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Sprachliche Bildung und Deutsch als Zweitsprache. Kristina PeuschelЧитать онлайн книгу.

Sprachliche Bildung und Deutsch als Zweitsprache - Kristina Peuschel


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(Geist/Krafft 2017, 11). Im Idealfall würden diagnostizierte Sprachförderbedarfe im Deutschen und dokumentierte Fähigkeiten in anderen Sprachen zu einer differenzierten individuellen Begleitung von Kindern im Schuleinstieg führen.

      Der Erwerb der für schulische Teilhabe und Lernerfolg notwendigen Deutschkenntnisse mehrsprachiger Kinder und Jugendlicher wird, wie die oben angeführten Zitate zeigen, wesentlich von der Kontaktdauer mit dem Deutschen, von Maßnahmen der frühkindlichen Bildung (vgl. z.B. Lengyel 2017), von Literalitätserfahrungen in verschiedenen Sprachen im Kindesalter und auch von der oder den bereits erworbenen Erstsprache(n) beeinflusst. Auch spielt die Möglichkeit, in zwei mündlich verfügbaren Sprachen lesen und schreiben zu lernen und zweisprachig schulisch alphabetisiert zu werden eine große Rolle für den Ausbau sprachlicher Ressourcen – oder auch für deren Verlust. Der Prozess der schulischen Alphabetisierung ist zudem für alle Kinder mit dem Eintritt in die Grundschule eine neue Art des Umgangs mit Sprache, wobei das Erlernen von Lesen und Schreiben auch ohne den Faktor Zweitsprache Deutsch eine Herausforderung darstellt.

      An die eingangs erwähnte Monolingualität des Schulsystems erinnernd wird deutlich, dass für die spezifische Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit in der Grundschule und für die Unterstützung beim Erwerb und Erlernen des Deutschen als Zweitsprache in der Schule spezifische Konzepte erforderlich sind (siehe auch 1.4 und 1.5 in diesem Studienbuch). Für die frühkindliche Sprachförderung sowie die Primarstufe liegen diese, auch untermauert durch umfassende Forschungsergebnisse zum mehrsprachigen Spracherwerb und Deutsch als Zweitsprache, vor (siehe die Beiträge in z.B. Oomen-Welke/Dirim 2013). Von Sprachförderung können so verschiedene Gruppen von Kindern und Jugendlichen profitieren:

       ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder aus Familien mit einem niedrigen sozio-ökonomischen Status,

       Kinder, die sukzessiv auf einer anderen Erstsprache aufbauend Deutsch als Zweitsprache erwerben und im Vergleich mit einem typischen und altersentsprechenden Erstspracherwerb des Deutschen geringere Deutschkompetenzen aufweisen,

       ein- und mehrsprachige Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen sowie

       „Kinder, die aufgrund von Zuwanderung erst seit kurzem in Deutschland leben, die deutsche Sprache zunächst als Fremdsprache erlernen und teils im deutschen Schriftsystem alphabetisiert werden müssen“ (Lütke 2017, 325).

      Mit dem Abschluss der Primarstufe endet der Bedarf an Sprachförderung, Sprachbildung und einer gezielten Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit keineswegs. Vielmehr sind auch Lehrkräfte der Sekundarstufen vor die Aufgabe gestellt, die sprachliche Kompetenzentwicklung quer zu allen Fächern und damit in jedem Fach zu stärken.

      Die Bedeutung von Sprache(n) in den Sekundarstufen mit Fokus auf Seiteneinsteiger*innen

      In der letzten Phase der Primarstufe steht die Entscheidung über den Besuch der weiterführenden Schule an. Diese bestimmt ganz wesentlich die weitere biographische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit. Damit der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I möglichst gut gelingt, ist es wichtig, dass Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen wissen, mit welchen biographischen Erfahrungen und welchen schulischen Lernerfahrungen sie ihre Schüler*innen aus der Grundschule übernehmen, um diese bis zum bestmöglichen Abschluss weiterführen zu können.

      Am Ende der Grundschulphase haben Kinder und Jugendliche wesentliche Schritte kognitiver und sprachlicher Entwicklung bereits vollzogen, sie haben in aller Regel grundlegend das Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt, haben Angebote für stärker fachorientierte Zugänge zur Welt wahrgenommen etc. Kurz gesagt, sie haben den ersten Teil schulischer Sozialisation durchlaufen und sich darin auf individuelle Weise entwickelt – auch sprachlich. Für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die nicht das deutschsprachige Schulsystem in der Grundschule durchlaufen haben und als sog. Seiteneinsteiger*innen in die Sekundarstufen kommen, ist auch hier wieder von gänzlich anderen Voraussetzungen für das Lernen auszugehen.

      In der Regel stellt das Ende der Grundschulphase den Beginn einer gegliederten Sekundarstufe dar, in der jeweils unterschiedliche Bildungsaufträge verfolgt und entsprechende Bildungsangebote gemacht werden, so die Vermittlung einer grundlegenden (Hauptschule), einer erweiterten (Realschule) bzw. breiten und vertieften (Gymnasium) Allgemeinbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildung.

