Das Wunder der Heilung. Patric PedrazzoliЧитать онлайн книгу.
ab und ging weg.
Nachdem ich langsam zu mir kam, stand ich auf und ging über die Treppen in den Ganges. Ich tauchte dreimal in den Fluss und kam wieder heraus. Dann trocknete ich mich ab und wartete auf die anderen drei, die auch gebadet hatten. Nun, ich weiß nicht genau, was im Wasser passiert war, jedoch war es anschließend bei mir im Kopf sehr still und das dauerte fast fünf Monate an. Ich sah meine Umwelt plötzlich ganz anders, oder sagen wir besser ganz neu an. Alles leuchtete, jeder Baum, jede Pflanze, sogar die Steine am Boden hatten alle eine leuchtende Aura. Da es still war in meinem Kopf, war jeder Moment neu, ich war auf einmal im Jetzt angekommen, ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Ich hatte mit meinem bisherigen Leben abgeschlossen, meinem Leben im Materialismus.
Wir liefen dann zu den Bussen und auf der Treppe gab es ein leichtes Gedränge. Plötzlich kamen ungefähr acht Polizisten und begannen, mit ihren Schlagstöcken wahllos auf die Leute – egal ob Kinder oder Erwachsene oder ältere Menschen – einzuschlagen. Ich stand gerade auf der obersten Treppenstufe, als die Polizisten loslegten. Ganz aus dem Nichts heraus nahm ich meine Finger in den Mund und begann so laut es ging zu pfeifen. Neben dem Ton kam auch so viel Energie aus mir heraus, dass alle Polizisten sofort aufhörten, auf die Leute einzuschlagen. Sie schauten mich verdutzt an, verweilten noch kurz und gingen dann weg. Ich war sehr erstaunt über mein Handeln und auch über das Geschehene, es kam mir vor, als hätte ich nicht selbst gehandelt, sondern als wäre aus mir heraus gehandelt worden.
Wir liefen weiter zu den Bussen und fuhren nach Rishikesch zurück. In meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich aufs Bett und schaute zufällig auf meine Handflächen. Erschrocken sah ich genauer hin, hatte ich doch noch ein paar Tage zuvor meine Handlinien vom Yogi lesen lassen und meine Linien genau gesehen. Nun waren sie alle gelöscht. Meine Handlinien waren weg, es waren nur noch die drei Hauptlinien da. In den nächsten Monaten kamen dann neue Linien hinzu. Erschöpft und erstaunt legte ich mich hin und schlief ein. Ich schlief fast zwei Tage durch, so müde war ich. Na, das spirituelle Leben kann auch müde machen.
Ein Nachtrag, später erfuhr ich, dass an diesem Badetag am Ostermontag rund acht Millionen Menschen im Ganges waren. Es war ein ganz besonderer Tag: Alle Planeten standen in einer Linie und an diesem Tag fließt laut den Veden (Urschriften der indischen Weisen) der Nektar der Unsterblichkeit durch den Ganges. Na, wenn sich das nicht großartig und spirituell anhört, dann weiß ich auch nicht.
Die Reise an die Quelle des Ganges
Einige Tage nach unserem Bad im Ganges zog es mich hinauf in den Himalaya, an die Quelle des Ganges nach Kedernath, einem heiligen Platz Shivas, von da kann man den circa zehn Kilometer langen Bergweg hinauf zur Quelle laufen, zum Gletschertor Gaumukh, wo der Ganges aus dem Eis eines Gletschers entspringt. Meine drei Weggefährten – Paolo, Hanuman und auch Pati – kamen mit und wir fuhren zuerst mit einem Postjeep einige Stunden in den Himalaya. Schon die Fahrt diese engen Straßen hinauf war ein großes Abenteuer. Aufgrund der Kumbh Mela waren enorm viele Pilger in Bussen, Vans und Privatautos, mit dem Fahrrad und auch zu Fuß unterwegs. Unser Schlafplatz am Abend war eine kleine Pilgerpension mit einer warmen Quelle. Wir badeten noch ein wenig und gingen danach schlafen.
Mitten in der Nacht erwachte ich und hörte eine Stimme meinen Namen rufen. Ich hatte keine Angst, obwohl ich sie nicht kannte, war es eine mir sehr vertraute Stimme. Ich verließ mein Zimmer und ging zu der warmen Quelle, dort stand ein leuchtender Mann. Aus allen Poren seines Körpers floss Licht. Er sprach eine Weile mit mir und gab mir einige Unterweisungen und Aufgaben mit auf den Weg. Danach verschwand er vor meinen Augen, er löste sich einfach auf. Mein ganzer Körper zitterte vor Aufregung, Energie und von dem gerade Erlebten. Es sprengte mein bisheriges Bewusstsein, was möglich ist und was nicht. Alle meine Vorstellungen von dem, was real und nicht real war, relativierten sich in einem Augenblick. Liebe Leser, das alles gibt es wirklich, wir sind alle viel mehr als wir denken und viel mehr, als wir zu sein scheinen. Wir sind grenzenlose Energie und es ist nichts unmöglich. Es gibt in Indien ein Sprichwort »India: everything is possible«, Indien – alles ist möglich. Nun, heute weiß ich, dass das für überall auf der Welt gilt: Alles ist jederzeit möglich.
