Wirtschaftspsychologie für Dummies. Ulrich WalbrühlЧитать онлайн книгу.
8.
Der Mensch als Kunde
Vielleicht die wichtigste Rolle, die Menschen in der Wirtschaft einnehmen. Ohne Kunden, die ihre Waren und Dienstleistungen abnehmen, könnten Firmen nicht existieren. Was erwarten Kunden von Unternehmen? Was sind sie bereit zu zahlen? Welche Waren sind gefragt, welche weniger?
Wenn von Marktforschung die Rede ist, dann sind doch eigentlich die Menschen gefragt, die die Produkte abnehmen. Der »Markt« besteht aus allen potenziellen Kunden, deren Bedürfnisse erkannt werden müssen, damit sie befriedigt werden können. Welche Bedürfnisse haben Menschen? Und was sind sie bereit, für deren Erfüllung zu leisten, sei es in Form von Geld oder anderen Gegenleistungen? Mehr zur Markt- und Medienpsychologie, die sich mit dem Menschen als Kunden beschäftigt, finden Sie in Kapitel 13.
Der Mensch und die Wirtschaft
So wie die Wirtschaft den Menschen braucht, der sich in verschiedenen Rollen engagiert und damit die Wirtschaft »in Schwung« bringt, braucht der Mensch die Wirtschaft. Wir sind nicht autark, können nicht alle benötigten Güter selbst produzieren. Im Gegenteil.
Der Mensch als Konsument
Schauen Sie sich einmal um: Wie viele Menschen waren am Zustandekommen Ihres Wohlbefindens beteiligt? Wie viele haben an Ihrem Haus gemauert, Rohre verlegt, Leitungen gezogen, gefliest, gebohrt, gehämmert und geschraubt? Wie viele waren an der Fertigung Ihres Autos beteiligt? Wer hat Ihren Teppich geknüpft, Ihre Lampe gedengelt und Ihre Küche furniert? Alle haben an der Befriedigung Ihrer persönlichen Bedürfnisse mitgewirkt, auch wenn Sie die meisten gar nicht kennen.
Als Konsument bedienen wir uns der betriebs- und volkswirtschaftlichen Einrichtungen. Dabei ist die gesamte Wirtschaft darauf ausgerichtet, Ihnen ein gutes Gefühl als Kunde zu vermitteln, denn sonst würden Sie die Angebote nicht mehr in Anspruch nehmen. Das wird in Kapitel 13 ausführlich thematisiert.
Der Mensch als Teil einer Organisation
Um Geld zu verdienen und damit ihr Leben zu finanzieren, gehen viele Menschen ein Arbeitsverhältnis mit einer Organisation ein. Ausnahmen sind diejenigen, die mit dem »goldenen Löffel im Mund« auf die Welt gekommen sind. Ihnen stehen so viele Mittel zur Verfügung, dass sie sich nicht einer »Karriere« zu verschreiben brauchen. Alle anderen bemühen sich um eine Ausbildung, die ihnen am Arbeits»markt« gute Chancen bietet und damit eine Perspektive, all das zu bekommen, was das Leben lebenswert macht: ein Zuhause, eine Familie, Reisen und jeden Morgen ein leckeres Frühstück.
In einer Organisation bündeln viele Menschen ihre Kräfte, um am Ende mehr zu erreichen, als jeder für sich erreicht hätte. Sie müssen aber gleichzeitig auch etwas aufgeben, etwa Selbstbestimmtheit und freie Wahl ihres Verhaltens. Für die meisten funktioniert der »Deal« aber dennoch, weil sie nicht nur ihren Lebensunterhalt damit decken, sondern eine Menge weiterer Vorteile haben:
Status durch ihre Position oder durch das Unternehmen an sich
soziale Kontakte durch Gespräche mit Kollegen, Kunden, Chefs und Externen
das Gefühl, gebraucht zu werden und etwas Sinnvolles zu tun
Teil einer Gemeinschaft sein
vorhandene Fähigkeiten anwenden und Neues dazulernen
Mit diesem Thema befasst sich die Organisationspsychologie. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 10.
