Das periimplantäre Weichgewebe. Mario RoccuzzoЧитать онлайн книгу.
strukturell und funktional in einzigartiger Weise angepasstes Epithel, das eine Funktionsbarriere gegen Keimeintrag bildet und so wesentlich zur stabilen Gesundheit des Parodonts beiträgt. Seine basale Schicht, der Lamina propria zugewandt, ist ein Ort der Zellteilung. Die innersten Zellen wiederum bilden das epitheliale Attachment, bestehend aus basaler Lamina und Hemidesmosomen, welche die Epithelzellen mit der Zahnoberfläche verbinden (Bosshardt und Lang 2005).
Bindegewebe der Gingiva
Das Bindegewebe der Gingiva umfasst vorwiegend Fibroblasten, die sich in ihrem Phänotyp von jenen des nachfolgend beschriebenen Desmodonts unterscheiden (Bartold et al. 2000). Sie sind als Gruppen von Kollagenfasern angeordnet, deren räumlich komplexe Architektur polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten und Monozyten ein Durchqueren des Bindegewebes ermöglicht, bis sie die ans Saumepithel grenzende Basalmembran passieren können. Selbst unter klinisch gesunden Bedingungen liegt ein Entzündungszellinfiltrat vor und kann als normales gemeinsames Merkmal des Bindegewebes am Saumepithel gelten.
Abb. 1 Lichtmikroskopische Aufnahme eines Zahns mit gesundem Parodont. Der Halteapparat umfasst Wurzelzement, Desmodont, Alveolarkammknochen und Gingiva.
Abb. 2 Lichtmikroskopische Aufnahme des supraalveolären Weichgewebes. Dieses umfasst Sulkusepithel, Saumepithel und bindegewebiges Attachment (ins Wurzelzement greifende Kollagenfasern). Das Saumepithel endet im Bereich der Schmelzzementgrenze, wo die Kollagenfasern ins Wurzelzement zu greifen beginnen.
Abb. 3 Höhere Auflösung. Supraalveoläres Weichgewebe, bestehend aus dem Saumepithel und Wurzelzement mit darauf eingebetteten Kollagenfasern. Im Grenzbereich zum Saumepithel befindet sich ein kleines, gut abgegrenztes Entzündungszellinfiltrat (Pfeil).
Abb. 4 Höhere Auflösung. Orales Sulkusepithel und Saumepithel. Die apikale Ausdehnung des Saumepithels endet an der Schmelzzementgrenze. Neben dem Saumepithel ist deutlich das gut abgegrenzte Entzündungszellinfiltrat zu erkennen (Pfeil).
Abb. 5 Höhere Auflösung. Intaktes Desmodont verbindet das Wurzelzement mit dem Alveolarkammknochen. An beiden Strukturen betten sich die Kollagenfasern ein.
Desmodont
Das Bindegewebe zwischen Alveolarkammknochen und Wurzelzement ist als Desmodont oder parodontales Ligament bekannt. Koronal zum Alveolarkamm geht das Desmodont in die Lamina propria der Gingiva über, periapikal in die Zahnpulpa. Es ist rund 200 µm breit, im mittleren Wurzeldrittel am schmalsten und verliert mit zunehmendem Alter an Breite.
Als seine wichtigste Funktion verbindet das Desmodont den Zahn mit dem umliegenden Knochen. Ebenfalls eine wichtige Funktion ist das Dämpfen von Okklusionskräften. Daneben fungiert das Desmodont als wichtiges Reservoir für Zellen, die fortwährend für die Gewebehomöostase benötigt werden sowie eine wichtige Rolle bei der parodontalen Wundheilung und Regeneration spielen (parodontale Fibroblasten, Zementoblasten, Odontoklasten, Osteoblasten und Osteoklasten, Malassez-Epithelreste, Monozyten und Makrophagen, undifferenzierte mesenchymale Vorläufer- und Stammzellen).
Abb. 6 Lichtmikroskopische Aufnahme eines osseointegrierten, in direktem Knochen und suprakrestalem Weichgewebekontakt befindlichen Dentalimplantats.
