Mündliches Erzählen als Performance: die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht. Gabriele Bergfelder-BoosЧитать онлайн книгу.
und das Publikum in den Erzählvorgang einbeziehen.
Allerdings muss von Seiten der Zuhörerschaft die Bereitschaft bestehen bzw. entwickelt werden, die so dargebotene Performance zu akzeptieren bzw. sich auf diese Kommunikation einzulassen. Aus diesem Grund werde ich denjenigen Raum, in dem die Kommunikation zwischen realen Kommunikationspartnern stattfindet, als ‚performativen Raum‘ (s. auch Fischer-Lichte 2005a: 19) auffassen, wobei mit dem Begriff ‚Raum‘ nicht nur der Ort, sondern der Ereignisraum der Aufführung erfasst werden soll. In diesem Raum kann – in Analogie zum fiktionalen Pakt (Kap. 3.3) – ein ‚performativer Pakt‘ zwischen Erzählenden und Publikum geschlossen werden. Mit diesem Pakt wird ein Einverständnis hergestellt darüber, dass die narrative Kommunikation als ‚performatives (Theater-)Spiel‘ angesehen wird, bei dem die Rollen in Erzählende und (evtl. mitwirkendes) Publikum verteilt sind.
Das Kommunikationsmodell verdeutlicht, dass das mündlich-fiktionale Erzählen als Performance den performativen Künsten zuzurechnen ist, aber kein eigenes semiotisches System darstellt. Als performative Kunst gehört es den direkten Präsentationsmodi an und kann sich in einer Aufführung realisieren. Als Kunst des Erzählens mit einer ‚doppelten‘ Erzählinstanz (dem realen und dem fiktionalen Erzähler) gehört es dem narrativen Diskursmodus an. Das mündlich-fiktionale Erzählen nimmt unter kommunikationstheoretischen Gesichtspunkten eine Stellung zwischen vermittelter und unvermittelter Darstellung ein, unter ästhetisch-performativen Gesichtspunkten besteht eine Nähe-Beziehung zwischen der Erzählperformance und dem Theater. Diese Beziehung kann deshalb als eine graduelle angesehen werden, wobei der Grad der Nähe von den zum Einsatz kommenden theatralischen und grenzüberschreitenden Mitteln der Darstellung abhängt.
Die Nähe zum Theater liefert dem Einsatz der Erzählperformance im Fremdsprachenunterricht ein flexibles Gestaltungsinstrument, mit dessen Hilfe die Aufführung inszeniert und die Performance sich zwischen Tradition und Experiment positionieren kann. Zur weiteren Erkundung dieses Gestaltungspotenzials werden die Darstellungsmittel des theatralischen Codes im folgenden Kapitel (Kap. 4.3) dargestellt.
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