüber informierte, dass die Nummer falsch war.
Eden zündete das Feuer im Kamin an und schaute zu, wie ein dickes Holzscheit Feuer fing. Dann schaltete sie das Radio ein und suchte so lange, bis sie einen Sender mit Weihnachtsliedern gefunden hatte. Der Truthahn lag zum Auftauen im Kühlschrank, die Kartoffeln waren sauber gebürstet und standen auf der Arbeitsplatte, und Miss Trudy hielt ein Nickerchen. Es wurde langsam Zeit, das Haus ein wenig festlich zu schmücken.
Sie holte also den Weihnachtsschmuck vom Dachboden und machte sich an die Arbeit. Als die Sonne unterging, hatte sie das Haus in ein richtiges Weihnachtswunderland verwandelt. Eine blinkende Girlande schmückte jeweils den Kaminsims und das Treppengeländer, und hier und da brannten elektrische Kerzen. Miss Trudy war von ihrem Nickerchen aufgewacht, als sie halb fertig gewesen war, und hatte die restlichen Arbeiten überwacht. Riley hatte anerkennend genickt, als er durchs Wohnzimmer gekommen war, und jetzt konnte sie gar nicht erwarten, dass auch Beau ihr Werk zu sehen bekam.
Als Beau aus dem Wagen stieg, blies ihm ein eiskalter Wind entgegen. Die Scheune war fertig mit Kränzen und Girlanden geschmückt, und der Lastwagen von der Bethel-Farm war da gewesen und hatte noch einmal einhundert Bäume als Ergänzung zu ihrem eigenen Bestand gebracht. Er mochte diese letzten paar ruhigen Tage, in denen alles auf den Ansturm vorbereitet wurde, denn ab übermorgen würde der Wahnsinn losbrechen und Massen von Kunden herbeiströmen. In der Scheune würde es harzig nach frischer Tanne duften, es würden Weihnachtslieder erklingen, dick eingemummelte Kinder würden heißen Kakao trinken, und Marty Bennington würde die Pferde führen, die den Schlitten die schneebedeckten Pfade auf der Farm entlangzogen, sodass Beau das Gebimmel der Schlittenglöckchen noch Stunden nach Feierabend im Ohr hätte.
In der Zeit zwischen dem Verkünden von Rileys Neuigkeiten und dem Beginn der Feiertage war Beaus Stimmung eher mies gewesen. Riley war ihm aus dem Weg gegangen, und Paige war die ganze Woche noch nicht zum Abendessen da gewesen – was allerdings auch an Kates eher mäßigen Kochkünsten liegen konnte. Beau hatte darauf bestanden, dass sie an diesem Abend Pizza bestellten, denn Kate hatte noch alle Hände voll zu tun mit den Vorbereitungen für die Thanksgiving-Feier am nächsten Tag. Seine Erwartungen an das Festessen waren nicht besonders hoch.
An Weihnachten wollte er lieber gar nicht denken, aber das war gar nicht so einfach, wenn man den ganzen Tag beruflich damit zu tun hatte. Er musste einfach dafür sorgen, dass er immer genug zu tun hatte, und es würde ja auch bald wieder vorbei sein. Dann konnte er die Erinnerungen zurück in die Vergangenheit schieben, wo sie hingehörten, genau so, wie es auch sein Vater getan hatte.
Er kam die Stufen zur Veranda hinaufgestapft und stampfte sich dabei den Schnee von den Stiefeln.
Genau in dem Moment, als Beau auf der obersten Stufe angekommen war, kam Riley ihm aus dem Haus entgegen und blieb abrupt stehen, als er seinen Bruder kommen sah.
„Wenn du ein paar Minuten eher gegangen wärst, hättest du mich nicht sehen müssen“, sagte Beau.
„Ja, schade eigentlich“, entgegnete Riley und schob sich an ihm vorbei.
Da packte Beau ihn am Arm und sagte: „Kannst du vielleicht mal aufhören, dich wie der letzte Idiot aufzuführen?“
Riley befreite sich aus Beaus Griff, indem er einen großen Schritt zur Seite machte und unbeirrt weiterging. „Geh doch einfach zu Paige und lass mich in Ruhe!“
„Das mache ich vielleicht sogar. Sie ist sicher genauso aufgebracht darüber, dass du weggehst, wie ich, oder hast du dir noch gar nicht die Mühe gemacht, es ihr zu sagen?“, entgegnete Beau darauf.
