Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung. Группа авторовЧитать онлайн книгу.
Universitäten weitgehend übereinstimmend gelehrten Fachinhalte widerspiegelt. Diese Schnittmenge an Lehrinhalten diente uns als Grundlage für die Item-Entwicklung.
Betrachtet man in diesem Zusammenhang beispielhaft den Bereich Sprachwissenschaft, so würde aus der vergleichenden Modulhandbuchanalyse als ein Ergebnis resultieren, dass Themen wie „Spracherwerb“ oder „Mehrsprachigkeit“ nicht mit in den Leistungstest aufgenommen werden könnten, da diese Themenbereiche gemäß der geltenden Modulhandbücher nicht fester Bestandteil der untersuchten Fachcurricula an den deutschen Universitäten sind. Dieses Ergebnis wirft grundsätzliche Fragen auf, denn gerade diese Themen erscheinen für einen Test, der das relevante Professionswissen angehender Fremdsprachenlehrkräfte messen soll, von besonderer Relevanz. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für die Teildisziplinen Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaft. Eine Beschränkung auf den bundesweit kleinsten gemeinsamen Nenner kann demnach nicht der Weg zum Ziel sein, professionelles Wissen angehender Fremdsprachenlehrkräfte zu erheben. Das Ziel muss vielmehr sein, alle in den KMK Standards für die Lehrerbildung erwähnten Themen angemessen zu berücksichtigen.
In Bezug auf die Item-Entwicklung ergibt sich nun aber folgendes Problem: Die hohe Anzahl an Teilbereichen in den einzelnen Fachdisziplinen, die innerhalb der Ausbildung relevant sind, und die geringe Spezifizierung bei der Themenvorgabe würden die Entwicklung eines repräsentativen Tests erheblich erschweren. Untersucht man beispielhaft die Rahmenvorgaben für den Bereich „Sprachwissenschaft“ (KMK 2008: 40), so ist festzustellen, dass den einzelnen Stichpunkten diverse Unterthemen zuzuordnen sind. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass aufgrund zeitlicher Einschränkungen bei der Testdurchführung nicht genügend Items pro zuzuordnendem Inhaltsbereich gestellt werden können, weshalb in jedem Fall eine repräsentative Auswahl getroffen werden muss.
5.2 Thematische Auswahl zur Item-Entwicklung
In Anerkennung der dargelegten praktischen Probleme bei der Testkonstruktion ist die Projektgruppe darin übereingekommen, jeweils nur einen der in den KMK Standards für die Lehrerbildung genannten Teilbereiche zu operationalisieren. Für das Fach Romanistik fiel die Entscheidung auf den Bereich Sprachwissenschaft. Allerdings wirft diese Einschränkung bei aller Notwendigkeit auch Fragen auf: Inwiefern ist es gerechtfertigt, einen reinen „Linguistiktest“ als Kompetenztest für angehende Lehrkräfte auszugeben? Würde in diesem Fall wirklich das Professionswissen angehender Lehrkräfte gemessen werden, wenn in einem Item beispielsweise geprüft wird, worin der Unterschied zwischen einem Phonem und einem Phon liegt, oder sollten das nicht auch diejenigen Studierenden wissen, die nicht das Lehramtsprofil gewählt haben? Welche weiteren Parameter sind bei dieser Messung notwenig, um die Spezifika bei der Ausbildung von Lehramtsstudierenden zu ermitteln?
Lehramtsstudierende der Fächer Spanisch und Französisch und vermutlich weiterer Fremdsprachen lernen in ihrem Studium, so die Curricula, die Strukturen der Sprache kennen, können sprachliche Varietäten erkennen und beschreiben und werden mit sprachwissenschaftlichen Modellen vertraut. Bei zahlreichen informellen Gesprächen mit Studierenden stellt man allerdings fest, dass auf den ersten Blick für viele nicht klar zu sein scheint, wofür sie dieses Fachwissen als Lehrkraft später benötigen, da sie davon ausgehen, dass sie eine wissenschaftliche Disziplin wie z.B. die Linguistik in der Schule gar nicht unterrichten müssen. Als wichtigen Professionalisierungsbereich für ihre später im Lehrerberuf erforderliche Kompetenz begreifen viele Studierende die Linguistik erst spät im Verlauf des Studiums – manche wohl auch gar nicht. Insbesondere erscheint vielen Lehramtsstudierenden die Diskrepanz zwischen ihren eigenen Studieninhalten und den bei den Schülerinnen und Schülern zu fördernden Kompetenzen, recht groß zu sein, eine wohl nicht nur in den fremdsprachlichen Fächer, sondern auch darüber hinaus sehr verbreitete Kritik. Aus unserem Blickwinkel verweisen wir hierzu auf den am Anfang dieses Beitrags diskutierten ersten Teil eines lehramtsbezogenen Kompetenzprofils, in dem die fachliche Breite und Tiefe eine wesentliche Rolle spielen. Wir müssen aber zugleich einräumen, dass die Einschränkung unserer eigenen Untersuchung auf den Kompetenzprofilbereich zwei dieser verbreiteten Kritik in gewissem Maße Rechnung trägt.
