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Körper in Trance. Gilles MichauxЧитать онлайн книгу.

Körper in Trance - Gilles Michaux


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href="#ulink_32185842-73cc-545b-917c-8708e452ce52">Abb. 1). Ebenso kann etwa bei der Marionettenübung der Dynamischen Relaxation die Vorstellung, wie sich eine Marionette mit durchgetrennten Fäden hin- und herbewegt, den Fokus auf körperliches Freisein und Loslassen lenken (siehe Kap. 3.1.4.5 und Abb. 22). Wir finden dieses Prinzip auch im spontanen Kinderspiel wieder, wenn diese etwa ein Flugzeug nachahmen und sich dabei mit seitlich ausgestreckten Armen und hin- und herschwingendem Rumpf fortbewegen. Hierin ist bereits das zeitgenössische kognitionswissenschaftliche Konzept des Embodiment, zu Deutsch Verkörperung, vorweggenommen, wonach der körperliche Ausdruck u. a. mentale Einstellungen und Gemütsbewegungen zu modulieren vermag (siehe bspw. Tschacher u. Storch 2012). Auf diese Weise kann bereits eine neutrale, aber selbstbewusst eingenommene Körperhaltung – ähnlich der Berghaltung beim Yoga – Angstzustände mindern (Weineck et al. 2020). Eine Entsprechung zwischen yogischer Körperhaltung und der Aktiven Tonusregulation erkennen Stokvis und Wiesenhütter (1979, S. 178 ff.), indem sie in ihrem Exkurs zur Yogatechnik die Ähnlichkeit zwischen der auch noch als Totenstellung bezeichneten Entspannungslage beim Yoga und der körperlichen Einleitung des Trancezustands, das heißt hypnotischen Bewusstseinszustands, bei ihrer Form der Entspannungshypnose beschreiben – beide gekennzeichnet durch eine totale Erschlaffung der Muskulatur (siehe Abb. 2 und Kap. 5). Hierbei wird der Trancebegriff seiner eigentlichen wie auch übertragenen Bedeutung gerecht, die auf das lateinische Wort transire zurückgeht und so viel meint wie »hinüberschreiten«.

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      Aber nicht nur die Körperhaltung kann auf das Mentale wirken. Umgekehrt üben auch gedankliche Ideen einen Einfluss auf den Körper aus, insbesondere auf das Muskelsystem. Dieser als Ideomotorik bezeichnete Zusammenhang wurde erstmals von dem englischen Physiologen William Carpenter beschrieben. Der nach ihm benannte Carpenter-Effekt kann sehr eindrücklich anhand des Chevreulschen Pendelversuchs gezeigt werden, bei dem die Versuchsperson ein Pendel mit zwei Fingern halten soll, ohne es willkürlich zu bewegen, während ihr von außen suggeriert wird, das Pendel kreise oder bewege sich hin und her.2 Auch ohne absichtsvolle Bewegung seitens der Versuchsperson gerät das Pendel durch die »Ideengabe« von außen in Schwingung. Dieser Effekt ist dabei nicht auf das motorische Nervensystem beschränkt, sondern impliziert gleichermaßen auch das vegetative Nervensystem, was als grundlegender Wirkmechanismus des AT sowie der Aktiven Tonusregulation gilt. Ein anderer Weg zur Beeinflussung des Vegetativums führt über die Atmung und soll im Fokus des folgenden Kapitels stehen, bevor wir uns danach den Einzeldarstellungen der hier im Buch zu besprechenden Methoden widmen.

      2 Nach dem französischen Naturwissenschaftler Michel-Eugène Chevreul benannt, der sich gegen spiritualistische Erklärungen dieses Phänomens aussprach. Für detailliertere Anleitungen zur Durchführung siehe Kossak (2013, S. 254 f.).

       2 Atem-Rhythmisierung oder Wie man die Atmung in Fluss bringt

      Der Atmung und ihrer Regulierung kommt bei praktisch allen Entspannungsverfahren eine besondere, oft übergeordnete Bedeutung zu. Dies hat damit zu tun, dass über die Atmung eine Regulation wichtiger Körperfunktionen, insbesondere des körperlichen Stresssystems möglich ist. Deshalb soll hier zunächst auf das grundlegende Prinzip der kontrollierten Atmung, sprich Atem-Rhythmisierung, eingegangen werden.

      Die Atemfunktion wird genau wie etwa der Herzschlag und der Blutdruck vom lebenserhaltenden vegetativen Nervensystem völlig autonom geregelt und an den Bedarf angepasst. Das geschieht über die zwei Äste des vegetativen Nervensystems, den aktivierenden Sympathikus und den desaktivierenden Parasympathikus. Anders aber als die kardiovaskulären Prozesse, die nicht willkürlich steuerbar sind, können wir den Rhythmus der Atmung, Atemfrequenz und -tiefe, bis zu einem gewissen Grad auch willentlich beeinflussen, z. B. beim Singen, Spielen eines Blasinstruments oder Kraulschwimmen.

