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Völkerrecht - Bernhard  Kempen


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Gewährleistungen des völkergewohnheitsrechtlichen Fremdenrechts

      Aus dem völkergewohnheitsrechtlichen Fremdenrecht ergeben sich für die Staaten bestimmte Pflichten, die sie bei der Aufnahme, dem Aufenthalt und der Ausweisung von Fremden zu beachten haben.

      Die völkergewohnheitsrechtlichen Pflichten, die die Staaten bei Einreise bzw. aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber Fremden zu beachten haben, sind gering. Es steht im freien Ermessen der Staaten, unter welchen Umständen sie fremde Staatsangehörige in ihr Staatsgebiet einreisen lassen. Auch bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen unterliegen die Staaten nur wenigen völkergewohnheitsrechtlichen Beschränkungen. Sie haben lediglich den → menschenrechtlichen Mindeststandard zu beachten, der heute jedoch mit dem fremdenrechtlichen Mindeststandard, soweit dieser im Völkergewohnheitsrecht gründet, im Wesentlichen identisch ist.

      Der hauptsächliche Anwendungsbereich des völkergewohnheitsrechtlichen Fremdenrechts betrifft Maßnahmen, denen Fremde während ihres Aufenthalts in einem Gaststaat ausgesetzt sind. Die wichtigsten Pflichten, welche die Staaten hierbei einzuhalten haben, sind u. a. das Recht des Fremden auf Rechtsfähigkeit, dessen Recht auf Leben (d. h. Verbot willkürlicher Tötung), körperliche Unversehrtheit und Schutz der Person, dessen Recht auf ein geordnetes gerichtliches Verfahren und rechtliches Gehör, dessen Recht, vor willkürlicher Freiheitsentziehung geschützt sowie nur nach Maßgabe besonderer Voraussetzungen enteignet zu werden.

      Die meisten der vorgenannten Rechte werden heute auch durch menschenrechtliche Gewährleistungen erfasst. Darüber hinaus enthält der → menschenrechtliche Mindeststandard des Völkergewohnheitsrechts aber auch die Verbote des → Völkermordes, des Sklavenhandels, der Folter und anderer unmenschlicher Behandlung sowie der massiven Rassendiskriminierung; umstritten ist das → Selbstbestimmungsrecht der Völker. Diese Rechte besitzen zudem erga omnes-Wirkung und den Rechtscharakter von ius cogens. Der grundlegende Unterschied zwischen den menschenrechtlichen und den fremdenrechtlichen Gewährleistungen besteht vor allem in dem geschützten Personenkreis. Während der durch die Menschenrechte verbürgte Schutz unterschiedslos allen Personen zusteht, die von der Hoheitsgewalt dieses Staates erfasst werden, erstreckt sich der fremdenrechtliche Mindeststandard ausschließlich auf fremde natürliche und juristische Personen.

      Einzig dem völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Fremdenrecht, nur unter besonderen Voraussetzungen enteignet zu werden, kommt heute noch eine eigenständige Bedeutung neben den menschenrechtlichen Gewährleistungen zu. Dies rührt daher, dass sich ein völkerrechtlich anerkannter menschenrechtlicher Eigentumsschutz bislang nicht durchgesetzt hat, auch wenn in der Literatur zunehmend Stimmen laut werden, die einen solchen befürworten. Das völkergewohnheitsrechtliche Fremdenrecht verbietet zwar grundsätzlich nicht, fremdes Eigentum zu enteignen. Es gebietet den Staaten jedoch, Enteignungen gegenüber Fremden nur unter bestimmten Voraussetzungen durchzuführen. Enteignungen sind völkerrechtlich nur dann zulässig, wenn sie einem öffentlichen Interesse dienen, ohne Diskriminierung durchgeführt werden und insbesondere eine Entschädigung gezahlt wird, die nach der sog. Hull-Formel „prompt, effective and adequate“ sein muss (→ Enteignungsrecht, internationales).

      Genauerer Betrachtung bedarf die Frage, inwiefern sich aus dem fremdenrechtlichen Mindeststandard auch ein allgemeines Diskriminierungsverbot ableiten lässt. Unbestritten ergibt sich aus dem fremdenrechtlichen Mindeststandard die Pflicht der Staaten, Fremden gleichen Zugang zu den Gerichten zu gewähren und die Gleichheit vor dem Gesetz zu wahren. Staaten sind allerdings nach allgemeinem Völkerrecht nicht gezwungen, über die genannten Fälle hinaus Fremde gegenüber ihren eigenen, aber auch im Verhältnis zu anderen Staatsangehörigen, gleich zu behandeln. Staaten unterscheiden etwa im politischen Bereich (z. B. Wahlrecht) seit jeher zwischen eigenen und fremden Staatsangehörigen. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet hat sich ein allgemeines völkergewohnheitsrechtliches Diskriminierungsverbot nicht durchgesetzt. Die Staatenpraxis zeigt vielmehr, dass Staaten zur Gleichbehandlung von eigenen und fremden Staatsangehörigen (→ Inländergleichbehandlung) oftmals nur dann bereit sind, wenn sie sich hierzu völkervertraglich verpflichtet haben, z. B. im Rahmen eines bilateralen Investitionsschutzabkommens (→ Investitionsrecht, Internationales).

      Beim völkergewohnheitsrechtlichen Fremdenrecht handelt es sich historisch bedingt um ein Recht, das den Staaten zusteht und im Gegensatz zu menschenrechtlichen Gewährleistungen nicht primär das Individuum zu schützen beabsichtigt. Ungeachtet der Tatsache, dass ein allgemein zugängliches internationales Streitbeilegungsverfahren für Streitigkeiten zwischen Staaten und Individuen bislang nicht existiert (zu den Besonderheiten im internationalen Investitionsrecht → ICSID), stehen schon aus dogmatischen Gründen dem Einzelnen bei Verstößen gegen das Fremdenrecht daher keine eigenen Möglichkeiten zur Sanktionierung und Wiedergutmachung zur Verfügung. Der Einzelne ist daher auf das Handeln seines Heimatstaates angewiesen (→ diplomatischer Schutz). Lediglich dieser kann, da es sich bei dem Verstoß gegen das Fremdenrecht um einen Fall der Staatenverantwortlichkeit handelt, intervenieren (→ Verantwortlichkeit, völkerrechtliche).

      F › Friendly Relations-Deklaration (1970) (Burkhard Schöbener)

       I. Allgemeines

       II. Deklarations-Text und Problembereiche

       III. Rechtliche Würdigung

       1.Beschlüsse der Generalversammlung als Empfehlungen

       2.Völkerrechtlicher Vertrag

       3.Völkergewohnheitsrecht

       a)Staatenpraxis

       b)Rechtsüberzeugung


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