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Völkerrecht - Bernhard  Kempen


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der sowohl allgemein postuliert wird (Art. 3, 19) als auch in allgemeinen und besonderen Diskriminierungsverboten unterstrichen wird (s. Art. 2 und Art. 18 Abs. 3 einerseits und Art. 12 Abs. 5, Art. 13 Abs. 3 andererseits). Zu den Rechten der zweiten Generation zählen insbesondere das Recht auf Arbeit (Art. 15), auf Gesundheit (Art. 16), auf Bildung und Teilhabe am kulturellen Leben (Art. 17) und der Schutz der Familie, der Frauen, Kinder, Alten und Behinderten (Art. 18).

      Weiterhin garantiert die Charta – und dies ist eine Besonderheit des afrikanischen Systems – kollektive Menschenrechte: das → Selbstbestimmungsrecht (Art. 20), das Recht, über Naturreichtümer und Bodenschätze zu verfügen (Art. 21), das Recht auf eigene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung (Art. 22), auf nationalen und internationalen Frieden (Art. 23) und auf eine zufriedenstellende Umwelt (Art. 24). Die AKMR hat insoweit die Auffassung vertreten, dass sowohl die Rechte der zweiten als auch die der dritten Generation verbindlich seien und angewendet werden könnten (AKMR, Social and Economic Rights Action Center and Center for Economic and Social Rights ./. Nigeria, Oktober 2001, Beschwerde Nr. 155/96).

      Im zweiten Kapitel des I. Teils sind sodann Pflichten des Einzelnen gegenüber der Familie, der Gesellschaft, dem Staat und sonstiger Gemeinschaften festgehalten (Art. 27), ebenso zur Achtung seiner Mitmenschen (Art. 28); weitere Pflichten v.a. gegenüber dem Staat finden sich in Art. 29.

      Die Schranken der Rechte sind in den einzelnen Vorschriften selbst geregelt. In allgemeiner Weise bestimmt lediglich Art. 27 Abs. 2, dass die Ausübung der Rechte unter Berücksichtigung der Rechte anderer, der kollektiven Sicherheit, der Sittlichkeit und der gemeinsamen Interessen erfolgen müsse. Eine allgemeine Möglichkeit zur Außerkraftsetzung der Rechte im Kriegs- oder sonstigen Notfall sieht die Banjul-Charta, anders als die → Amerikanische Menschenrechtskonvention und die → EMRK, nicht vor.

      Die Mitgliedstaaten haben im Einklang mit Art. 66 der Charta weitere Protokolle und Vereinbarungen zur Ergänzung der Rechte abgeschlossen. Hierzu zählen die Afrikanische Charta über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes vom 11.7.1990, in Kraft seit dem 29.11.1999, das am 25.11.2005 in Kraft getretene und mittlerweile von 35 Staaten ratifizierte Protokoll über die Rechte der Frauen in Afrika vom 11.7.2003, eine umfassende Kodifizierung der Frauenrechte entsprechend den Garantien in der Banjul-Charta; weiterhin die Afrikanische Charta über Demokratie, Wahlen und Regierungsführung vom 30.1.2007, in Kraft seit dem 15.2.2012, sowie das Übereinkommen der AU betreffend den Schutz und die Unterstützung von Binnenvertriebenen in Afrika vom 23.10.2009, das am 6.12.2012 in Kraft trat. Hinzu tritt das zeitlich noch vor der Banjul-Charta verabschiedete Übereinkommen der OAU zu besonderen Aspekten des Flüchtlingsproblems in Afrika vom 10.9.1969, in Kraft seit dem 20.6.1976.

      Ursprünglich sah die Banjul-Charta nur die Errichtung der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker (AKMR) vor. Die Kommission ist ein Expertengremium aus elf von der AU-Versammlung für sechs Jahre gewählten unabhängigen Persönlichkeiten (Art. 30 ff. Banjul-Charta). Sie tritt für zwei bis drei Sitzungen jährlich zusammen und hat ihr Sekretariat in Banjul, Gambia. Neben der AKMR besteht der Afrikanische Expertenausschuss für die Rechte und das Wohlergehen des Kindes, der vergleichbare Aufgaben für die erwähnte Afrikanische Kinderrechtecharta von 1990 hat. Seit 2004 besteht zudem der Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker.

