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Warum tut er das?. Lundy BancroftЧитать онлайн книгу.

Warum tut er das? - Lundy Bancroft


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tut es nicht, und hier ist der Grund dafür: Die meisten meiner Klienten unterdrücken ihre Gefühle nicht in besonderem Maße. Tatsächlich bringen viele von ihnen ihre Gefühle stärker zum Ausdruck als einige nicht-misshandelnde Männer. Anstatt alles in sich hineinzuschaufeln, neigen sie zum Gegenteil: Sie haben eine übertriebene Vorstellung von der Wichtigkeit ihrer Gefühle. Die ganze Zeit sprechen sie über ihre Gefühle – und leben sie aus –, bis ihre Partnerinnen und Kinder erschöpft sind, weil sie das alles mit anhören müssen. Die Gefühle eines Täters sind wahrscheinlich beides: zu groß und auch zu klein. Sie können das ganze Haus ausfüllen. Wenn er sich schlecht fühlt, denkt er, dass das Leben für alle anderen in der Familie aufhören sollte, bis jemand sein Unwohlsein in Ordnung bringt. Die Lebenskrisen seiner Partnerin, die Krankheiten der Kinder, die Mahlzeiten, die Geburtstage – nichts anderes ist so wichtig wie seine Gefühle.

      Es sind nicht seine Gefühle, zu denen der Täter eine zu große Distanz hat, sondern es sind die Gefühle seiner Partnerin und die Gefühle seiner Kinder, um die es geht. Das sind die Gefühle, über die er so wenig weiß und mit denen er „in Kontakt treten“ muss. Meine Aufgabe als Berater von Missbrauchstätern besteht oft darin, die Diskussion weg von den Gefühlen meiner Klienten und hin zu seinen Gedanken (einschließlich seiner Einstellung gegenüber den Gefühlen seiner Partnerin) zu lenken. Meine Klienten versuchen immer wieder, den Ball in den Bereich zurückzubringen, der ihnen vertraut und angenehm ist, wo ihre innere Welt das einzige ist, was zählt.

      Seit Jahrzehnten bemühen sich viele Therapeuten, misshandelnden Männern zu helfen, sich zu verändern, indem sie sie anleiten, ihre Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Leider nährt diese wohlmeinende, aber fehlgeleitete Herangehensweise tatsächlich die Fokussierung des Täters auf sich selbst, was eine wichtige Triebkraft für seine Misshandlungen ist.

      Ein Grund, warum Sie versucht sein könnten, die „Druckkessel-Theorie“ zu akzeptieren, ist, dass Sie vielleicht beobachten, dass das Verhalten Ihres Partners einem Muster folgt. Er zieht sich immer mehr zurück, sagt immer weniger und seine Stimmung scheint sich allmählich von einem leisen Brodeln zu einem sprudelnden Kochen zu entwickeln, bis sie sich in einem Ausbruch von Schreien, Herabsetzungen und Gemeinheiten entlädt. Es wirkt wie eine emotionale Explosion, daher nimmt man natürlich an, dass es eine ist. Aber die wachsende Spannung, der Druck, der sich in seinen Gefühlen aufbaut, wird in Wirklichkeit durch sein mangelndes Einfühlungsvermögen in Ihre Gefühle und durch eine Reihe von Einstellungen angetrieben, die wir später untersuchen werden. Außerdem explodiert er, wenn er sich selbst die Erlaubnis dazu gibt.

       Mythos Nr. 5:

       Er hat eine gewalttätige, explosive Persönlichkeit. Er muss lernen, weniger aggressiv zu sein.

      Kommt Ihr Partner normalerweise mit allen anderen außer Ihnen einigermaßen gut aus? Ist es ungewöhnlich für ihn, andere Menschen zu beschimpfen oder sich mit Männern körperlich anzulegen? Wenn er Männern gegenüber aggressiv wird, hat es dann in der Regel etwas mit Ihnen zu tun, z. B. wenn er einem Mann gegenübersteht, von dem er glaubt, dass er Sie abcheckt? Die große Mehrheit der misshandelnden Männer ist eher ruhig und in den meisten Beziehungen vernünftig, die nicht im Zusammenhang mit ihren Partnerinnen stehen. Tatsächlich beschweren sich die Partnerinnen meiner Klienten ständig bei mir: „Wie kommt es, dass er zu allen anderen so nett ist, mich aber wie Dreck behandelt?“ Wenn es das Problem eines Mannes wäre, eine „aggressive Persönlichkeit“ zu haben, wäre er nicht in der Lage, diese Seite seiner selbst nur für Sie zu reservieren. Viele Therapeuten haben im Laufe der Jahre versucht, missbrauchende Männer auf ihre sensiblere, verletzlichere Seite zu lenken. Aber die traurige Realität ist, dass viele sanfte, sensible Männer ihre Partnerinnen bösartig – und manchmal auch gewalttätig – misshandeln. Die zwei Seiten des Täters bilden einen zentralen Aspekt des Rätselhaften.