      Mit dem Beginn der Sekundarstufen nimmt die Ausdifferenzierung in Fächer und Fächergruppen zu, die auch mit der Diversifizierung sprachlicher Anforderungen verbunden ist, d.h. mit dem Ausbau fach- und bildungssprachlicher Kompetenzen im Mündlichen und Schriftlichen sowie dem Lernen weiterer Sprachen. Der Unterricht in den Sekundarstufen baut darauf auf, dass basale literale Kompetenzen bei allen Schüler*innen vorhanden sind, dass der Zugang zu Texten und Medien, in denen die wesentlichen Inhalte jedes Faches dargeboten werden, eingeübt wurde und dass grundlegende Arbeitsformen für das fachliche Lernen vorausgesetzt werden können. Viele Fächer und gerade jene, die im Fokus dieses Studienbuches stehen, werden jedoch in der Sekundarstufe I in der Regel erstmalig angeboten, so z.B. Geschichte, Geographie, Politik und Philosophie. Die jeweiligen Fachsprachen und fachspezifischen Texte und Genres wurden – jedenfalls für diese Fächer – noch nicht in der Grundschule erarbeitet, was es umso wichtiger macht, sprachliche Bildung in den Sekundarstufen fortzusetzen.

      Im Kontext von Migration und Bildung hält das stark gegliederte Schulsystem immer wieder Hindernisse und Benachteiligungsrisiken für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, mit geringem sozioökonomischem Status und im Zweitspracherwerb Deutsch bereit. Geist/Krafft (2017) sehen hier unter Bezugnahme auf den Bildungsbericht des Jahres 2016 sowie auf die grundsätzliche migrationspädagogische Kritik von Mecheril (2004) eine Ungleichheit produzierende Praxis und „Bildungsbenachteiligung statt Bildungsbeteiligung“ (Geist/Krafft 2017, 13). Diese ist auch an der Verteilung von Schüler*innen auf unterschiedliche Schulformen erkennbar:

      Während deutsche Jugendliche im Schuljahr 2014/15 fast zur Hälfte am Gymnasium sind (rund 44 %) und nur zu 8 % an Hauptschulen, besucht lediglich knapp ein Viertel (24 %) der ausländischen Jugendlichen das Gymnasium und ein weiteres Viertel (25 %) die Hauptschule […]. Betrachtet man statt der Staatsangehörigkeit den Migrationshintergrund und statt der Schularten die Bildungsgänge, sind Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund unter Berücksichtigung des sozioökonomischen Hintergrunds im Jahr 2012 zu vergleichbaren Anteilen in den Bildungsgängen vertreten […]. (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, 173f.)

      Mit den Bezeichnungen ‚Schüler*innen im Seiteneinstieg‘ bzw. ‚Seiteneinsteiger*innen‘, die bereits seit den 1970er Jahren Verwendung finden, kann besonders deutlich gemacht werden, worin diese Herausforderungen neben dem Spracherwerb zusätzlich bestehen. In der Geschichte des bundesdeutschen Bildungswesens geht die Beschulung von Seiteneinsteiger*innen, also Kindern und Jugendlichen mit anderen Erstsprachen als Deutsch, bis in die Zeit der Arbeitsmigration in die Bundesrepublik der 1960er und Folgejahre zurück (mehr dazu u.a. in Reich 2010, 2017). Aktuelle Definitionen von ‚Seiteneinsteiger*in‘ führen das schulpflichtige Alter von sechs oder mehr Jahren, in dem Kinder und Jugendliche nach Deutschland migrieren, die nicht vorhandenen oder sehr geringen Deutschkenntnisse (Massumi et al. 2015) und den Beginn der Schullaufbahn in einem anderen Land (Maak 2014) an. Insbesondere trifft die Bezeichnung als Seiteneinsteiger*in auf Schüler*innen der Sekundarstufen zu, wie das folgende Beispiel aus Geist/Krafft (2017) zeigt (wobei die Autor*innen an dieser Stelle den Ausdruck nicht verwenden):

      KARIM ist 17 Jahre alt, er kam als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling vor einem Jahr nach Deutschland. In seinem Herkunftsland Afghanistan hat er die neunjährige allgemeinbildende Schule besucht; dabei hat er sprachliche Kompetenzen in mündlicher und schriftlicher Form nicht nur in seiner L1 Dari, sondern auch in der Fremdsprache Englisch erworben. Momentan besucht er die 9. Klasse einer Werkrealschule. KARIM hat in den vergangenen 12 Monaten bereits einige Spezifika der deutschen Sprache erworben […]. Er hat […] noch Schwierigkeiten, dem Unterricht in sprachlicher Hinsicht zu folgen. Andererseits ist er in einigen Bereichen (vor allem im Englischen, aber auch in den naturwissenschaftlichen Fächern) seinen Klassenkameraden weit voraus. (Ebd., 20)

      Mit dem Begriff ‚Seiteneinsteiger*in‘


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