Zur Professionalität der Professionalisierenden. David GerlachЧитать онлайн книгу.
das Wissen bzw. Kompetenzen angehender Mathematik-, Deutsch- und Englischlehrkräfte zum Zeitpunkt des Bachelor- und Masterabschlusses, für Englischlehrkräfte im Besonderen dargestellt in Roters et al. (2011), auch in Reaktion zu den mittels der KMK-Standards angelegten Anforderungen. Diese Grundüberlegungen und Konstrukte werden vom Projekt Professionelle Kompetenz angehender Englischlehrkräfte (PKE) aufgegriffen mit dem Ziel, mittels quantitativer Verfahren und Tests verschiedener Konstrukte und Dimensionen in Schulmanscher Tradition allgemeinpädagogisches Wissen, Fachwissen sowie fachdidaktisches Wissen von (angehenden) Englischlehrerinnen und -lehrern über die beiden ersten Phasen hinweg zu erfassen und zu modellieren (vgl. König et al. 2016/2017). Die Analyse der Testitems7 von ca. 440 Englischlehrkräften in beiden Phasen sowie unterschieden in Sekundarstufe I und II ergeben Zusammenhänge zwischen fachdidaktischem und jeweils Fach- und allgemein-pädagogischem Wissen, jedoch korrelieren das Fachwissen und das pädagogische Wissen in geringerem Maße als in der vergleichbaren COACTIV-Studie zu Mathematiklehrkräften, was die Autorinnen und Autoren auf die große Bedeutung von z.B. zu vermittelnder literatur- und kulturwissenschaftlicher Inhalte in der Sekundarstufe II zurückführen. Nicht überraschend ist die Tatsache, dass das fachdidaktische und pädagogische Wissen der Referendarinnen und Referendare im Sample stärker ausgeprägt ist als dasjenige der Studierenden, jedoch scheint sich bezüglich des Fachwissens keine Veränderung, sprich: Zunahme, von der ersten zur zweiten Phase ausmachen zu können. Dies lässt sich in der Tat anknüpfen an Erkenntnisse aus TEDS-LT (vgl. Blömeke et al. 2013, für Englisch: Jansing et al. 2013), wo auch zwischen den beiden Studierendenkohorten keine signifikante Steigerung des Fachwissens im Studienverlauf nachgewiesen werden konnte, jedoch im Bereich des fachdidaktischen Wissens ein Zuwachs auftrat (vgl. Roters et al. 2011). König et al. (2016) merken im Rahmen der Diskussion von Grenzen ihrer Untersuchung an, dass sie in ihrem Projekt lediglich die kognitive Dimension von Lehrerwissensbeständen prüfen, dabei aber andere Dispositionen vernachlässigen:
[Such] dispositions are relevant, but should be extended theoretically and empirically with respect to the situation-specific skills of perception, interpretation, and decision-making to adequately model proximal indicators for teacher performance in class. (König et al. 2016: 12)
Das im Verfahren abgeprüfte fachdidaktische Wissen bzw. die konkreten Items werden in den Publikationen zwar auszugsweise aufgeführt, jedoch nur grob in den Dimensionen „Knowledge of curriculum“, „Knowledge of teaching strategies and representations“ sowie „Knowledge of students“ zusammengefasst (vgl. ebd.: 8). Für das Fachwissen wird in Kontrastierung zum mathematischen verschiedentlich angemerkt, dass es von anderer Qualität und „akademischer“ sei. Literatur- und Kulturwissenschaften seien daher eher „the academic foundation for the EFL [English as a Foreign Language; Anmerkung D.G.] teacher to become a cultural expert in English and to develop the competences of an intercultural speaker, not a native speaker“ (ebd.).
