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Europarecht. Bernhard KempenЧитать онлайн книгу.

Europarecht - Bernhard  Kempen


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wahrnehmen, weil zuvor die Immunität der Europol-Beamten völkerrechtlich festgeschrieben werden musste. Dies geschah durch das ebenfalls durch den Rat verabschiedete Protokoll über die Immunität der Europol-Beamten (Rechtsakt vom 19.6.1997, 97/C221/01), das als weiterer völkerrechtlicher Vertrag bis zum 1.7.1999 in allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Sodann konnte Europol seine Tätigkeit in vollem Umfang aufnehmen. Spätestens an diesem Tag wurde mit Europol eine neue internationale Organisation geschaffen.

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      Zwischenzeitlich trat am 1.5.1999 der Vertrag von Amsterdam (→ Europäische Union: Geschichte) in Kraft. Der damit einhergehende nächste europäische Integrationsschritt betraf auch Europol, dessen Kompetenzen nach Maßgabe der neuen Art. 29 Abs. 2 und 30 EUV (Version nach Amsterdam) erweitert werden sollten. Darauf fußten in der Folge drei weitere Protokolle zum Europol-Übk., die als weitere Rechtsakte des Rates (vom 30.11.2000, 2000/C358/01; vom 28.11.2002, 2002/C312/01; vom 27.11.2003, 2004/C2/01) erlassen, sodann in den Mitgliedstaaten als völkerrechtliche Verträge ratifiziert wurden und schließlich im März bzw. April 2007 in Kraft traten.

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      Im Rahmen des Vertrages von Amsterdam war es dem Rat nunmehr auch möglich, verbindliche → Beschlüsse ohne Ratifikationserfordernis in den Mitgliedstaaten zu erlassen. Davon machte er erstmals am 12.7.2005 Gebrauch (2005/511/JI), indem er die Kompetenzen von Europol erweiterte. Seitdem ist Europol auch Zentralstelle zur Bekämpfung der Fälschung des → Euro. Freilich mutet es kurios an, dass einer internationalen Organisation per Ratsbeschluss weitere Kompetenzen einseitig, d.h. ohne völkerrechtlichen Vertrag, zugewiesen wurden.

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      Mit Wirkung zum 1.1.2010 hatte sich die völkerrechtliche Konstruktion schließlich gänzlich überlebt: Das auf Grundlage des Europol-Übk. errichtete Europäische Polizeiamt existiert seitdem nicht mehr. Denn an diesem Tag trat der Europol-Beschluss des Rates (im Ressort Justiz und Inneres) vom 6.4.2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (2009/371/JI) in Kraft („Europol-Beschl.“), mit dem das Europol-Übk. – jedenfalls de facto – gegenstandslos wurde, obwohl eine völkerrechtliche Vertragsbeendigung nie förmlich vollzogen wurde. Stattdessen wurde Europol mit dem Europol-Beschl. Gem. dessen Art. 1 Abs. 2 neu gegründet: „Europol im Sinne dieses Beschlusses ist Rechtsnachfolger des Europäischen Polizeiamts, das durch das Europol-Übereinkommen errichtet worden ist.“

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      Seitdem wird Europol als (wenn auch in den Rechtsexten noch nicht so bezeichnete) Agentur der EU geführt und ist keine internationale Organisation mehr. Auf diese Weise ist es gelungen, Europol von einer rein völkerrechtlichen Ebene in die Struktur der EU zu überführen, so dass nunmehr u.a. auch das Dienstrecht der EU auf die Beamten von Europol anwendbar ist. Zugleich verlor Europol jedoch seine grundsätzliche Völkerrechtsfähigkeit (dazu Rn. 803). Materiell wurde Europol ein ausführlicher Aufgabenkatalog zugewiesen, der zwar einen deutlichen informationellen Schwerpunkt aufwies, darüber hinaus aber auch weitere Aufgabenkreise erschloss wie etwa die Unterstützung nationaler Polizeibehörden vor Ort – jedoch weiterhin ohne Zwangsbefugnisse. Besonders relevant ist die Kompetenzerweiterung auf alle Formen schwerer Kriminalität; anders als zuvor muss für das Tätigwerden von Europol keine kriminelle Organisationsstruktur mehr vorliegen. Der ursprüngliche Europol-Beschl. wurde kurz darauf ergänzt durch die Beschlüsse 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI; diese Rechtsakte sind in ihrer Gesamtheit üblicherweise gemeint, wenn von „dem“ Europol-Beschl. gesprochen wird.