Abb. 7 Höhere Auflösung. Suprakrestales periimplantäres Weichgewebe, bestehend aus oralem Epithel, Sulkusepithel und an der Implantatoberfläche haftendem Bindegewebe.
Abb. 8 Höhere Auflösung. Koronaler Abschnitt der suprakrestalen Weichgewebe am Implantat. Orales Epithel und Sulkusepithel sind deutlich zu erkennen. Die apikal des Saumepithels lokalisierten Kollagenfasern verlaufen parallel zur Implantatoberfläche. Unmittelbar neben dem Saum- und Sulkusepithel befindet sich ein diffuseres Entzündungsinfiltrat (Pfeil).
Abb. 9 Höhere Auflösung. Suprakrestaler Abschnitt der periimplantären Weichgewebe. Die apikal des Saumepithels lokalisierten Kollagenfasern verlaufen parallel zur Implantatoberfläche.
Abb. 10 Höhere Auflösung. Direkter Kontakt zwischen Knochen und Implantat (osseointegriertes Implantat).
Die Fibroblasten des Desmodonts synthetisieren, strukturieren und remodellieren die extrazelluläre Matrix, bestehend aus Kollagenfasern und einer amorphen Grundsubstanz von nicht-kollagenen Proteinen. Durch seinen strukturellen Aufbau bietet das Desmodont über Sharpey-Fasern eine Einbettung ins mineralisierte Gewebe und sorgt damit für die flexible Befestigung des Zahns am umliegenden Knochen (Nanci und Bosshardt 2006).
Wurzelzement
Wurzelzement ist mineralisiertes Bindegewebe, das die Zahnwurzeln überzieht und in aller Regel von der Schmelzzementgrenze bis zur Wurzelspitze reicht. Als wichtigste Funktion ermöglicht es den Fasern des Desmodonts, sich stabil an der Wurzeloberfläche einzubetten (azelluläres Fremdfaserzement und zelluläres Gemischtfaserzement – acellular extrinsic fiber cementum, AEFC; cellular mixed stratified cementum, CMSC). Hinzu kommen wichtige Funktionen wie das Anpassen des Zahns an neue physiologische Anforderungen und das Reparieren von Wurzeldefekten (zelluläres Eigenfaserzement – cellular intrinsic fiber cementum, CIFC) (Nanci und Bosshardt 2006).
Alveolarkammknochen
Zähne sind im Alveolarkammknochen verankert, einem Teil des Alveolarfortsatzes mit einer äußeren Kortikalis, einer inneren Kortikalis und dazwischen Spongiosa. Der Alveolarfortsatz ist ein Auswuchs des Kieferknochens, der sich nur in der Gegenwart von Zähnen entwickeln kann. Die im Englischen verwendete Bezeichnung alveolar bone ist, neben der genannten Bedeutung, auch für die innere Kortikalis als knöcherne Auskleidung der Alveole gebräuchlich.
Bei vollständig durchgebrochenen und parodontal gesunden Zähnen folgt die Kontur des Alveolarkamms jener der Schmelzzementgrenze rund 2 mm weit in koronoapikaler Richtung (Saffar et al. 1997). Der Alveolarkammknochen umfasst Kompakta, gekennzeichnet durch das Vorliegen von Osteonen, die strukturelle Einheit für die Remodellierung der Kortikalis. Durch zahlreiche Perforationen in der Alveolenwand, die das Desmodont mit dem Knocheninneren bzw. den Markräumen verbinden, können Blut- und Lymphgefäße sowie Nervenfasern sprießen.
Charakteristisch für den Alveolarkammknochen ist der Schicht auf Schicht parallel zur Alveolenwand abgelagerte Bündelknochen. Das typische Erscheinungsbild prägt die Durchdringung dieser Schichten durch Sharpey-Fasern. Auf funktionale Anforderungen reagiert der Alveolarkammknochen mit Prozessen der Resorption und Anlagerung, bekannt als Remodellierung.
Abb. 11 Illustration der Struktur von klinisch gesundem supraalveolärem Weichgewebe an einem Zahn oder Implantat (GS = Gingivasaum; aSE: apikale