      Die gesellschaftliche stereotype Vorstellung vom Täter als einem relativ ungebildeten Arbeiter trägt zur Verwirrung bei. Die fehlerhafte Gleichung lautet: „Misshandlung ist gleich muskelbepackter Höhlenmensch, was wiederum der Unterschicht entspricht.“ Zusätzlich zu der Tatsache, dass dieses Bild ein unfaires Stereotyp von Männern aus der Arbeiterklasse ist, übersieht es auch den Fakt, dass ein Mann mit Berufs- oder Hochschulbildung etwa der gleichen Wahrscheinlichkeit unterliegt, Frauen zu misshandeln wie jeder andere. Ein erfolgreicher Geschäftsmann, ein Hochschulprofessor oder ein Segellehrer wird vielleicht weniger wahrscheinlich das Image eines harten Kerls mit Tätowierungen am ganzen Körper annehmen, kann aber dennoch ein Albtraum-Partner sein.

      Stereotypen im Hinblick auf Klasse und Ethnie erlauben es den privilegierteren Mitgliedern der Gesellschaft, dem Problem des Missbrauchs auszuweichen, indem sie so tun, als sei es das Problem von anderen. Ihr Denken geht etwa so: „Es sind diese Bauarbeiter, die nie aufs College gegangen sind, es sind diese Latinos, es sind diese Straßengangster – sie sind die Missbrauchstäter. Unsere Stadt, unsere Nachbarschaft, ist nicht so. Wir haben hier keine Macho-Männer.“

      Aber Frauen, die mit Misshandlungen leben, wissen, dass es die Täter in jeglicher Gestalt und in allen gesellschaftlichen Schichten gibt. Je gebildeter ein Täter ist und je mehr Knoten er im Gehirn einer Frau zu knüpfen weiß, desto besser kann er sie dazu bringen, sich selbst die Schuld zu geben, und desto geschickter kann er andere Menschen davon überzeugen, dass sie verrückt ist. Je gesellschaftlich einflussreicher ein Täter ist, desto wirksamer kann sein Missbrauch sein – und desto schwieriger kann es sein, ihm zu entkommen. Zwei meiner ersten Klienten waren Harvard-Professoren.

      Manche Frauen fühlen sich von dem Image des harten Kerls angezogen, und manche können es nicht ausstehen. Wählen Sie selbst. Wie wir in Kapitel 5 sehen werden, gibt es Möglichkeiten festzustellen, 000ob ein Mann die Tendenz hat, missbräuchlich zu werden, aber die Kriterien einer sanften oder machohaften Persönlichkeit gehören nicht dazu. (Doch Vorsicht: Wenn ein Mann andere grundsätzlich einschüchtert, passen Sie auf. Früher oder später wird er seine Einschüchterungen gegen Sie richten. Anfangs mag es Ihnen vielleicht ein sicheres Gefühl geben, mit einem Mann zusammen zu sein, der Menschen Angst macht, aber nicht, wenn Sie an der Reihe sind.)

       Mythos Nr. 6:

       Er verliert die Kontrolle über sich selbst. Er wird einfach wild.

      Vor vielen Jahren habe ich eine Frau namens Sheila telefonisch befragt. Sie beschrieb die Wutausbrüche, die mein Klient Michael ihr zufolge regelmäßig hatte: „Er dreht einfach völlig durch, und man weiß nie, wann er so ausrasten wird. Er fängt einfach an, nach allem zu greifen, was da ist, und damit rumzuwerfen. Er schleudert das Zeug überall hin, an die Wände, auf den Boden – es ist einfach ein Chaos. Und er zerschlägt Sachen, manchmal wichtige Dinge. Dann ist es, als ob der Sturm einfach vorbeizieht; er beruhigt sich und geht für eine Weile weg. Später scheint er sich irgendwie vor sich selbst zu schämen.“

      Ich habe Sheila zwei Fragen gestellt. Die erste war, wenn Dinge kaputtgingen, gehörten sie dann Michael oder ihr, oder waren es Dinge, die beiden gehörten? Es entstand eine beträchtliche Stille, während sie nachdachte. Dann sagte sie: „Wissen Sie was? Ich bin erstaunt, dass ich nie darüber nachgedacht habe, aber er macht nur meine Sachen kaputt. Ich kann mich nicht erinnern, dass er etwas zerbrochen hat, das ihm gehört hat.“ Als Nächstes fragte ich sie, wer das Chaos aufräumt. Sie antwortete, dass sie das tut.

      Ich erklärte ihr: „Sehen Sie, Michaels Verhalten ist nicht annähernd so berserkerhaft, wie es aussieht. Und wenn er wirklich so reumütig wäre, würde er beim Aufräumen helfen.“

      Frage 2: Macht er das mit Absicht?

      Wenn mir ein Klient erzählt, dass er missbräuchlich wurde, weil er die Kontrolle über sich verloren hat, frage ich ihn, warum er nicht etwas noch Schlimmeres getan hat. Ich sage zum Beispiel: „Sie haben Ihre Partnerin eine verdammte Hure genannt, Sie haben ihr das Telefon aus der Hand gerissen und es durch den Raum geschleudert, und dann haben Sie ihr einen Schubs gegeben, und sie ist hingefallen. Da lag sie vor Ihren Füßen; es wäre ein Leichtes gewesen, ihr einen Tritt an den Kopf zu verpassen. Jetzt haben Sie mir gerade gesagt, dass


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