      Da die Atmung über verschiedene Nervenschaltungen mit dem Herzkreislauf gekoppelt ist, führt eine bewusste Modulation des Atmens auch zu einer veränderten Herzfrequenz. Das Ausmaß dieses Einklangs zwischen Herzschlag und Atemzug bezeichnet man als Herzkohärenz. Beim Einatmen beschleunigt sich der Herzschlag relativ zur Ausatmung, während derer er sich wieder beruhigt. Auf diese Weise lässt sich durch eine ruhigere und gleichmäßigere Atmung auch eine Ruheeinstellung der Herzschlagrate bewirken. Das Gesagte gilt auch für zentralnervöse Prozesse, das heißt die Gehirnaktivität und ihre Beruhigung. Interessanterweise besteht zwischen einer entspannten mittleren Atemfrequenz von 0,1 Hertz (Hz) mit sechs Atemzügen pro Minute, einer durchschnittlichen Herzschlagfrequenz von 1 Hz mit 60 Schlägen pro Minute und einer entspannten Hirnwellenfrequenz im mittleren Alphawellenbereich von 10 Hz sogar ein perfekter mathematischer Zusammenhang (vgl. Zaccaro et al. 2018).

      Im Gegensatz zu passiveren Entspannungsmethoden wird bei der Dynamischen Relaxation nicht ausschließlich eine Verlangsamung der Atmungsrate zu bewirken versucht, sondern auch der bewusste Wechsel zwischen körperlicher Aktivierung und Deaktivierung eingeübt. Nun wird aber nicht nur die Reglung der Atemfrequenz aktiv trainiert, sondern auch die Atemtiefe, wobei der Fokus auf die Zwerchfell- bzw. Bauchatmung gelegt wird. Das Zwerchfell ist ein Atemmuskel, der unter der Lunge in der Bauchhöhle liegt und bei Anspannung dazu führt, dass die Lungenflügel nach unten gezogen werden und somit die Atemluft eingesogen wird. Es ermöglicht zusätzlich zur Brustkorbatmung ein ausgeprägtes und zugleich freieres Einatmen.

      So liegt eine Besonderheit der in Kapitel 3 behandelten Dynamischen Relaxation in dem gezielten Atemanhalten bei einigen Übungen, insbesondere den speziellen Atemübungen Nr. 1 bis 4 (siehe Kap. 3.1.2). Hierdurch soll das Pausieren der Atmung zwischen Ein- und Ausatmen eingeübt und auf diese Weise der Lunge Zeit für ihre eigentliche Aufgabe, den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid, gelassen werden. Zugleich soll so ein Hyperventilieren vermieden werden, das heißt ein zu schnelles und übermäßiges Ein- und Nachatmen ohne Atempause, was den Gashaushalt im Körper sensibel stören und zu starker Erregtheit führen kann. Als Nebeneffekt des Atemanhaltens tritt dagegen innere Ruhe auf. Nicht umsonst sagt deswegen der Volksmund »Halt mal die Luft an!«, wenn gewünscht ist, dass jemand sich beruhigt.

      Mit dem Atemanhalten ist dabei lediglich eine Atempause ohne jedwedes muskuläre Zutun gemeint, ein ganz sanftes Innehalten beim Atmen, das komplett entkrampft erfolgen sollte. Dabei ist jegliche Form von Pressatmung gerade auch beim Ausatmen zu vermeiden. Der Atem sollte bei der Ausatmung durch Nase oder Mund herausströmen, wie bei einem Luftballon, bei dem die Luft herausgelassen wird. Die Pause sollte nur wenige Sekunden respektive so lang sein, wie es sich angenehm anfühlt. Schließlich trainieren wir mit dem Ziel der Entspannung und nicht fürs Freitauchen. Dennoch sollten Personen, die sich in Rehabilitation etwa nach einem Infarkt befinden, auf die Gefahr einer möglichen Pressatmung hin diese Übungen nur nach sorgfältiger ärztlicher Abklärung durchführen.

      Das von Caycedo vorgeschlagene Atmungsprinzip wird im Französischen mit dem Kürzel I. R. T. E. R. zusammengefasst, abkürzend für inspiration, rétention, tension, expiration und relaxation – auf Deutsch: Einatmung, Atemanhalten, Spannung, Ausatmung und Entspannung. Zur besseren Einprägung sei hier ein entsprechendes Akronym für die deutschen Begriffe vorgeschlagen, und zwar EASAE mit:


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E wie EINATMEN
A wie ATEM ANHALTEN
S wie SPANNUNG
A wie AUSATMEN
E wie