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Testen und Bewerten fremdsprachlicher Kompetenzen. Barbara HingerЧитать онлайн книгу.

Testen und Bewerten fremdsprachlicher Kompetenzen - Barbara Hinger


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gut die Performanz von Lernenden ihre sprachlichen Fähigkeiten im wirklichen Leben abbildet oder diese vorhersagt, ist es notwendig, dass Testmaterialien und Testbedingungen diese zielsprachliche Handlung oder Situation so gut wie möglich replizieren (vgl. McNamara 2000; Stadler 2015b). Bachman & Palmer (1996) argumentieren, dass nur ein Test, der das Prinzip der Authentizität ausreichend berücksichtigt, Generalisierungen und Interpretationen zulässt, die über die erbrachten Testresultate hinausgehen. Morrow (1991) und Wood (1993) betonten bereits Anfang der 1990er Jahre gerade für kommunikativ ausgerichtete Sprachtests die Wichtigkeit von Authentizität, da diese Tests Aussagen über die kommunikative und interaktive Kompetenz der KandidatInnen im realen Leben generieren (authentic assessment) und nicht nur Aussagen über abstrakte Teilfertigkeitsbereiche oder -kompetenzen wie z. B. syntaktisches Wissen zulassen sollen. In diesem Sinne spricht man von einem hohen Grad an Authentizität, wenn Testaufgaben und reale Aufgaben einander möglichst entsprechen. Mit anderen Worten: Wer anhand eines Tests eine Aussage darüber machen will, wie gut jemand eine authentische mündliche Interaktion im Zielsprachenland bewältigen wird, sollte eine möglichst lebensnahe Testaufgabe bereitstellen. Daher sollen moderne Sprachtests auch die Fähigkeit der Lernenden überprüfen, die Zielsprache spontan zu verwenden. Laut Alderson & Cseresznyés (2003) ist der Schlüssel zu kommunikativen Sprachtests, Lernende Aufgaben lösen zu lassen, die sich an echten zielsprachlichen Aufgaben orientieren. Authentizität ist in diesem Sinne auch für die AugenscheinvaliditätAugenscheinvalidität eines Tests ausschlaggebend.

      Authentizität beinhaltet nicht allein die Verwendung von nicht adaptierten Lese- und Hörmaterialien (TextauthentizitätTextauthentizitätTextauthentizität: Authentische vs. didaktisierte und adaptierte Texte), sondern meint vor allem die Echtheit und Lebensnähe der Aufgabenstellung bzw. ihre Wahrnehmung als authentisch und interaktiv (Widdowson 1978). Da in der Literatur neben Text- und Aufgabenauthentizität verschiedene Formen von Authentizität diskutiert werden, ist es legitim zu fragen, welche Form der Authentizität diesen wichtigen Einfluss auf die Performanz denn ausübt. Es scheint Einigkeit darüber zu herrschen, dass der die Performanz bestimmende Einfluss eher von einer authentischen Interaktion der TestkandidatInnen mit dem Text herrührt als von der (Nicht-)Originalität des verwendeten Inputs (vgl. Lewkowicz 2000, 45).

      In der Berücksichtigung des Authentizitätsprinzips liegen jedoch oft große Schwierigkeiten für LehrerInnen als TesterstellerInnen. Zum einen ist es mitunter schwierig bis unmöglich, authentische, nicht vereinfachte Texte für LernerInnen auf niedrigem Niveau zu finden, und selbst wenn dies möglich ist, sind urheberrechtliche Fragen bei der Verwendung oft ungeklärt. Zum anderen sind die Texte durch die Entnahme aus dem ursprünglichen Kontext und die Tatsache, dass sie nunmehr für Testaufgaben genutzt werden, immer zu einem gewissen Grad simulativ und damit nicht mehr authentisch (vgl. Grabe 2009a). Während die gewählte Kommunikationssituation für einen task sehr authentisch sein kann (SituationsauthentizitätSituationsauthentizitätSituationsauthentizität: Authentizität der gewählten Kommunikationssituation), ist die angestrebte Interaktion zwischen Situation/Text und KandidatIn (InteraktionsauthentizitätInteraktionsauthentizitätInteraktionsauthentizität: Authentizität der Interaktion zwischen Situation/Text und KandidatIn) viel schwerer zu erreichen, denn diese wird davon abhängen, was der/die KandidatIn mit dem Text macht, d.h. wie er/sie ihn versteht und bearbeitet, wie er/sie die Aufgabe löst. TesterstellerInnen können und sollten sich jedoch zum Ziel setzen, Aufgaben so lebensnah wie möglich zu gestalten (vgl. Spolsky 1985). Bachman & Palmers (1996, 49f.) task characteristics framework oder ihr aktuelleres Schema des assessment use argument (Bachman & Palmer 2010) stellen eine Unterstützung dar, um die Eigenschaften von Testaufgaben und lebensnahen Aufgaben zu evaluieren und zu vergleichen. Das Schema leitet zu einer umfassenden Charakterisierung von Testaufgaben und zu realen Sprachhandlungsaufgaben an und erlaubt damit einen systematischen Vergleich von Aufgabeneigenschaften (task characteristics).

