Sieben Schritte zur Ewigkeit. Stephen TuroffЧитать онлайн книгу.
sah andere Menschen. Es waren junge Paare darunter, die Hand in Hand gingen; offenbar hatten sie seit ihrer Ankunft zusammengefunden. Wie glücklich sie aussahen!
Recht besehen hatte ich niemals eine feste Freundin gehabt; doch was ich nie gehabt hatte, würde ich auch nicht vermissen. Es war ein so wunderbarer Tag, dass ich zu einem Dickicht in der Nähe ging. Beim Näherkommen sah ich, dass die Bäume schlank und aufrecht waren. Ringsherum standen Lilien und Glockenblumen nebeneinander im Gras und zeigten ihre farbenprächtig leuchtenden Blüten. In der Luft hing der schwere süße Duft von Geißblatt und Lavendel.
Der Blumenteppich vor mir sah so einladend aus, dass ich mich hinsetzte und an einen der Bäume lehnte und begann, mich zu entspannen. Mir fiel auf, dass die Bäume in voller Blüte standen und damit meine Stimmung widerspiegelten. Ich gab mich Tagträumereien hin und nickte ein, wurde aber von einer Stimme aufgeschreckt.
Als ich mich umsah, erblickte ich zu meinem Erstaunen einen Orientalen, der direkt hinter mir stand. »Keine Angst«, sagte er, »ich bin hier, um dir zu helfen. Ich möchte mich vorstellen. Mein Name ist Chan und ich bin dazu ernannt worden, als dein Führer zu arbeiten. Auch wenn wir unterschiedlichen Rassen angehören, wird es zwischen uns keine Sprachbarrieren geben.«
Ich sah ihn von oben bis unten an und bewunderte seine prächtige Kleidung. Die Farben leuchteten, als wären sie lebendig. Ich fragte mich, woher er war. »Natürlich von der sechsten Ebene, wo ich lebe«, sagte er.
»He, ich habe gar nichts gesagt. Woher wusstest du, woran ich gerade dachte?«
»Ich kann deine Gedanken lesen«, antwortete er. »Hier braucht man nicht zu sprechen. Auch du wirst lernen, deine höheren Sinne zum Sprechen zu benutzen.«
»Aber redest du denn gerade mit mir?«, wollte ich wissen.
»Natürlich. Ich kann zwar die Kraft meines Verstandes nutzen, aber das heißt nicht, dass ich die Kraft des Sprechens verlieren möchte. Wir haben eine Menge zu besprechen, aber lass mich zuerst ausreden. Als du zum ersten Mal hier in dieses Leben kamst, hast du deine Persönlichkeit und alle ihre Erfahrungen mitgebracht. Eine dieser Erfahrungen war deine Fähigkeit, auf der Erde zu sprechen und zu kommunizieren. Du wirst deine alten Fähigkeiten nicht verlieren. Du kannst sie gar nicht verlieren, weil sie Teil deines Charakters sind. Im Leben geht es darum, seinen Charakter zu formen, und Erfahrungen sind die Bausteine des Charakters.
Könntest du dir einen Gott der Liebe vorstellen, der ein vierjähriges Kind aus dem Kindergarten herausnimmt und in eine Universität steckt? Das Kind wäre völlig verloren, weil es seine neue Umgebung nicht begreifen könnte. Um die Zeit, die es an der Universität verbringt, richtig zu verstehen, muss es zuerst in den Kindergarten und die Grundund höhere Schule gehen. Die nächste Phase kommt dann automatisch und das Streben nach Bildung schließt sich reibungslos an. Bei dir ist das genauso, weil du nicht vom physischen Tod direkt auf die Geistebene gelangen kannst. Die Anpassung wäre zu viel für dich. So wirst du stufenweise auf die jeweiligen Astralebenen geführt. Jede bildet dich für die nächste aus. Du wirst deine althergebrachten Ideen von irdischem Schulunterricht revidieren müssen, aber ich werde dein Lehrer sein und dir dabei helfen, dir neueVorstellungen anzueignen.
Deine erste Lektion wird es sein, zu lernen, deine Gedanken zu bündeln, indem du deine Willenskraft konzentrierst. Dann kannst du mental mit anderen Seelen kommunizieren. Das funktioniert so, dass ein Gedanke zur Geraden und der Wille zum Impuls wird. So wie man auf der Erde über Telefone kommuniziert, setzt du hier den Willen dazu ein. Durch Gedankenkontrolle und Willenskraft wirst du in der Lage sein, Botschaften zu empfangen und zu senden. Das ist direkte Kommunikation. Solange du sie noch nicht beherrschst, musst du deinen Kehlkopf benutzen, so wie du es in den letzten zwanzig Jahren getan hast.«
Es erstaunte mich, dass er mein Alter wusste, und ich fragte ihn neugierig, woher. »Nun ja«, sagte er, »Ich kann das Muster deines Lebens lesen, das mir alles über dich verrät, von deiner Geburt bis jetzt.«
»Du liebe Güte«, dachte ich, »er weiß alles über mich!« »Reg dich nicht auf«, sagte er. »Ich kann deine Gedanken lesen, Jim. Es stört dich doch nicht, wenn ich Jim zu dir sage?«
»Nein«, sagte ich spontan. »Aber was ist diese Sache mit dem Lebensmuster?«
»Ich glaube, damit beschäftigen wir uns jetzt lieber nicht«, erwiderte er.