      Die Banjul-Charta überträgt der Afrikanischen Kommission einerseits Aufgaben zur Förderung und Verbreitung der Menschenrechte in Afrika mit beratendem, politischem bzw. diplomatischem Charakter. Diese umfassen insbesondere Vor-Ort-Besuche, Trainingsveranstaltungen und sonstige Verbreitungsmaßnahmen sowie die Arbeit von themenspezifischen Sonderberichterstattern und Arbeitsgruppen. Außerdem besteht ein Staatenberichtsverfahren (vgl. Art. 62 Banjul-Charta). Andererseits bestehen rechtsförmige Verfahren, namentlich für Staatenbeschwerden (Art. 47, Art. 49) und sonstige Beschwerden, die sowohl von → Individuen, → Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder sonstigen Dritten eingereicht werden können (Art. 55 ff.). Eine besondere Unterwerfungserklärung des betroffenen Staates ist hier nicht erforderlich. Von praktischer Relevanz war bislang lediglich das jedermann offene Individualbeschwerdeverfahren.

      Nach Eingang einer „Mitteilung“ entscheidet die Kommission zunächst, ob sie sich mit der Beschwerde befasst (Art. 55 Abs. 2). Ist diese Entscheidung getroffen worden, beginnt die Prüfung der Zulässigkeit anhand der in Art. 56 aufgelisteten Kriterien, zu denen das Verbot anonymer Beschwerden und die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs zählen. Zudem muss die Beschwerde innerhalb eines vertretbaren Zeitraums nach Erschöpfung des Rechtswegs eingelegt worden sein und darf nicht ausschließlich auf Informationen aus Massenmedien beruhen. Eine besondere Beschwerdebefugnis ist nicht erforderlich, Beschwerden können auch von Dritten eingereicht werden, die nicht Opfer der behaupteten Verletzung waren. In der Praxis werden Beschwerden regelmäßig durch NGOs eingereicht. Nach der Zulässigkeitsentscheidung strebt die Kommission grundsätzlich eine einvernehmliche Beilegung an. Ist dies nicht erfolgreich, tritt sie in die Begründetheitsprüfung ein. Wie bereits in der Zulässigkeitsphase kann auch hier eine Anhörung der Parteien erfolgen. Nach Art. 46 darf sich die Kommission zudem aller angemessener Untersuchungsmethoden bedienen. Art. 98 ihrer Verfahrensordnung ermächtigt die AKMR, in Fällen besonderer Dringlichkeit einstweilige Anordnungen zu treffen.

      Der abschließende Bericht enthält Feststellungen über die Verletzung der Rechte, und kann Empfehlungen für Maßnahmen zur Folgenbeseitigung und Wiedergutmachung umfassen. Er ist als solcher nicht bindend, wird aber verbindlich, wenn er von der Versammlung der Staats- und Regierungschefs der AU bestätigt wird; diese entscheidet auch über die Veröffentlichung der grundsätzlich vertraulichen Verfahrensunterlagen (Art. 59 Abs. 2). Kommt der betroffene Staat den in dem Bericht enthaltenen Empfehlungen oder einer einstweiligen Anordnung nicht nach, so kann die Kommission die Angelegenheit dem Gerichtshof vorlegen (Regel 118 Verfahrensordnung der Kommission).

      Maßstab für die Entscheidungen der Kommission ist in erster Linie die Banjul-Charta, aber auch die afrikanischen und internationalen Menschenrechtsverträge und sonstige Dokumente (Art. 60). Dabei bezieht sie sich in ihren Entscheidungen regelmäßig auf die Praxis der internationalen Menschenrechtsorgane, insbesondere des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte (→ AMRK) und des → Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (→ EMRK).

      1998 verabschiedete die OAU ein Protokoll zur Errichtung des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Rechte der Völker. Das Protokoll trat 2004 in Kraft und hat mittlerweile 26 Vertragsparteien; der Gerichtshof hat 2007 seine Arbeit in Arusha, Tansania, aufgenommen und 2009 sein erstes Urteil erlassen. Ihm gehören elf Richter an, die die verschiedenen in Afrika vorherrschenden Rechtssysteme und die Regionen angemessen repräsentieren müssen.

      Der Gerichtshof ist für streitige Verfahren zuständig, die von der Kommission, von einem Vertragsstaat des Statuts, der an einem Beschwerdeverfahren vor der Kommission beteiligt war oder Heimatstaat eines Opfers ist oder einer afrikanischen zwischenstaatlichen Organisation eingeleitet werden können (Art. 5 Abs. 1 des Statuts). In diesen Fällen ist keine gesonderte Unterwerfungserklärung erforderlich. Darüber


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