Seelenzucker. Patric PedrazzoliЧитать онлайн книгу.
aufsitzen und etwas üben – oder praktizieren –, was wir nie erreichen können. Denn das Wort heißt ER-leuchtung und hat mit einer ICH-leuchtung nichts zu tun. Also wer setzt sich hin und meditiert? Jetzt wirst du wohl sagen: »Ja ich, wer denn sonst?« Aber wie wollen wir mit unserem Ich etwas erreichen, das mit dem Ich nichts zu tun hat?
Das Ich, das wohl in unserem Kopf gespeichert ist, aus circa einem Kilogramm Fett besteht und im Wasser schwimmt – also das Gehirn – hat etwas gelesen oder gehört von der Erleuchtung und sagt dir nun, dass du meditieren kannst, um diese sogenannte Erleuchtung zu erlangen. Nun, es mag ja sein, dass wir durch viel Meditieren zu der Erkenntnis kommen werden, dass wir nicht meditieren müssen, um etwas zu erreichen, was wir bereits sind. Doch solange du meditierst und auf das Ziel wartest, wartet die Erleuchtung auf dich. Du selbst bist bereits die Erleuchtung – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche -, also immerwährend.
Wir sind bereits das Licht der Sonne, also die Erleuchtung selbst, doch unser Fokus liegt auf dem Ich, das wie Wolken vor der Sonne liegt. Nun setzen wir uns auf diese Wolke und meditieren darauf, das Ich zum Leuchten zu bringen. Was meinst du, könnte das gelingen? Sieh dir Kinder an, die voller Energie sind, voller Lebensfreude und Glückseligkeit. Sie sind Meditation pur, immerwährend im JETZT lebend, die haben sich noch nie zum Meditieren hingesetzt oder darüber nachgedacht. Es gibt nichts zu meditieren, denn solange ich meine, meditieren zu müssen, um etwas zu erreichen, was ich längst bin, solange bin ich im Mangel und abgetrennt vom Universum. Wer das Gefühl hat, ein Ziel, die Erleuchtung zu haben, wird immer und jahrhundertelang der Erleuchtung nachrennen, bis zu seiner spirituellen Erschöpfung. An alle Meditierenden oder die, die es noch praktizieren: Ich möchte euch nichts wegnehmen. Meditiert ruhig weiter, doch schaut euch meine Worte mal in der Meditation an und taucht tief in euer Wesen hinein.
Wenn ihr meditiert, dann hoffentlich mit Freude, denn Meditation ist wie ein wunderbares Essen zu zweit am Abend unter dem Sternenhimmel bei Kerzenlicht an einem der schönsten Strände dieser Welt. Also genießt es und strengt euch dabei nicht an, um mit der Meditation ein Ziel zu erreichen, was ihr bereits seid. Die Er-Leuchtung ist immerwährend bei dir. Du bist die ER-Leuchtung gerade jetzt. Also suche sie nicht, denn dort, wo du sie suchst, wirst du sie nie finden. Somit hört hier und jetzt jede Suche auf nach etwas, was du bereits bist. Meditiere ohne einen Meditierenden.
Das perfekte Haus
Ein Einsiedlerkrebs lebte auf dem Meeresboden ganz in der Nähe einer schönen Koralle. Er besaß ein feines Schneckenhaus, in das er sich jederzeit zurückziehen konnte. Doch eines Tages schien ihm sein Schneckenhaus nicht mehr gut genug zu sein: »Ich bin ein angesehener Einsiedlerkrebs und sollte mir ein neues Haus suchen«, sagte er zu sich. »Ich habe einfach etwas Besseres verdient.« Und so verließ er sein Schneckenhaus und machte sich auf die Suche. Dutzende, ja sogar Hunderte von Schneckenhäusern probierte der Krebs aus, aber keines erfüllte seine Erwartungen. Das eine war zu groß, das andere zu klein, wieder ein anderes hatte einen Riss und das nächste nicht die richtigen Farben. Entmutigt setzte er sich in den Sand. Da fiel sein Blick auf ein weiteres Schneckenhaus. Er mobilisierte noch einmal alle Kräfte, kroch zu diesem Schneckenhaus und schlüpfte hinein. Und ja, das war das vollkommene Schneckenhaus! Es passte genau, es sah wunderschön aus und er fühlte sich auf Anhieb ganz zu Hause. Selig schlief er ein.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, fiel sein Blick auf die schöne Koralle ganz in seiner Nähe. Darauf besah er sich das Schneckenhaus genauer … und es war exakt das Haus, das er verlassen hatte, um sich ein besseres zu suchen.
TANIA KONNERTH
(Aus: Aus der Schatzkiste des Lebens. Geschichten,
die ein Lächeln schenken, Freiburg, 2008)
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