Wenn ich heute zurückdenke, erinnere ich mich, wie wenig ich damals wusste und verstand. Später wurden Chan und ich wie Vater und Sohn.
»Also, Jim, ich möchte mit dir über deine Schlafgewohnheiten sprechen. Bitte unterbrich mich nicht. Es werden dir hier viele nützliche Veränderungen auffallen. Eine davon ist, dass du kein Schlafbedürfnis mehr haben wirst. Die Zeit, in der du seit deiner Ankunft geschlafen hast, sollte dir die Eingewöhnung erleichtern. Als deine Mutter dich zum ersten Mal in den Armen hielt und an ihre Brust drückte, hast du dich so sicher und geborgen gefühlt, dass du in die Welt des Schlafs geglitten bist, damit sich dein winziger Körper nach seiner Ankunft auf dieser Welt erholen konnte. Dein Körper war eine Maschine, die Nahrung, Wasser und Ruhe brauchte, um richtig zu funktionieren. Schlaf war nötig, damit sich der Körper erneuern konnte, aber oft drückte man sich damit vor den täglichen Verpflichtungen. Viele meinen, ihre ganzen Sorgen würden über Nacht verschwinden. Das stimmt aber gar nicht.
Ist dir klar, dass du ein Drittel deines Lebens verschlafen hast? Obwohl du hier zwar keinen Schlaf gebraucht hast, hat sich dein Verstand die Anpassungsmuster aus seinem Erdenleben gemerkt. Der physische Körper verlangsamt seine Reaktion auf die menschliche Uhr, die angibt, wann man Erholung braucht. Deine Uhr wird sich den Schwingungen dieser Ebene entsprechend verändern und deinen konditionierten Verstand langsam auflösen und dir so mehr Freiheit gewähren. Wenn du das nächste Mal schlafen willst, dann sag Nein. Wenn du das mehrmals machst, wirst du die Gewohnheit ablegen und kein Schlafbedürfnis mehr haben. Du wirst dich genauso gut fühlen, wenn nicht besser.«
»Aber nach meinem Schlaf fühlte ich mich so voller Energie«, sagte ich. »Hör einfach auf zu denken«, erwiderte er. »Du wirst keinen Schlaf mehr brauchen, aber du wirst dieselbe Energie wie vorher haben. Manchmal wirst du es für notwendig halten, dich zu erholen, damit du verdauen kannst, was du gelernt hast, aber Schlaf, so wie du ihn kanntest, wird unnötig sein.«
Chans Worte schwirrten in meinem Kopf. »Ich weiß, das ist sicher eine dämliche Frage«, sagte ich, »willst du mir damit sagen, dass ich, wenn ich mir einrede, ich bräuchte keinen Schlaf, nicht schlafen und mich trotzdem genauso gut fühlen werde?«
»Das habe ich dir gerade erklärt«, antwortete er in einem Ton, der keine Zweifel daran ließ, dass er wusste, wovon er sprach, und dass ich aufmerksamer hätte zuhören sollen. Er fragte, ob ich weitere Fragen hätte.
»Ja«, gab ich zur Antwort, »wo kann ich etwas zu essen bekommen? Ich bin kurz vorm Verhungern.«
»Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet«, neckte er mich. »Erinnerst du dich, was ich gerade über den Schlaf gesagt habe? Nun, dasselbe gilt auch fürs Essen.«
Ich war sprachlos über Chans Worte und rief aus: »Du meinst doch nicht etwa, dass ich auch nicht mehr essen kann?«
»Dafür gibt es einen triftigen Grund«, erwiderte er. »Die Lebensbedingungen auf den höheren Sphären hängen von geistiger Kraft mehr ab als auf der irdischen Ebene. Du hast beispielsweise einen Körper, der ein Duplikat des Körpers ist, den du auf der irdischen Ebene hattest. Du hast Lungen, die sich mit Luft füllen. Du hast ein Herz, das schlägt und klopft. Du hast auch eine Leber, Nieren und andere innere Organe, aber sie werden nicht genauso benutzt wie auf der irdischen Ebene, weil du hier keine grobkörnige Nahrung zu dir nimmst, die von Leber, Nieren und so weiter verarbeitet werden muss. Hier nehmen wir Nahrung oder Brennstoff über die Poren unserer Haut und über unsere Atmung auf. Das ist für unser Wohlergehen völlig ausreichend.«
»Um den quälenden Hunger abzustellen, brauche ich also nur zu denken, dass ich nichts zu essen brauche?«, fragte ich.
Er nickte und lächelte. »Sehr gut, junger Mann«, sagte er, »du lernst allmählich. Mit der Zeit wird es immer einfacher.
Du bist erst seit