Diese Schwerpunkte bilden auch einen der zentralen Kerne des Projekts FALKO-E (vgl. Kirchhoff 2017). Ausgehend von den zentralen Erkenntnissen der vorliegenden empirischen Studien, insbesondere der Tatsache, dass das Fach Englisch als gering strukturierte Wissensdomäne zu fassen ist (vgl. Roters et al. 2011, Blömeke 2014a), unternimmt FALKO-E als Baustein des an der Universität Regensburg interdisziplinär angelegten Vorhabens FALKO – Fachspezifische Lehrkompetenzen (vgl. Krauss et al. 2017) den Versuch, fachdidaktisches Professionswissen sowie Fachwissen von Englischlehrkräften der Sekundarstufe I zu erfassen und greift dabei „teilweise auch auf qualitative und hermeneutische Forschungsarbeiten zurück“ (Kirchhoff 2016: 76), die im Feld vorliegen und unten noch detaillierter vorgestellt werden. Für Kirchhoff (2016) ist im Sinne eines englischdidaktisch spezifischen Professionswissens nicht nur deklaratives Wissen zentral, sondern auch ein Erfahrungswissen „im Sinne der Erfahrung im fachspezifischen unterrichtlichen Handeln“ (ebd.: 76). In FALKO-E (FALKO-Englisch) zeigen sich die Facetten englischdidaktisch-spezifischen Professionswissens unterteilt in „Wissen um schülergerechtes Erklären und Repräsentieren“, „Wissen um Schülerkognitionen“, „Wissen um Lehr-/Lernpotential von Aufgaben und Texten“ sowie Fachwissen als „[vertieftes] Hintergrundwissen über Fachinhalte des Curriculums der Sekundarstufe“ (Kirchhoff 2017: 120). Sie stellt die besonderen Schwierigkeiten beim Herausarbeiten und Zusammenstellen vor allem der fachdidaktischen, normativ geprägten Items heraus, welche durch empirische Erkenntnisse sowie Augenscheinvalidität in Pretests entwickelt und begutachtet werden (vgl. Kirchhoff 2016). Ebenfalls im Zusammenhang der Entwicklung eines Testverfahrens zur Messung des Professionswissens angehender Spanischlehrkräfte, welches in seiner Itementwicklung stark an die KMK-Standards für Lehrpersonen wie Lernende angelegt ist, zeigt sich, „dass das geplante Testverfahren in der Praxis auf Grenzen stößt“ (Hoinkes/Weigang 2016: 71). Dies scheint daher, primär aufgrund der geringen Strukturiertheit der fremdsprachendidaktischen Wissensdomäne, ein durchaus generelles Problem hinsichtlich dieser Forschungsansätze darzustellen.
Auch innerhalb des qualitativen Forschungsparadigmas liegen einschlägige Arbeiten zum Professionswissen von Fremdsprachenlehrpersonen vor, welche international häufig mit Konstrukten der Expertiseforschung z.B. im Anschluss an Berliner (1988) und Dreyfus et al. (1986) arbeiten, im deutschsprachigen Kontext häufig vom Forschungsprogramm Subjektive Theorien (s.u.) und wissenssoziologischer Forschung beeinflusst wurden. Tsui (2003), beispielhaft für den internationalen Kontext, untersucht in ausführlichen Falldarstellungen von vier Englischlehrkräften in Hong Kong deren Unterrichtserleben und vergleicht Unterschiede zwischen Novizen und Experten, welche sie am kritisch-reflexiven Umgang und progressivem Problemlösen von pädagogischen und fachdidaktischen Herausforderungen herausarbeitet. Während Novizen – wie auch in anderen Kontexten beschrieben – in gewissem Maße ein „Überleben“ beschreiben, gelingt es Fremdsprachenlehrkräften, die als Experten bezeichnet werden können, schneller, Unterricht von den Lernenden aus zu planen, verschiedene theoretische, allgemeinpädagogische wie fachdidaktische Konzepte im Unterricht zu verschränken und situativ reflektiert zu agieren (vgl. Tsui 2003, Borg 2006): „Kurz gesagt verfügen erfahrene Lehrende über ein größeres Instrumentarium, um die Komplexität des Unterrichts zu handhaben.“ (Schart 2014: 45)8 Trotz dass davon ausgegangen werden kann, dass explizit vorliegendes Expertenwissen Lehrerhandeln z.B. für Unterrichtsplanung beeinflussen kann, ist unter wissenssoziologischer Perspektive, wie auch im vorigen Kapitel angemerkt, die konkrete Offenbarung als Performanz von Wissen und Kompetenzen, die sich z.B. in der Planungs- oder Unterrichtspraxis zeigt, forschungsmethodologisch und -pragmatisch häufig nicht ohne größeren Aufwand erhebbar. Diesem Desiderat kam die DESI-Studie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) insofern basal nach, als dass sie neben Testungen von Lernendenleistungen sowie der Videographie von Unterrichtsstunden und deren Analyse auch mittels (quantitativer) Fragebögen Aspekte von Lehrerwissen erhob, zu Aussagen über Prozessqualität und Unterrichtspraxis in unterschiedlicher Hinsicht kommt und damit einen Zusammenhang zwischen Expertenwissen der Lehrkräfte und guten Leistungen der Lernenden herausgearbeitet hat (vgl. DESI-Konsortium 2008).
Wissensdomänen Englischunterricht | Sub-Dimensionen | |
Fachwissen | Wissen über das Sprachsystem | Phonologie Lexis Grammatik Diskursfähigkeit |
Wissen über Literatur und Kultur | Kulturelle Diskursfähigkeit Literarische Analysefähigkeit | |
Fachdidaktisches Wissen | Sprachverarbeitung und -produktion | Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben + Integration der vier Fertigkeiten |
Wissen um Lernstrategien | Risk-taking Ambiguitätstoleranz Self-monitoring Kommunikationsstrategien | |
Wissen um Lehrstrategien |
Unterschiedliche Typen von Aktivitäten
Unterschied zwischen fluency- und accuracy-basierenden |