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Didaktik und Neurowissenschaften. Michaela SambanisЧитать онлайн книгу.

Didaktik und Neurowissenschaften - Michaela Sambanis


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alle Didaktikerinnen und Didaktiker in der Leserschaft. Allerdings ist zu beachten, dass einige der Rahmenbedingungen, die in natürlich auftretenden Lernprozessen normalerweise vorhanden sind, im Unterricht u.U. fehlen. Hierzu gehören z.B. die spontane Bindung der Aufmerksamkeit (vgl. Kap. 3) und die damit zusammenhängende Motivation (vgl. Kap. 4), die Lernprozesse und die Verankerung von Gedächtnisinhalten unterstützen (vgl. Kap. 6).

      Ausgewählte Literaturhinweise

      Johnson, M.H. & De Haan, M. (2015): Developmental cognitive neuroscience: An introduction. Chichester: Wiley-Blackwell.

      Price, D.J., Jarman, A.P., Mason, J.O. & Kind, P.C. (2011): Building brains: an introduction to neural development. Oxford u.a. : Wiley-Blackwell.

      Siegler, R., Eisenberg, N., DeLoache, J. & Saffran, J. (2016): Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. Berlin; Heidelberg: Springer-Verlag.

      3. AufmerksamkeitAufmerksamkeit und KonzentrationKonzentration als Leistungen des Gehirns

      „Das Gehirn lernt immer, es kann gar nicht anders“, formuliert der Hirnforscher Manfred Spitzer in einem Artikel der Zeit 2003. Das ist sicherlich richtig. Jede Erfahrung, jedes Erlebnis, jeder eigene Gedanke und jedes Gefühl hinterlässt Spuren im Gehirn – Spuren in Form veränderter Verbindungen zwischen NervenzellenNervenzellen. Unwillkürlich leitet unser Gehirn aus den Wahrnehmungen Regelmäßigkeiten, MusterMuster und Wiederholungen ab (vgl. Shanks & John 1994). Selbst dann, wenn wir gar nicht das Ziel haben zu lernen. Auf diese Weise erlernen Kinder beispielsweise die Grammatik ihrer Umgebungssprache(n). Ihre AufmerksamkeitAufmerksamkeit gilt den sprachlichen Inhalten und noch stärker der sozialen Interaktion. Kein Kleinkind versucht bewusst, grammatikalische Regeln mitzulernen. Das geschieht ganz nebenbei, ohne Anstrengung, ohne Lernintention und ohne dass der LernprozessLernprozesse bewusst wird. Dieses implizite Lernenimplizites Lernen führt zu anwendbarem Wissen, es ist aber nicht möglich, die dem Wissen zugrunde liegenden Regeln oder Gesetzmäßigkeiten zu verbalisieren (vgl. Reber 1989).

      Für gezielte LernprozesseLernprozesse, planvolles Lernen, den Aufbau von bewusstem, komplexem und abstraktem Wissen, von Wissen, das sich nicht direkt aus der täglichen Anschauung ableiten lässt, braucht es aber mehr als das rein ereignis- und zufallsgesteuerte implizite Lernenimplizites Lernen. Es bedarf der Fähigkeit, relevanten Inhalten und Tätigkeiten geplant und gezielt AufmerksamkeitAufmerksamkeit zuzuwenden und Lernprozesse ganz bewusst zu steuern. Damit das gelingt, sind Aufmerksamkeits- und Handlungssteuerung (exekutive Funktionen, vgl. 3.5.2) notwendig. In diesem Kapitel werden die neurowissenschaftlichen Grundlagen von Aufmerksamkeitsprozessen, ihre Bedeutung und mögliche Maßnahmen zur Unterstützung derselben besprochen.

      3.1 AufmerksamkeitAufmerksamkeit in Pädagogik und Hirnforschung

      „Die AufmerksamkeitAufmerksamkeit ist für die Erziehung ein so wichtiger Gegenstand, dass ihr eine ausführlichere Betrachtung muss gewidmet werden“ (vgl. Herbart 1841: 49). Dieser Aussage des deutschen Pädagogen und Philosophen Herbart (1776–1841) werden sicherlich ebenso viele Praktikerinnen und Praktiker wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen zustimmen. Umso interessanter ist es, dass der pädagogisch-didaktische Diskurs zum Thema Aufmerksamkeit, der bis in 19. Jahrhundert intensiv geführt wurde, bis zum 21. Jahrhundert zum Erliegen gekommen war (vgl. von Stechow 2015). Teilweise mag das darin begründet liegen, dass die bis zu dem Zeitpunkt erarbeiteten Konzepte der Praxis ausreichende Orientierung boten, teilweise auch daran, dass veränderte Unterrichtsformen den Blick auf andere Aspekte des Lernens lenkten.

