Einführung in das Geschichtsstudium. Stefan JordanЧитать онлайн книгу.
Ein durchschnittliches Studium dauert trotz aller Bemühungen der Länder, der Universitäten und der Studierenden selbst, die Studienzeiten zu verkürzen, im Schnitt immer noch vier bis fünf Jahre oder mehr. Wer in dieser langen Zeit einen ›Alleingang‹ versucht, die Universität also als Ausbildungsinstitution begreift, in die man ausschließlich geht, um Wissen zu [17]erwerben und Leistungen zu erbringen, kann sein Umfeld als anonyme Massenabfertigung, als Nebeneinander und nicht als Miteinander von Menschen erleben. Nicht nur für Geisteswissenschaftler, in deren Studium auf das Gespräch besonderer Wert gelegt wird, ist der Kommunikationsraum Universität notwendiger Bestandteil des Bildungsgangs. Der Umgang mit Kommilitonen und Lehrenden regt dazu an, neue Interessen zu wecken, sich mit anderen Meinungen und Sichtweisen auseinanderzusetzen. Das Gespräch mit Leuten, die vor vergleichbaren Anforderungen stehen, hilft zudem in Phasen des Zweifels, ob der gewählte Studiengang der richtige sei – die bei fast jedem Studierenden auftauchen –, und der Angst vor Prüfungen, die ebenfalls jeder teilt (ob er sie zugibt oder nicht). Nutzt man diese Möglichkeiten, so ist es fast unvermeidbar, dass man neue Freundschaften schließt. Und wer meint, dass er seine Freunde trifft, indem er sagt, er gehe zur Universität, hat einen weiteren Grund hierfür gewonnen, wenn die Veranstaltung, die ihn erwartet, das Buch, das gelesen werden muss oder der trockene Vortrag eines Lehrenden nur wenig dazu reizen.
Eine Einführung in das Leben an der Universität gibt es nicht und kann es nicht geben, so wichtig sie wäre. Hier ist jeder Studierende auf sein eigenes Engagement, seinen eigenen Willen und seine Fähigkeiten angewiesen, sich in neue Zusammenhänge zu bringen. Als Institution und als Ort von Lehre und Forschung ist die Universität dagegen beschreibbar. Ihren Aufbau und ihre Funktionsweisen zu kennen, bedeutet, sich besser orientieren und Zusammenhänge besser verstehen zu können.
[18]Anders, Freia: Studienfachberatung im Fach Geschichte. Schwalbach a. Ts. 2017.
Augustin, Eduard [u. a.]: Studieren. Eine Gebrauchsanweisung. München 2012.
Redder, Angelika (Hrsg.): Effektiv studieren. Osnabrück 2002.
Rein, Sylvia (Konzept und Redaktion): Einfach studieren. Tipps und Tricks rund ums Studium und Studentenleben. München 2012.
Voss, Rödiger: Studi-Coach. Studieren für Anfänger. Konstanz/München 22016.
2.1. Die Struktur der Universität
Universitäten sind eigenständige Rechtskörper mit einer Selbstverwaltung. An der Spitze ihrer Verwaltung steht der Rektor bzw. Präsident, ein aus dem Kreis der Professoren gewähltes Mitglied, dem die Repräsentation der Hochschule nach außen obliegt. Unterstützt wird dieser vom Kanzler, einem Verwaltungsbeamten, der der Universitätsverwaltung dienstrechtlich vorsteht. Von besonderem Interesse für Studierende sind neben der Universitätsbibliothek (s. Kap. 5.3.) das Rechenzentrum und das Universitätssekretariat.
Im Universitätssekretariat werden alle Angelegenheiten der Studienwahl erledigt. Hier erfolgt die erste Immatrikulation (Einschreibung), in der Studiengang (Art des Studiums wie Lehramt- oder Bachelor-[BA-]Studium), Studienfächer und Studienart (ordentlicher Student, Zweithörer mit gleichzeitiger Immatrikulation an einer anderen Universität, Gasthörer) festgelegt werden. Für die nach jedem Semester erforderliche Rückmeldung ist das Universitätssekretariat ebenso zuständig wie für den Wechsel von [19]Studiengang oder -fach, die Beantragung eines Freisemesters und die Exmatrikulation im Fall von Studienende, -abbruch oder Wechsel des Studienorts. Das Rechenzentrum ist verantwortlich für die EDV der Universität. Es verwaltet die E-Mail-Accounts aller Studierenden und bietet an fast allen Universitäten die Möglichkeit zum Aufbau einer eigenen Homepage.
Eine eigene Verwaltung besitzt der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), dessen von allen Studierenden gewählte Mitglieder die Interessen der Studierenden vertreten und der auch Mitbestimmungsrecht in der Universitätspolitik hat, z. B. bei der Besetzung neuer Stellen. Ebenfalls nicht zur Universitätsverwaltung gehörig, aber in deren Räumen häufig zu finden, ist das Studentenwerk, das u. a. für die Verwaltung landeseigener Studierendenwohnheime zuständig ist und kulturelle Veranstaltungen unterstützt. In der Nähe der Universitätsverwaltung befinden sich auch meist das Amt für Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG-Amt) und eine Außenstelle der Agentur für Arbeit. Beide Stellen sind besonders wichtig für die Finanzierung des Studiums, die nun kurz betrachtet werden soll.
