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Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Erster Teil. Gustav SchwabЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Erster Teil - Gustav  Schwab


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gen Himmel.

       In innerster Seele schmerzte es den Donnerer, als er den fernhinleuchtenden Glanz des Feuers unter

       den Menschen emporsteigen sah. Sofort formte er, da des Feuers Gebrauch den Sterblichen nicht

       mehr zu nehmen war, ein neues Übel für sie. Der seiner Kunst wegen berühmte Feuergott

       Hephaistos mußte ihm das Scheinbild einer schönen Jungfrau fertigen; Athene selbst, die, auf

       Prometheus eifersüchtig, ihm abhold geworden war, warf dem Bild ein weißes, schimmerndes

       Gewand über, ließ ihr einen Schleier über das Gesicht wallen, den das Mädchen mit den Händen

       geteilt hielt, bekränzte ihr Haupt mit frischen Blumen und umschlang es mit einer goldenen Binde,

       die gleichfalls Hephaistos seinem Vater zulieb kunstreich verfertigt und mit bunten Tiergestalten

       herrlich verziert hatte. Hermes, der Götterbote, mußte dem holden Gebilde Sprache verleihen und

       Aphrodite allen Liebreiz. Also hatte Zeus unter der Gestalt eines Gutes ein blendendes Übel

       geschaffen; er nannte das Mägdlein Pandora, das heißt die Allbeschenkte, denn jeder der

       Unsterblichen hatte ihr irgendein unheilbringendes Geschenk für die Menschen mitgegeben. Darauf

       führte er die Jungfrau hernieder auf die Erde, wo Sterbliche vermischt mit den Göttern

       lustwandelten. Alle miteinander bewunderten die unvergleichliche Gestalt. Sie aber schritt zu

       Epimetheus, dem argloseren Bruder des Prometheus, ihm das Geschenk des Zeus zu bringen.

       Vergebens hatte diesen der Bruder gewarnt, niemals ein Geschenk vom olympischen Herrscher

       anzunehmen, damit dem Menschen kein Leid dadurch widerführe, sondern es sofort

       zurückzusenden. Epimetheus, dieses Wortes uneingedenk, nahm die schöne Jungfrau mit Freuden

       auf und empfand das Übel erst, als er es hatte. Denn bisher lebten die Geschlechter der Menschen,

       von seinem Bruder beraten, frei vom Übel, ohne beschwerliche Arbeit, ohne quälende Krankheit. Das

       Weib aber trug in den Händen ihr Geschenk, ein großes Gefäß mit einem Deckel versehen. Kaum bei

       Epimetheus angekommen, schlug sie den Deckel zurück, und alsbald entflog dem Gefäße eine Schar

       von Übeln und verbreitete sich mit Blitzesschnelle über die Erde. Ein einziges Gut war zuunterst in

       dem Fasse verborgen, die Hoffnung; aber auf den Rat des Göttervaters warf Pandora den Deckel

       wieder zu, ehe sie herausflattern konnte, und verschloß sie für immer in dem Gefäß. Das Elend füllte

       inzwischen in allen Gestalten Erde, Luft und Meer. Die Krankheiten irrten bei Tag und bei Nacht unter

       den Menschen umher, heimlich und schweigend, denn Zeus hatte ihnen keine Stimme gegeben; eine

       Schar von Fiebern hielt die Erde belagert, und der Tod, früher nur langsam die Sterblichen

       beschleichend, beflügelte seinen Schritt.

       Darauf wandte sich Zeus mit seiner Rache gegen Prometheus. Er übergab den Verbrecher dem

       Hephaistos und seinen Dienern, dem Kratos und der Bia (dem Zwang und der Gewalt). Diese mußten

       ihn in die skythischen Einöden schleppen und hier, über einem schauderhaften Abgrund, an eine

       Felswand des Berges Kaukasus mit unauflöslichen Ketten schmieden. Ungerne vollzog Hephaistos

       den Auftrag seines Vaters, er liebte in dem Titanensohne den verwandten Abkömmling seines

       Urgroßvaters Uranos, den ebenbürtigen Göttersprößling. Unter mitleidsvollen Worten und von den

       roheren Knechten gescholten, ließ er diese das grausame Werk vollbringen. So mußte nun

