Europarecht. Bernhard KempenЧитать онлайн книгу.
Urt. v. 6.6.2000, C-281/98 – Angonese –, Rn. 34; Urt. v. 17.7.2008, C-94/07 – Raccanelli –, Rn. 45). Eine Erstreckung des Beschränkungsverbotes auf private Arbeitgeber ist dagegen bislang nicht erfolgt.
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V. Rechtfertigung
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Wie bei den anderen Grundfreiheiten (→ Grundfreiheiten: Allgemeine Lehren) kann eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gerechtfertigt sein. Dafür muss ein Rechtfertigungsgrund vorliegen und die Maßnahme geeignet sowie erforderlich und angemessen sein (EuGH, Urt. v. 13.12.2012, C-379/11 – Caves Krier –, Rn. 48).
1. Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes
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Zunächst ist zu prüfen, ob für die Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
a) Ordre-Public-Klausel
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Gem. Art. 45 Abs. 3 AEUV stehen die Gewährleistungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit unter dem Vorbehalt der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen. Mit dem Rechtfertigungsgrund können sowohl unmittelbar und mittelbar diskriminierend wirkende Maßnahmen als auch Beschränkungen gerechtfertigt werden.
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Aufgrund der systematischen Stellung ist umstritten, ob der Rechtfertigungsgrund lediglich auf die in Art. 45 Abs. 3 AEUV genannten Mobilitätsrechte Anwendung findet oder auch auf die in Art. 45 Abs. 2 AEUV erwähnten Arbeitsbedingungen. Für eine Anwendung des Rechtfertigungsgrundes auf sämtliche Absätze des Art. 45 AEUV sprechen die einheitliche Schutzbereichsgewährleistung für die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Art. 45 AEUV sowie die Konvergenz der Grundfreiheiten, da der identische Rechtfertigungsgrund in Art. 52 AEUV einheitlich für alle Gewährleistungen der → Niederlassungsfreiheit gilt.
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Die Begriffe öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit und öffentliche Gesundheit sind unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH in der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) näher definiert. Die Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit müssen nach Art. 27 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 Freizügigkeitsrichtlinie direkt an das Verhalten des Betroffenen anknüpfen. Das persönliche Verhalten muss gem. Art. 27 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1 Freizügigkeitsrichtlinie zudem eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Ein nationales Gesetz, das eine Ausweisung von strafrechtlich verurteilten Ausländern ohne nähere Prüfung der vorgenannten Einschränkungen vorsieht, ist mit dem Unionsrecht unvereinbar (EuGH, Urt. v. 29.4.2004, C-493/01 – Oliveri –, Rn. 100). Eine Rechtfertigung von Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit setzt gem. Art. 29 Freizügigkeitsrichtlinie voraus, dass die Maßnahme zur Abwehr von Krankheiten mit epidemischem Potenzial i.S.d. einschlägigen Rechtsinstrumente der Weltgesundheitsorganisation bzw. sonstige übertragbare, durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten erfolgt.
b) Zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls
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Eine Maßnahme, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beschränkt, kann auch im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit zulässig sein, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarer Zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (EuGH, Urt. v. 15.12.1995, C-415/93 – Bosman –, Rn. 104; Urt. v. 28.2.2013, C-544/11 – Petersen –, Rn. 47). Noch nicht abschließend geklärt ist, ob unter Berufung auf zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls mittelbare Diskriminierungen gerechtfertigt werden können (→ Grundfreiheiten: Allgemeine Lehren).
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Ein zwingendes Erfordernis des Gemeinwohls im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist insbesondere die Verwirklichung beschäftigungspolitischer Ziele, die etwa zur Verringerung der Arbeitslosigkeit dienen. Der EuGH erkennt den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen grundsätzlich einen weiten Beurteilungsspielraum zu (EuGH, Urt. v. 11.1.2007, C-208/05 – ITC –, Rn. 39). Weiterhin zählt zu den zwingenden Erfordernissen des Gemeinwohls die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten (EuGH, Urt. v. 28.2.2013, C-544/11 – Petersen –, Rn. 50). In der Rs. Bosman hat der EuGH aufgrund der sozialen Bedeutung des Fußballs „die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts zwischen den Vereinen unter Wahrung einer bestimmten Chancengleichheit und der Ungewißheit der Ergebnisse zu gewährleisten sowie die Einstellung und Ausbildung der jungen Spieler zu fördern“ als zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls angesehen (EuGH, Urt. v. 15.12.1995, C-415/93 – Bosman –, Rn. 106).
2. Verhältnismäßigkeit
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Neben dem Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes für die Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit muss die Maßnahme auch geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zweckes zu gewährleisten und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist (EuGH, Urt. v. 11.1.2007, C-208/05 – ITC –, Rn. 37; Urt. v. 13.12.2012, C-379/11 – Caves Krier –, Rn. 48).
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In der Rs. Bosman hat der EuGH z.B. die Verpflichtung zur Zahlung einer Transferentschädigung zur Förderung der Chancengleichheit der Vereine als ungeeignet angesehen, da die Regelung nicht verhindere, dass sich die reichsten Vereine die Dienste der besten Spieler sichern könnten (EuGH, Urt. v. 15.12.1995, C-415/93 – Bosman –, Rn. 107). Dagegen sei die Aussicht auf eine Transferentschädigung zwar grundsätzlich geeignet, Vereine zur Ausbildung junger Spieler zu motivieren. Allerdings fehle es an der Erforderlichkeit, weil nur eine begrenzte Anzahl junger Spieler tatsächlich in der Zukunft Berufsspieler werden würden, so dass die Aussicht auf eine Entschädigung wegen ihres Eventualitäts- und Zufallscharakters letztlich kein ausschlaggebender Faktor für die Vereine sei und zudem andere, ebenso wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zieles zur Verfügung stehen würden, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigten (EuGH, Urt. v. 15.12.1995, C-415/93 – Bosman –, Rn. 108 f.).
A › Assoziierungsabkommen (Maximilian Oehl)
Assoziierungsabkommen (Maximilian Oehl)
II.AA im System der auswärtigen Beziehungen der EU128 – 138
1.AA als außenpolitisches Instrument der EU128, 129
2.Typisierung von AA130 – 138