      4.2.2 Washback

      Das Konzept des WashbacksWashback eines Tests trägt dem Umstand Rechnung, dass Sprachtests nicht abgekoppelt von einem gegebenen Kontext existieren oder entwickelt werden. Sprachtests haben reale Auswirkungen und Funktionen, sowohl auf der Makroebene (Schulsystem und Gesellschaft) als auch auf der Mikroebene (Unterrichtsklasse und Individuen) (vgl. Bachman & Palmer 1996; Wall 1997). Diese Auswirkungen können positiv oder negativ sein (Brown & Hudson 2002) bzw. als solche wahrgenommen werden (Alderson & Wall 1993) und sowohl Individuen (LernerInnen, LehrerInnen, …) als auch Systeme betreffen. Sprachtests entscheiden bspw. über Zugang zu tertiärer Bildung (Abitur, Reife- oder Diplomprüfung), Zulassung zu Arbeits- und Studienmöglichkeiten im Ausland (z.B. Pearson Academic Test of English (PTE Academic), Test of English as a Foreign Language (TOEFL), International English Language Testing System (IELTS), Occupational English Test (OET) etc.) oder auch über Einwanderungs- und Einbürgerungsbescheide (McNamara & Roever 2006).

      Auswirkungen von Tests auf Institutionen, größere schulische oder politische Systeme oder die Gesellschaft als Ganzes werden gemeinhin als ImpactWashback: Auswirkungen eines Tests auf den Unterricht, das Lernen und Lehren sowie die involvierten Personen bezeichnet. Als Washback (oder auch BackwashBackwash) wird speziell der Rückkoppelungseffekt benannt, den Tests auf das Lehren und Lernen von Sprachen, also den Schulunterricht, haben (Hughes 2003)Impact: Auswirkungen von Tests auf das soziale oder politische System und auf das Bildungssystem. Was Teil eines Tests ist, wird im Allgemeinen als wichtig, lern- und unterrichtenswert wahrgenommen. Testinhalte und -praktiken wirken daher oft in verschiedenen Formen auf den Fremdsprachenunterricht. Dies ist sogar wünschenswert, denn Lehren, Lernen und Testen sollten nicht abgekoppelt voneinander oder isoliert betrachtet werden, sondern als gegenseitige Ergänzung und damit integriert gesehen werden (s. Kapitel 10). Es gilt dabei für LehrerInnen, den Balanceakt zwischen solider Testvorbereitung und dem zu Recht kritisch gesehenen teaching-to-the-testteaching-to-the-testTeaching-to-the-test: Unterricht, der ausschließlich auf Testvorbereitung ausgerichtet ist zu meistern. Cheng (2008) hält fest, dass Tests häufig beeinflussen, was gelehrt wird, aber nur bedingt, wie unterrichtet wird (s. auch Alderson & Wall 1993; Cheng 2005), was damit zusammenhängen mag, dass Inhalte einfacher zu gestalten, zu ändern und umzusetzen sind als Unterrichtsmethoden, die meist auf langjähriger Praxis beruhen.

      Das Kriterium des erwarteten positiven Washbacks wird von vielen als derart wichtig eingestuft, dass es mittlerweile auch als Basis einiger prominenter Validierungsmodelle fungiert. Bachman & Palmers (2010) assessment use argument geht beispielsweise davon aus, dass der Start- und Endpunkt jeglicher Testkonstruktion und -verwendung die Frage nach den erwünschten Konsequenzen sein muss. Während die Auswirkungen von Tests bereits in früheren Validitätskonzeptionen mitgedacht wurden (vgl. Messick 1989; Weir 2005a), baut Bachman & Palmers Ansatz deutlich stärker auf diesem Kriterium auf und stellt es gewissermaßen über die anderen Prinzipien. Eine Fokussierung auf die Frage nach dem „Warum“ des Testens ist zwar wünschenswert, dennoch birgt eine solche Schwerpunktsetzung durchaus Probleme in sich, da Konsequenzen nur selten abzuschätzen und klar zu bewerten sind (Bailey 1996; Fulcher 2014). McNamara (2000) hält fest, dass WashbackWashback nicht nur von einem Testinstrument selbst, sondern auch von zahlreichen anderen Faktoren wie den lokalen Bedingungen in einer Klasse, den etablierten Lehr- und Lerntraditionen, der Motivation der Beteiligten und der Interaktionsdynamik in einer Lerngruppe abhängig sein kann. In diesem Sinne ist es wichtig, die individuellen und sozialen Konsequenzen von Tests zu berücksichtigen und ggf. auch entsprechend zu hinterfragen.

      Hughes (2003) schlägt Fremdsprachenlehrenden folgende Strategien vor, um positiven Washback für den Unterricht zu erwirken:

       Überprüfen Sie die sprachlichen Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen, die Sie fördern wollen, anstatt das zu überprüfen, was sich leicht überprüfen lässt.

       Testen Sie direkt und authentisch, um die Kongruenz zwischen Unterrichtszielen und Testschwerpunkten zu erhöhen.

       Stellen Sie sicher, dass LernerInnen mit dem Test, seinen Formaten und Anforderungen vertraut sind.

       Bewerten Sie kriterienorientiertkriterienorientierte Bewertung anstatt


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