In jedem Fall führten uns die hier angerissenen Problematisierungen und die daraus resultierenden Erkenntnise zu dem Vorsatz, das linguistische Wissen ausdrücklich zu der späteren Tätigkeit als Lehrkraft in Bezug zu setzen und diese Verbindung in den Items fest zu verankern. Für die inhaltliche Ausgestaltung des Tests war es somit erforderlich, genau diejenigen Wissensbereiche zu ermitteln, welche die Lehrkräfte in Ausübung ihres Berufs zur Förderung der fremdsprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler benötigen.
5.3. Operationalisierung der Kompetenzbereiche für die Item-Bildung
Die Schülerkompetenzen werden in den KMK-Bildungsstandards für die erste und die fortgeführte Fremdsprache definiert (KMK 2003 und KMK 2012). Demnach sollen die Schülerinnen und Schüler die folgenden funktional-kommunikativen Fertigkeiten erwerben: Hörverstehen, Leseverstehen, Schreiben, Sprachmittlung und Sprechen. Dazu werden bei den Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (KMK 2003: 8) die sprachlichen Mittel Grammatik, Wortschatz, Orthographie und Aussprache/Intonation aufgeführt, bei denen für die fortgeführte Sprache wird lediglich auf das Verfügen über sprachliche Mittel und kommunikative Strategien hingewiesen (KMK 2012: 12).
Eine Lehrkraft soll selbstverständlich nicht nur selbst über diese Fertigkeiten verfügen, sondern sie soll vor allem dazu in der Lage sein, diese auch bei den Schülerinnen und Schülern zu fördern, wozu sie allerdings selbst umfassende Strukturkenntnisse der zu unterrichtenden Sprache benötigt. Im Unterricht einer modernen Fremdsprache ist die zu vermittelnde Sprechfertigkeit als besonders wichtige kommunikative Fertigkeit anzusehen, was im Allgemeinen auch der besonderen Erwartungshaltung der Schülerinnen und Schüler im Fremdsprachenunterricht entspricht. Es ist gerade der Kompetenzaufbau im aktiven Gebrauch der Fremdsprache, der in erheblichem Maße zu der Motivation der Lernenden beiträgt. Auch stets wiederkehrende kritische Haltungen zum Unterricht lassen sich daraus bisweilen ableiten:
[…] in einschlägigen empirischen Untersuchungen wurde übereinstimmend eine aus Schülersicht beklagte Überbetonung formalsprachlicher Vermittlung im Französischunterricht sowie eine Vernachlässigung des Trainings mündlicher Kommunikationsfähigkeit konstatiert. Eine Fremdsprache „können“ heißt für viele Schüler in erster Linie einmal sie sprechen zu können (Tesch/Grotjahn 2010: 202).
Genau auf diese Teilkompetenz des Sprechens soll das Augenmerk in unserer Teilstudie zum Fach Spanisch gelegt werden. Im Hinblick auf die Testkonstruktion ergibt sich somit die Aufgabe, all diejenigen linguistischen Inhalte herauszufiltern, welche für die Förderung der Sprechkompetenz im Fremdsprachenunterricht relevant sind. Zu diesem Zweck wurden die Bildungsstandards für die erste und die fortgeführte Fremdsprache analysiert. Da die kommunikative Kompetenz zu dialogischem und monologischem Sprechen nicht als isolierte Fertigkeit gilt, sondern nur mit Hilfe des aktiven Gebrauchs sprachlicher Mittel realisiert werden kann, wird diese in die Untersuchung mit einbezogen. Für die Sprechkompetenz sind aber insbesondere die Grammatik, der Wortschatz und die Aussprache bedeutsam. In den entsprechenden Ausführungen zu den einzelnen Kompetenzbereichen in den Standards für die Schülerinnen und Schüler lassen sich Hinweise auf notwendige linguistische Ressourcen entdecken. Anhand des folgenden Beispiels zur Aussprache und Intonation kann dies verdeutlicht werden:
“Aussprache und Intonation
Die Schülerinnen und Schüler
können verschiedenartige Aussprachevarianten der Zielsprache verstehen,
beherrschen die Aussprache in der Weise, dass diese i.d.R. weder auf der Wort- noch auf der Satzebene zu Missverständnissen führt,
können die Zeichen der Lautschrift sprachlich umsetzen.” (KMK 2003: 15).
Bei der Durchsicht der Beschreibungen zu den übrigen Bereichen (Grammatik, Wortschatz, zusammenhängendes und dialogisches Sprechen) sind wir in vergleichbarer Weise verfahren. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die KMK vorwiegend Hinweise auf sprachbeschreibende Disziplinen gibt. Man kann daher beispielsweise dem Bereich der Aussprache und Intonation als