Эротические рассказы

Gesammelte Werke. Sinclair LewisЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke - Sinclair Lewis


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strahlte wie ein Gast von der Sonne – blonde Locken, niedrige Stirn, schöne Nase, ein Kinn, das glatt, aber nicht aufgerauht vom Sonntagsrasieren war. Seine Lippen erschreckten sie. Die Lippen der Menschen in Gopher Prairie liegen flach im Gesicht, gerade und mürrisch. Der Mund des Fremden war gewölbt, die Oberlippe kurz. Er hatte eine braune Wolljacke an, eine leuchtend blaue Schleife, ein weißes Seidenhemd, weiße Flanellhosen.

      Jemand aus Minneapolis, der aus geschäftlichen Gründen hier war? Nein. Das war kein Geschäftsmann. Das war ein Dichter. Keats stand in seinem Gesicht und Shelley, und Arthur Upson, den sie einmal in Minneapolis gesehen hatte.

      Mit unterdrückter Belustigung hörte er dem lärmenden Herrn Zitterel zu. Carola schämte sich, daß dieser Spion aus der großen Welt das Gefasel des Pastors hörte. Sie fühlte sich verantwortlich für den ganzen Ort. Sie ärgerte sich darüber, daß er über diese Privatriten lachte. Sie wurde rot, wandte sich ab. Aber auch dann noch fühlte sie, daß er da war.

      Wie konnte sie ihn kennenlernen? Sie mußte! Um eine Stunde mit ihm zu sprechen. Er war alles, wonach es sie hungerte. Sie konnte ihn nicht gehen lassen, ohne mit ihm geredet zu haben – und doch würde sie es tun müssen.

      Nach dem Gottesdienst stand sie auf, nahm sorglich Kennicotts Arm und lächelte ihm stumm zu: was immer auch geschehen sollte, sie würde ihm treu sein. Hinter den zartbraunen Wollschultern des Rätsels ging sie aus der Kirche.

      Fatty Hicks, der laute und dicke Sohn Nats, zeigte mit der Hand auf den schönen Fremden und höhnte: »Was macht das Bubi? Wieder mal fein herausgeputzt, was?«

      Carola hatte ein Gefühl der Übelkeit. Ihr Herold von der Außenwelt war Erik Valborg. »Elizabeth«.

      3

      Sie aßen bei den Smails zu Mittag. Carola fragte gleichgültig:

      »Äh – Will, ob' der junge Mann in den weißen Flanellhosen heute vormittag in der Kirche nicht der Valborg war, von dem alle Leute reden?«

      »Ja. Das ist er. Was der angehabt hat, was!« Kennicott kratzte einen weißen Fleck von seinem braunen Rockärmel ab.

      »Ich hab's gar nicht so schlimm gefunden. Wo er wohl herkommt? Er scheint ziemlich viel in Städten gelebt zu haben. Ist er aus dem Osten?«

      »Osten? Der? Nanu, der kommt von einer Farm hier oben im Norden. Seinen Vater kenn' ich flüchtig – Adolph Valborg – typischer, verdrehter, alter, schwedischer Bauer.«

      »So, wirklich?«

      »Ich glaub', er hat aber tatsächlich einige Zeit in Minneapolis gelebt. Hat dort sein Handwerk gelernt, und ich muß sagen, er hat auch irgend was los. Liest 'ne Menge. Pollock sagt, er holt sich mehr Bücher aus der Bibliothek als sonst wer in der Stadt.«

      Onkel Whittier bemächtigte sich des Gesprächs. »Der Bursche, der bei Hicks arbeitet? 'n Schlappschwanz ist er. 's geht mir auf die Nerven, wenn ich mit ansehn muß, daß 'n junger Kerl, der im Krieg sein oder sich wenigstens draußen aufm Feld ehrlich sein Brot verdienen sollte, wie ich's als junger Mensch gemacht hab', wenn so 'n Kerl Weiberarbeit tut und sich dann noch hinstellt und anzieht wie 'n Komödiant! Du lieber Gott, wie ich in seinem Alter war –«

      Carola dachte, das Tranchiermesser würde einen ausgezeichneten Dolch abgeben, um Onkel Whittier damit zu ermorden. Es würde so leicht hineingehen. Die Zeitungsüberschriften würden schrecklich aussehen.

      Kennicott blieb ruhig und sagte: »Oh, ich will nicht ungerecht gegen ihn sein. Ich glaub', er hat sich gestellt und untersuchen lassen. Er hat Krampfadern – nicht schlimm, aber so, daß er untauglich ist. Trotzdem muß ich sagen, er sieht mir nicht danach aus, als ob er besonders scharf drauf war', sein Bajonett einem Hunnen in den Bauch zu jagen.«

      »Will! Bitte!«

      »Na, er wird ja nicht. Sieht mir 'n bißchen schlapp aus. Und er soll auch, wie er sich am Sonnabend das Haar hat schneiden lassen, gesagt haben, er würde gern Klavierspielen können.«

      »Ist es nicht wunderbar, daß wir in so einem Ort wie hier alles voneinander wissen«, sagte Carola unschuldig.