„Ja, klar, sie heult sich bestimmt die Augen aus dem Kopf“, sagte Riley ironisch im Gehen noch über die Schulter.
„Was hast du eigentlich für ein Problem?“, rief Beau ihm nach.
Aber die einzige Antwort darauf war das Zuschlagen von Rileys Autotür. Der Motor heulte auf, und der Wagen fuhr davon.
Beau knurrte böse und stampfte zweimal heftig mit dem Fuß auf. Riley war so stur. Was war bloß mit ihm los? Seit dem Tod ihres Vaters war er mürrisch und verschlossen, und Beau hätte seinem Bruder am liebsten eine Tracht Prügel verpasst für all den Kummer, den er verursachte.
Beau betrat jetzt das Haus und blieb abrupt stehen bei dem Anblick, der sich ihm bot. Das Geländer der Treppe nach oben und der Kaminsims waren mit Girlanden geschmückt, und am Kaminsims hingen außerdem die großen Socken für die Geschenke, die seine Mutter für ihre Söhne genäht hatte. In einer Ecke stand ein geschmückter Weihnachtsbaum und in der Mitte des Tisches, umgeben von roten Kerzen, der Porzellanengel, den sein Vater der Mutter noch ganz kurz vor ihrem Tod geschenkt hatte.
Im Hintergrund spielte Weihnachtsmusik, und im Kamin knisterte ein behagliches Feuer.
„Was zum Kuckuck soll denn das?“, fragte er mit einem wütenden Blick in Richtung Tante Trudy, die auf dem Sofa saß und strickte.
„Schauen Sie mal, was ich gefunden habe“, sagte Kate und kam lächelnd ins Zimmer. In den Armen hatte sie die drei ausgestopften Schneemänner, die seine Mutter gekauft hatte, als er und seine Brüder noch klein gewesen waren. „Ach, hallo“, sagte sie, aber ihr Lächeln erstarb, als sie seine Miene sah.
„Wer hat Ihnen das erlaubt?“, fragte er kalt.
Ihr Blick ging zu Tante Trudy, und sie fragte: „Was ist denn?“
„Das sind unsere Sachen“, sagte er eisig und nahm ihr die Schneemänner aus dem Arm. „Sehr persönliche Sachen.“
„Ich … es … es tut mir wirklich leid. Ich konnte ja nicht wissen …“
„Nein, konnten Sie nicht“, wiederholte er, nahm den Porzellanengel vom Tisch und legte ihn zurück in die Schachtel zu seinen Füßen, gefolgt von den Kerzen und dem Tannenzapfenwichtel, den er in der dritten Klasse gebastelt hatte.
„Aber das … das ist doch nur Weihnachtsschmuck …“, stammelte sie verwirrt.
Er richtete sich auf, straffte die Schultern, sah sie an und zischte wütend: „Ja, unser Weihnachtsschmuck. Warum versuchen Sie nicht erst mal, ein einigermaßen anständiges Essen hinzubekommen und sich um die Wäsche zu kümmern, bevor Sie in unseren Sachen herumwühlen?“
Sie wurde rot, und er wandte sich jetzt dem Kaminsims zu und hängte die Weihnachtssocken ab. Wegen der lauten Weihnachtsmusik bekam er nicht mit, dass Jack und sie gingen. Als Nächstes begab er sich zum Radio und schaltete es aus.
„Na, das war ja ein nettes Dankeschön“, sagte Tante Trudy trocken.
„Wofür denn ein Dankeschön?“, entgegnete er wütend. „Die Frage ist doch eher, wie du zulassen konntest, dass sie das macht?“
„Na ja, ich habe halt gedacht, dass du ein bisschen vernünftiger bist als dein Vater. Es ist jetzt zwölf Jahre her, Beau. Das Leben geht weiter.“
„Aber all das hier weckt schlimme Erinnerungen.“
„Ist es wirklich das – oder machst du einfach nur so weiter wie dein Vater?“, fragte sie.
„Es hat ihn fast umgebracht – hast du das schon vergessen?“
„Deine Mutter hat Weihnachten geliebt und sich jahrelang ganz viel Mühe gegeben, euch ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Sie hätte bestimmt nicht gewollt, dass ihre Söhne sich nur an das eine allerschlimmste Weihnachten erinnern“,