Am nächsten Morgen warteten wir auf eine Mitfahrgelegenheit weiter hoch Richtung Kedernath. Eine Familie in einem Kleinbus nahm uns dann schlussendlich mit. Wir fuhren wiederum einige Stunden hoch in den Himalaya. Als wir über eine schmale Brücke fahren wollten, kam uns ein Lastwagen in hohem Tempo entgegen, der ohne Rücksicht auf die kleineren Fahrzeuge fuhr. Unser Fahrer musste ausweichen, und, oh Schreck, das Auto wurde von einer Leitplanke der Brücke an der Seite regelrecht aufgeschlitzt. Wir hatten großes Glück, dass auf der Seite, wo die Leitplanke bis ins Innere des Kleinbusses drang, niemand saß. Nach dem Schock mussten wir kurz anhalten, die Chauffeure schrien sich an und jeder sagte jedem seine Meinung, wer da nun Schuld sei. In Indien ist das immer so eine Sache, da es keine Verkehrsregeln gibt, obwohl, besser gesagt, es gibt sie schon, doch keiner befolgt sie, gilt hier die Hupe und das stärkere und größere Fahrzeug hat Vorfahrt. Nun gut, ich weiß nicht mehr, wie es ausgegangen ist, jedoch fuhren wir dann mit einer offenen Autoseite mehrere Stunden weiter bis nach Kedernath.
Dort war es wieder einmal so, dass es fast keine Unterkünfte gab. Trotzdem fanden wir ziemlich rasch etwas in einem Hare Krishna Ashram. Alles war sehr einfach eingerichtet, und wer schon mal in Indien war, kennt sicherlich das Gefühl, wie es ist, wenn die Matratze und das Kissen leben. Am Abend saßen wir wieder beieinander und philosophierten wie so oft über Gott und die Welt. Ich schaute ganz verträumt Pati an, als ich plötzlich ein ganz altes Gesicht in ihm sah, es änderte sich dann rasch zu einem ganz jungen Gesicht, wurde wieder älter zu einem römischen Gesicht mit Helm und Lanze, danach zu einem chinesischen Greis, und das wiederholte sich mehrmals mit verschiedenen Personen in männlichen und weiblichen Formen. Ich sah auf einmal und in kürzester Zeit mehrere Reinkarnationen von Pati, und das alles im Hier und Jetzt. Das zeigte mir, dass wir, so wie wir sind, im Hier und Jetzt, Hunderte von verschiedenen Reinkarnationen gleichzeitig in uns tragen und dass sie von Zeit und Raum unabhängig sind. Diese Visionen verschwanden, so wie sie gekommen waren.
Am nächsten Morgen war es ziemlich neblig und noch sehr kalt, obwohl wir bereits April hatten. Die Wege hinauf in den Himalaya waren erst vor einigen Tagen wieder begehbar geworden. Pati und ich waren die Einzigen, die die Wanderung hinauf zur Quelle in Angriff nahmen, die anderen blieben zurück und warteten auf uns. Nach fast sechs Stunden Fußmarsch kamen wir oben in einem kleinen Ashram an, wo wir übernachteten, um am nächsten Morgen ganz in der Früh zum Gletscher weiterzulaufen. Ich war fast am Verhungern und der Hüter des Ashrams gab mir einen kleinen Teller mit kaltem Reis mit Wasser und etwas Ungesalzenem darin, es schmeckte widerlich, doch was isst man nicht alles, wenn man Hunger hat. Übrigens aß ich seit ungefähr zwei Monaten kein Fleisch mehr. Da es in Rishikes und Umgebung kaum Fleisch gab, wurde ich Zwangsvegetarier und behielt das dann gleich bei. In Indien gibt es sowieso fast 700 000 Vegetarier, nun sind es halt 700 000 und einer.
Am nächsten Morgen liefen Pati und ich los. Der Weg wurde immer schmaler, steil im Felsen überquerten wir oft Reste von Lawinen oder es kamen Steinschläge herunter. Ganz achtsam und aufmerksam nahmen wir Schritt für Schritt. Unglaublich, aber wahr, manchmal begegneten wir Pilgern, Babas, Sadhus und Yogis, die kaum bekleidet und barfuss durch Schnee, Eis und Felsen liefen. Plötzlich kam über uns ein Felsen ins Rutschen und schob eine Steinlawine mit, die direkt auf uns zu rollte. Pati schrie auf und ich sah schon unser Leben an uns vorbeirauschen. Plötzlich stand ein Yogi neben uns, nahm Pati und mich bei der Hand und wie durch ein Wunder standen wir plötzlich ein paar Hundert Meter weiter vorn in Sicherheit. Ohne mit der Wimper zu zucken, schaute uns der Yogi kurz an, nickte und ging seinen Pilgerweg weiter. Was war das nun? Pati und ich schauten uns an und konnten nicht begreifen, was gerade passiert war. Wie kamen wir hierhin? Vorhin standen wir noch weit weg von hier auf dem Weg, der gerade von einer Steinlawine überrollt wurde. Das ist doch nicht möglich! Doch, das ist es!
Nach einigen Minuten der Erholung und der Verarbeitung des unfassbaren Erlebnisses liefen wir weiter. Mein Leben war von diesem Moment an noch einmal umgekrempelt. Schon wieder war etwas geschehen, was nach meinem bisherigen Weltbild nicht möglich war und trotzdem passierte. Von nun an galt, dass alles möglich ist, und das Wort unmöglich habe ich aus meinem Verstand gestrichen. Wir liefen weiter bis zur Quelle des Ganges, die auf circa 4800