Exkurs: Die Finanzierung des Studiums
Das BAföG-Amt ist die erste Anlaufstelle für alle Studierenden, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und finanzielle staatliche Unterstützung beantragen wollen, die zur Zeit bei nachweisbarer Berechtigung zu 50 % als zinsloses Darlehen und zu 50 % als rückzahlungsfreies [20]Stipendium gewährt wird (2020: bis zu 861 € monatlich). Die Bewilligung einer Studienförderung gemäß BAföG muss jedes Semester neu erteilt werden; die hierfür sowie für den Erstantrag notwendigen Formulare sollten so frühzeitig wie möglich korrekt ausgefüllt eingereicht werden, da sonst Finanzierungslücken entstehen können. Die Förderung durch BAföG ist auf die Regelstudienzeit begrenzt; für bestimmte Fachrichtungen und für bestimmte Leistungen (z. B. notwendiger Erwerb einer Fremdsprache) gibt es aber ebenso Ausnahmen wie für persönliche Handicaps (z. B. Behinderung). Die Rückzahlung des als Darlehen gewährten Förderungsteils beginnt etwa fünf Jahre nach Ablauf der Förderungshöchstdauer, sofern der Rückzahlungspflichtige zu diesem Zeitpunkt über ein bestimmtes Mindesteinkommen verfügt (Rückzahlungsrate vierteljährlich 2020: 390 €). Das Darlehen kann auch mit einer einmaligen Zahlung vor Beginn des Rückzahlungszeitraums getilgt werden; in diesem Fall wird dem Darlehensnehmer eine Teilschuld erlassen (bis zu 25 % der Rückzahlungssumme). Ebenfalls eine Minderung des Rückzahlungsbetrags beantragen kann, wer innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Förderungshöchstdauer nach dem Ergebnis der Abschlussprüfung zu den besten 30 % aller Prüfungsabsolventen zählt, die diese Prüfung in demselben Kalenderjahr abgeschlossen haben. Weitere Teilerlasse sind möglich für Studierende, die ihren Abschluss vor dem Ende der Förderungshöchstdauer erreicht haben (bis zu 25 % der Rückzahlungssumme). Wichtig zu beachten ist, dass alle Formen von Erlassen nicht automatisch zur Anwendung kommen, wenn die Bedingungen dafür erfüllt sind, sondern eigens beantragt werden müssen.
[21]Eine weitere Möglichkeit der Studienfinanzierung oder -teilfinanzierung ist das Jobben. Speziell auf Studierende zugeschnittene Teilzeitjobs vermitteln die Agenturen für Arbeit oder (privatwirtschaftliche) Jobbörsen an den Universitäten. Erfolgreicher ist aber meist eine gezielte Eigeninitiative, zumal sie sich auf Tätigkeiten richten kann, die zu einem möglichen späteren Berufsziel gehören. Ideal ist es nämlich, eine Arbeit zu finden, die zur Finanzierung des Lebensunterhalts beiträgt und zugleich Perspektiven eröffnet: Das kann heißen, dass aus dieser Tätigkeit eine spätere Berufsstelle unmittelbar hervorgeht. Genauso kann es aber auch bedeuten, dass sich ein Aushilfsjob ›gut im Lebenslauf macht‹ –, man also nachweisen kann, in bestimmten Berufen bereits während des Studiums Erfahrungen gesammelt zu haben (s. Kap. 3.3.2.). Die Möglichkeit des ausbildungsbegleitenden ›Dualen Studiums‹ ist beim Geschichtsstudium eher selten.
Noch eine weitere Möglichkeit der Studienfinanzierung bieten Studienstipendien. Darunter versteht man Unterstützungen von Einrichtungen öffentlichen Rechts (Stiftungen, Bundesländer, Kommunen) und Vereinen (z. B. Rotary Club). Voraussetzung für den Erhalt eines Stipendiums sind besondere Leistungen und Lebensumstände (z. B. soziale Notlage). Hinzu kommen besondere Profile, die von den Zielsetzungen der Stipendiengeber abhängen: So finanzieren die Stiftungen der großen politischen Parteien, der Gewerkschaften und Kirchen vorzugsweise Personen, die ihrem Denken und Handeln in besonderer Weise (z. B. durch Mitgliedschaft) verbunden sind. Um ein Stipendium zu erhalten, muss man i. d. R. von einem bzw. zwei Gutachtern bei einem Stipendiengeber vorgeschlagen [22]werden. Die Förderungshöchstdauer eines Stipendiums ist normalerweise wie beim BAföG-Stipendium auf die Regelstudienzeit begrenzt. Eine besondere Form des Stipendiums stellt das Auslandsstipendium dar, das zur Finanzierung von einzelnen Semestern oder Studiengängen im Ausland dient.
Groß, Sina: Clever studieren mit der richtigen