      Inzwischen ist der Bedarf, sich mit dem Thema AufmerksamkeitAufmerksamkeit zu beschäftigen, wieder angestiegen, insbesondere im Zusammenhang mit zunehmenden Klagen aus der Praxis über mangelnde Aufmerksamkeit und Aufmerksamkeitsprobleme vieler Schülerinnen und Schüler. Während im 19. Jahrhundert „die Herstellung von Aufmerksamkeit und Disziplin im Klassenzimmer als originäre pädagogische Aufgabe angesehen wurde“ (von Stechow 2015: 11), wird Aufmerksamkeit bzw. Unaufmerksamkeit in der aktuellen Debatte „als die in der Disposition der Person verankerte Antwort auf Erscheinungen des modernen (Großstadt-)Lebens“ (Reh 2015: 71) verstanden. Dabei stehen der medizinische Diskurs und als Reaktion darauf der gesellschafts- und kulturkritische Diskurs im Vordergrund. Zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der beiden Richtungen sowie auf der Seite der rezipierenden pädagogischen Fachkräfte sind im Laufe der Zeit einige Irrtümer und Missverständnisse entstanden, die dem Dialog und der Nutzung der Erkenntnisse der unterschiedlichen Disziplinen zur Erlangung eines vollständigen und ganzheitlichen Bilds des Phänomens Aufmerksamkeit im Wege stehen.

      Gemäß ihrem Auftrag beschäftigt sich die Medizin mit Diagnose und Therapie von Erkrankungen. Daher kann es nicht verwundern, dass in der Medizin im Hinblick auf die AufmerksamkeitAufmerksamkeit Untersuchungen zum Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHSAD(H)S, früher Hyperkinetisches Syndrom HKS) einen Schwerpunkt darstellen und diesem Syndrom ein Krankheitswert zugeschrieben wird. Auch aus neurowissenschaftlicher Sicht sind Studien und Erklärungsmodelle zu ADHS äußerst interessant. Die Untersuchung von ADHS eröffnet die Möglichkeit, neuronale Grundlagen eines wichtigen Aspekts von Aufmerksamkeit zu untersuchen, nämlich die Grundlagen der bewussten Aufmerksamkeits- und Handlungskontrolle. Selbstredend sind dabei neuronale und neurophysiologische Aspekte von ADHS der Untersuchungsgegenstand, etwa die Verbindungen zwischen Nervenzentren und die Rolle neuronaler Botenstoffe für die funktionierende oder eben nicht funktionierende Aufmerksamkeitskontrolle. Dabei werden auch die genetischen Grundlagen dieser neurobiologischen Prozesse einbezogen.

      Ein erstes, grundlegendes Missverständnis besteht nun darin, dass angenommen wird, medizinisch-neurowissenschaftliche Studien und die daraus erwachsenden Erklärungsmodelle für Erkenntnisse zu ADHSAD(H)S könnten als Erklärung für alle Formen von Unaufmerksamkeit und Desinteresse bei Schülerinnen und Schülern betrachtet werden. Das ist sicherlich nicht der Fall. In medizinischen Kreisen wird nicht übersehen, dass vielfältige andere Ursachen körperlicher und nichtkörperlicher Art Unaufmerksamkeit hervorrufen können (z.B. Schlafmangel, Fehlernährung, psychische Erkrankungen, Störungen der Schilddrüsenfunktion, Schädel-Hirn-Traumata, psychische Traumata, mangelnde Motivation, psychische oder familiäre Belastungssituationen, Mobbing).1

      Das zweite Missverständnis entsteht, wenn man die oben beschriebene medizinische Perspektive und den gesellschafts- und kulturkritischen Diskurs, der gesellschaftliche Veränderungen und damit Veränderungen der Lebensbedingungen als Ursache für ADHSAD(H)S/Aufmerksamkeitsprobleme betrachtet,2 als miteinander unvereinbar gegenüberstellt (z.B. von Stechow 2015: 12). Auch wenn diese Interpretation einer Unvereinbarkeit der Positionen des Öfteren vorgebracht wird, entbehrt sie doch jeder wissenschaftlichen Grundlage und hat keinerlei Erklärungswert. Sie ist lediglich eine Variante der Nature-versus-Nurture-Debatte, die im vergangenen Jahrhundert geführt wurde. Seit Beginn des aktuellen Jahrhunderts liegen ausreichend Belege dafür vor, dass das Zusammenspiel natürlicher Anlagen und umweltbedingter Erfahrungen so eng und wechselseitig rekursiv verwoben ist, dass eine Trennung oder Gegenüberstellung der Positionen das Verständnis der Entstehung von Merkmalen lebender Organismen nicht unterstützt, sondern vielmehr behindert. Wie in Kapitel 2 ausführlich beschrieben, entwickeln sich sämtliche Hirnfunktionen unter dem Einfluss der von außen kommenden Erfahrungen. Das gilt auch für die Entwicklung der AufmerksamkeitAufmerksamkeit. Ohne Erfahrungen und die Auseinandersetzung mit der Umwelt finden Entwicklung, neuronale Verknüpfungen und LernprozesseLernprozesse nicht statt und sind daher ohne eine Berücksichtigung der Lebens- und Erfahrungsbedingungen auch nicht zu verstehen (vgl. 2.7).

      Insgesamt gilt es, die Diskurse und die Erkenntnisse der verschiedenen Disziplinen zusammenzuführen und dabei AufmerksamkeitAufmerksamkeit sowohl als Eigenschaft des lernenden Individuums als auch im pädagogisch-didaktischen Sinne als Bestandteil und Voraussetzung des Lehr-und LernprozessesLernprozesse zu betrachten. Das ist kein einfaches Unterfangen, zumal unter dem Begriff Aufmerksamkeit unterschiedliche Konstrukte zusammengefasst werden, die sich teilweise ergänzen, teilweise unabhängig voneinander sind und unterschiedliche Funktionen haben. Die Gemeinsamkeit der verschiedenen Konstrukte wird in einem Zitat von William James (1842–1910) deutlich:

      Jeder


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