       Prometheus an der freudlosen Klippe hängen, aufrecht, schlaflos, niemals imstande, das müde Knie

       zu beugen. »Viele vergebliche Klagen und Seufzer wirst du versenden«, sagte Hephaistos zu ihm,

       »denn des Zeus Sinn ist unerbittlich, und alle, die erst seit kurzem die Herrschergewalt an sich

       gerissen [Zeus hatte den Kronos (Saturn), seinen Vater, und mit ihm die alten Götterdynastie gestürzt

       und sich des Olymps mit Gewalt bemächtigt. Iapetos und Kronos waren Brüder, Prometheus und

       Zeus Geschwisterkinder]. , sind hartherzig.« Wirklich sollte auch die Qual des Gefangenen ewig oder

       doch dreißigtausend Jahre dauern. Obwohl laut aufseufzend und Winde, Ströme, Quellen und

       Meereswellen, die Allmutter Erde und den allschauenden Sonnenkreis zu Zeugen seiner Pein

       aufrufend, blieb er doch ungebeugten Sinnes. »Was das Schicksal beschlossen hat«, sprach er, »muß

       derjenige tragen, der die unbezwingliche Gewalt der Notwendigkeit einsehen gelernt hat.« Auch ließ

       er sich durch keine Drohungen des Zeus bewegen, die dunkle Weissagung, daß dem Götterherrscher

       durch einen neuen Ehebund [Mit der Thetis] Verderben und Untergang bevorstehe, näher

       auszudeuten. Zeus hielt Wort; er sandte dem Gefesselten einen Adler, der als täglicher Gast an seiner

       Leber zehren durfte, die sich, abgeweidet, immer wieder erneuerte. Diese Qual sollte nicht eher

       aufhören, bis ein Ersatzmann erscheinen würde, der durch freiwillige Übernahme des Todes

       gewissermaßen sein Stellvertreter zu werden sich erböte.

       Jener Zeitpunkt erschien früher, als der Verurteilte nach dem Spruch des Göttervaters erwarten

       durfte. Als er viele Jahre an dem Felsen gehangen, kam Herakles des Weges, auf der Fahrt nach den

       Hesperiden und ihren Äpfeln begriffen. Wie er den Götterenkel am Kaukasus hängen sah und sich

       seines guten Rates zu erfreuen hoffte, erbarmte ihn sein Geschick, denn er sah zu, wie der Adler, auf

       den Knien des Prometheus sitzend, an der Leber des Unglücklichen fraß. Da legte er Keule und

       Löwenhaut hinter sich, spannte den Bogen, entsandte den Pfeil und schoß den grausamen Vogel von

       der Leber des Gequälten hinweg. Hierauf löste er seine Fesseln und führte den Befreiten mit sich

       davon. Damit aber Zeus' Bedingung erfüllt würde, stellte er ihm als Ersatzmann den Zentauren

       Chiron, der erbötig war, an jenes Statt zu sterben; denn vorher war er unsterblich. Auf daß jedoch

       des Kroniden Urteil, der den Prometheus auf weit längere Zeit an den Felsen gesprochen hatte, auch

       so nicht unvollzogen bliebe, so mußte Prometheus fortwährend einen eisernen Ring tragen, an

       welchem sich ein Steinchen von jenem Kaukasusfelsen befand. So konnte sich Zeus rühmen, daß sein

       Feind noch immer an den Kaukasus angeschmiedet lebe.

       Die Menschenalter

       Die ersten Menschen, welche die Götter schufen, waren ein goldenes Geschlecht. Diese lebten,

       solange Kronos (Saturnus) dem Himmel vorstand, sorgenlos und den Göttern selbst ähnlich, von

       Arbeit und Kummer entfernt. Auch die Leiden des Alters waren ihnen unbekannt; an Händen, Füßen

       und allen Gliedern immer rüstig, freuten sie sich, von jeglichem Übel frei, heiterer Gelage. Die seligen

       Götter hatten sie lieb und schenkten ihnen auf reichen Fluren stattliche Herden. Wenn sie

       verscheiden sollten, sanken sie nur in sanften Schlaf. Solange sie aber lebten, hatten sie alle

       möglichen Güter; das Erdreich


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