Die Perspektive der Wirtschaftspsychologie
Die Wirtschaftspsychologie betrachtet grundsätzlich den »menschlichen Faktor« im Unternehmen und in der Wirtschaft. Sie setzt dort an, wo dieser Faktor besonders hoch ausgeprägt ist. Sie bietet ihr Know-how allen an, die glauben, dass sie mehr erreichen können, wenn sie sich psychologische Erkenntnisse zunutze machen:
der Marketingfachfrau, die ihr neues Produkt vorstellt,
dem Vorgesetzten, der die Potenziale seiner Mitarbeiter noch besser nutzen möchte,
der Politikerin, die Rahmenbedingungen für eine menschengerechtere Wirtschaft schaffen möchte,
dem Vorstand, der hohe ethische Ansprüche an den Umgang untereinander und mit Kunden im Unternehmensleitbild verankern möchte,
der Mitarbeiterin, die sich den Karrierepfad ebnen will.
Die Wirtschaftspsychologie ist kein Monopolist
Die Wirtschaftspsychologie verfügt nicht über ein Monopol, wie es ihre Schwesterdisziplin, die Klinische Psychologie, hat. Diese hat sich durch ihr Produkt »psychologische Psychotherapie« eine gute Stellung erarbeitet und konkurriert hier nur noch mit den Ärzten. In Unternehmen tummeln sich aber Wissenschaftler unterschiedlicher Fachbereiche und bringen ihre Fachkompetenzen ein. Wesentliche Wettbewerber sind hier:
Betriebswirte
Volkswirte
Soziologen und andere Sozialwissenschaftler
Pädagogen
Juristen
Betriebswirte
Betriebswirtschaftler oder kurz »BWLer« haben in der Wirtschaft eine ähnlich beherrschende Stellung wie die Ärzte im Gesundheitswesen. Sie sind die Ersten, an die man denkt, wenn es darum geht, Unternehmen aufzubauen und zu leiten. Oft wird die BWL mit Wirtschaftspsychologie im Nebenfach kombiniert. Dies belegt, wie wichtig es ist, sich mit den psychologischen Faktoren im Unternehmen zu beschäftigen. Für Sie als Wirtschaftspsychologen ist es wichtig, sich mit betriebswirtschaftlichen Grundlagen auseinanderzusetzen, denn einerseits wollen Sie das Unternehmen ja verstehen und andererseits die Sprache Ihrer Chefs oder Auftraggeber sprechen. Sehr wahrscheinlich, dass Sie es da mit BWLern zu tun haben.
Volkswirte
Ebenfalls Wirtschaftswissenschaftler, hat der Volkswirt eher eine übergreifende Perspektive auf die Wirtschaft. Profane Dinge wie die Frage, wie ein Produkt an den Mann gebracht wird, interessieren hier weniger. Es geht eher darum, wie die Wirtschaft insgesamt zum Brummen gebracht werden kann. Gelegentlich begegnen sich Wirtschaftspsychologen und Volkswirte als Kollegen im Rahmen einer gemeinsamen Tätigkeit innerhalb einer Unternehmensberatung: Inhaltlich kommt man sich zwar nicht in die Quere, doch die Betrachtung derselben Fragestellung aus unterschiedlichen Perspektiven kann durchaus zu einer positiven, sich ergänzenden Zusammenarbeit führen.
Soziologen und andere Sozialwissenschaftler
Mit den Soziologen haben die Psychologen viel gemeinsam, etwa die empirische Vorgehensweise oder das große Repertoire an mathematisch-statistischen Verfahren. Der Fokus ist zwar ein bisschen anders, denn der Psychologe schaut auf das Individuum in der Organisation, der Soziologe eher auf das Kollektiv, aber thematisch sind die Unterschiede minimal. Umso erstaunlicher, dass man voneinander nichts wissen will und mehr nebeneinanderher als miteinander arbeitet. Allerdings kann man sagen, dass die Psychologen in den letzten Jahren die Kollegen aus der Soziologie und den anderen Sozialwissenschaften etwas ausgestochen haben. Das sieht man an den Stellenanzeigen, in denen es häufig heißt: »Für diese Position wünschen wir uns einen Betriebswirt, Psychologen oder sonstigen Sozialwissenschaftler«. Hier ist die Rangfolge klar dargestellt.
Pädagogen
Pädagogen und speziell Betriebspädagogen