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      Bereits einen Monat vor der Anwendbarkeit des Europol-Beschl. trat der Vertrag von Lissabon (umgesetzt v.a. durch EUV und AEUV) in Kraft. Mit ihm wurde Europol als Bestandteil des → Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR) vollständig in das supranationale System der heutigen EU überführt und dem Bereich der PZ zugeordnet. Seitdem ist Art. 88 AEUV sedes materiae im → Primärrecht. Gem. Art. 88 Abs. 2 AEUV sind Aufbau, Arbeitsweise, Tätigkeitsbereich und Aufgaben von Europol durch → Verordnung festzulegen. Dies war für den Europol-Beschl. jedoch wegen der zum Vertrag von Lissabon bestehenden Übergangsbestimmungen unschädlich.

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      Mit einer „Verspätung“ von gut sechs Jahren – nämlich am 11.5.2016 – ist der europäische Gesetzgeber der primärrechtlichen Forderung nach einer entsprechenden Verordnung schließlich nachgekommen. An diesem Tag wurde die Europol-Verordnung (Europol-VO) vom 11.5.2016 – (EU) 2016/794 – verabschiedet; mit Wirkung zum 1.5.2017 trat sie schließlich in Kraft. Ähnlich wie der Europol-Beschl. gründet auch sie gem. Art. 1 Abs. 2 Europol neu: „Europol in der durch diese Verordnung errichteten Form tritt an die Stelle von Europol in der durch den Beschluss 2009/371/JI errichteten Form und wird dessen Nachfolgerin.“ Damit existiert Europol inzwischen in dritter Generation (und ist offenbar – jedenfalls dem Wortlaut der Europol-VO nach – weiblich geworden). Sie ist nun auch de lege lata eine Agentur der EU (Art. 1 Abs. 1 Europol-VO) und hat dabei seine bzw. ihre frühere zusätzliche Bezeichnung „Europäisches Polizeiamt“ vollständig abgelegt.

      EEuropol (Björn Schiffbauer) › II. Rechtsgrundlagen

II. Rechtsgrundlagen 1. EU-Recht

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      Primärrechtlich findet Europol in Art. 88 AEUV ihre Rechtsgrundlage. Dabei beschreibt dessen Abs. 1 den Aufgabenbereich, nämlich „die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus und der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand einer Politik der Union ist, zu unterstützen und zu verstärken.“ Konkretisiert werden sollen diese Aufgaben gem. Abs. 2 über die inzwischen verabschiedete Europol-VO. Die äußeren Grenzen der Tätigkeiten von Europol definiert schließlich Abs. 3, der operative Maßnahmen unter den Vorbehalt der Mitgliedstaaten stellt und dabei Zwangsmaßnahmen durch Europol in jedem Fall verbietet.

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      Als weiteres Primärrecht ist Art. 12 Buchst. c EUV relevant. Diese Norm stellt die Kontrolle von Europol (auch) durch die nationalen Parlamente sicher. Zu beachten ist zudem, dass gemäß den Protokollen Nr. 21 und 22 zum AEU-Vertrag Sonderbestimmungen für das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark bestehen können (dazu → Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts [RFSR]).

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      Die auf Grundlage von Art. 88 Abs. 2 AEUV am 1.5.2017 in Kraft getretene Europol-VO – offiziell: „Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung


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