      Kennicott war mißtrauisch, aber Tante Bessie, die gerade den Flammerie mit Himbeersauce auftischte, stimmte zu: »Ja, es ist wunderbar. In den fürchterlichen Großstädten können die Leute mit ihren Gemeinheiten und Sünden weiterkommen, aber hier nicht. Heute vormittag hab' ich beobachtet, daß der Schneider, wie Frau Riggs ihm angeboten hat, mit ihr in ihr Gesangbuch zu schauen, den Kopf geschüttelt hat, und während wir gesungen haben, hat er die ganze Zeit dagestanden wie ein Holzklotz und hat den Mund überhaupt nicht aufgemacht. Alle sagen, er bildet sich ein, daß er weiß Gott wieviel bessere Manieren und so weiter hat als wir, aber wenn er das gute Manieren nennt, na, dann weiß ich nicht!«

      Carola betrachtete wieder das Tranchiermesser, Blut auf dem schneeweißen Tischtuch müßte wunderschön aussehen.

      Dann: »Gans! Hysterische Phantastin! Sich Märchen erzählen – mit dreißig … Du lieber Gott, bin ich wirklich dreißig? Der Junge kann nicht älter sein als fünfundzwanzig.«

      4

      Sie machte einen Besuch.

      Bei der Witwe Bogart wohnte Fern Mullins, ein Mädchen von zweiundzwanzig Jahren, das im kommenden Schuljahr Englisch-, Französisch- und Turnunterricht geben sollte. Fern Mullins war schon früher hergekommen, um dem Sechswochen-Kurs für Landlehrer beizuwohnen. Carola hatte sie auf der Straße gesehen und über sie fast ebensoviel gehört wie über Erik Valborg. Die neue Lehrerin war schlank, fast etwas dürftig, hübsch und unverbesserlich salopp. »Sie sieht aus, wie 'n ganz leichtfertiges Ding«, sagten alle Frau Sam Clarks mißbilligend und alle Juanita Haydocks neidvoll.

      An diesem Sonntagnachmittag saßen die Kennicotts in breiten Liegestühlen neben dem Haus und sahen Fern mit Cy Bogart lachen, der wohl noch in der Hochschule, aber schon ein ganzer Mannskerl war, nur zwei oder drei Jahre jünger als Fern. Cy mußte wegen wichtiger Angelegenheiten, die mit dem Billardzimmer zu tun hatten, in die Stadt. Fern saß wieder niedergeschlagen auf ihrer Veranda, das Kinn in die Hand gestützt.

      »Sie sieht 'n bißchen einsam aus«, sagte Kennicott.

      »Wirklich, das arme Ding. Ich denke, ich geh' hinüber und unterhalt' mich ein bißchen mit ihr. Ich hab' sie bei Dave kennengelernt, aber noch nicht besucht.« Carola glitt über den Rasen, eine weiße Gestalt in der Dämmerung, über das tauige Gras huschend. Erik fiel ihr ein, sie dachte daran, daß sie nasse Füße bekam, ihr Gruß klang uninteressiert: »Hallo! Der Doktor und ich haben gemeint, Sie fühlen sich vielleicht einsam.«

      Verdrießlich: »Das bin ich auch!«

      Carola wurde wärmer. »Meine Liebe, man hört's Ihnen auch an! Ich weiß, wie das ist. Ich war auch immer müde, wie ich noch in Stellung war – ich war Bibliothekarin. In welchem College waren Sie? Ich war im Blodgett.«

      »Ich war an der Universität von Minnesota.« Dann etwas interessierter: »Wo waren Sie Bibliothekarin?«

      »In St. Paul – an der Hauptbibliothek … Haben Sie im College einen Theaterverein gehabt? Ich hab' hier mal versucht, etwas mit einer Kleinbühne zu machen. Es war schauderhaft. Davon muß ich Ihnen erzählen –«

      Als Kennicott zwei Stunden später über den Rasen kam, Fern begrüßte und gähnte: »Hör mal, Carrie, meinst du nicht, wir sollten ans Schlafengehen denken? Ich hab' morgen 'nen ziemlich schweren Tag«, sprachen die beiden so eifrig, daß sie einander beständig unterbrachen.

      Als Carola zum Haus hinüberging, vom Gatten geleitet, die Röcke zierlich geschürzt, jubelte es in ihr: »Alles ist anders geworden! Ich habe zwei Freunde, Fern und – Aber wer ist denn der andere? Das ist komisch; ich dachte, es wäre noch – Ach, wie abgeschmackt!«

      5

      Sie begegnete Erik Valborg oft auf der Straße; die braune Wolljacke war kein ungewöhnlicher Anblick


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