Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.
versagt den Tanz
Das alte Metz, welches Frankreich, gleich den früher
deutschen Städten Toul, Verdun und Straßburg,
Deutschland abgedrungen hat, leitet schon von den
Römerzeiten seinen Ursprung und Aufbau her. Ein
Feldherr Julius Cäsars, Marius Metius, habe die
Stadt, welche Cäsar hartnäckig widerstanden, einnehmen
müssen, und habe sie verheert, dann aber herrlich
wieder aufgebaut, nach seinem Namen Metia genannt,
auch neunzehn Jahre daselbst regiert, auch einen Rat
aus dreizehn Stadtältesten eingesetzt, der lange bestanden
habe.
Zur Zeit Kaiser Karls V. sandte König Heinrich II.
von Frankreich den Connetable Annas Montmorency
vor diese deutsche Reichsstadt, der versprach ihr völligen
Schutz, wenn sie nur ein einziges Fähnlein französisches
Kriegsvolk, darunter man einen kleinen
Heerhaufen, etwa was heute eine Kompagnie besagt,
verstand, einnehmen wollte. Dies bewilligte der Rat
der Stadt Metz, und es zogen nicht minder denn dreitausend
Franzosen, allerdings nur mit einem einzigen
Fähnlein, in die Stadt und nahmen sie ohne Schwertschlag
für ihren König in Besitz, befestigten die Stadt
auf das beste und versahen sie mit Mundvorräten aller
Art. Als nun im darauffolgenden Jahre Kaiser Karl V.
mit einem Kriegsheere kam, Metz den Franzosen wieder
abzunehmen, glückte ihm das nicht, obschon er
mit siebenzigtausend Mann davorlag und vierzig
Tage und Nächte lang die Stadt so heftig beschießen
ließ, daß es gleichsam Kugeln regnete und die ganze
Gegend von dem Pulverdampfe fort und fort wie in
einen starken Nebel gehüllt blieb. Bis nach Straßburg
hin ward der Donner des Geschützes gehört. Der tapfere
Verteidiger von Metz war der Herzog von Guise,
welcher dem Kaiser viel Volk zuschanden machte.
Dazu halfen noch Hunger, Seuchen und Kälte gegen
Karl V. streiten, und es sind damals vor Metz dreißigtausend
Mann geblieben. Endlich brachte noch eine
Kriegslist den Kaiser zum Abzug. Der Herzog, welcher
fürchtete, die Stadt auf die Länge dennoch nicht
halten zu können, zumal sie an ihrer schwächsten
Seite angegriffen war, schrieb einen Brief an seinen
König des Inhaltes, daß die Belagerung ganz fruchtlos
und gefahrlos sei, zumal Karl sie an der
stärkstbefestigten Seite am meisten angegriffen habe.
Diesen Brief mußte ein scheinbar ungeschickter Bote
durch das feindliche Lager tragen, sich fangen lassen,
und nun gelangte der Brief vor Karls Augen. Dieser
ließ sich wirklich betören, hielt den Brief für wahr,
zog die Streitkräfte von der schwachen Seite zurück,
griff an anderen sehr gut befestigten Stellen an, verlor
die bereits errungenen Vorteile und mußte endlich
nach dem Verlust von fast der Hälfte seines Heeres
die Belagerung aufgeben. Da fehlte es nicht an Hohn
und Spott, der sich reichlich über Karl in allen deutschen
Landen ergoß, und da es ihm vor Magdeburg
auch fast in gleicher Weise ergangen war, so lief gar
bald der Spottreim von Munde zu Munde:
Eine Metze und eine Magd
Haben Karln den Tanz versagt.
Dieses und noch anderes Leid soll sich der Kaiser
so zu Gemüte genommen haben, daß er drei Jahre
später der Regierung ganz entsagte und 1586 als
Mönch in das Kloster St. Just in Spanien trat, wo er
Uhren baute. In diesem selben Jahre geschah es, daß
Metz, Toul und Verdun – Virdung zu deutsch – durch
den Vertrag und Friedensschluß zu Cambray von
Deutschland völlig abgetreten und unter den Schutz
der Krone Frankreichs gestellt wurden.
86. Der Teufelsbündner in Virdung
Als die Stadt Virdung noch eine deutsche war, und
zwar schon zu Kaiser Rudolf von Habsburg Zeiten,
saß ein Bürger dortselbst, der verfiel in Armut und
durch sie in Versuchung und Stricke, nach dem
Sprüchwort: An armer Leute Hoffart wischet der Teufel
seinen Hintern, denn jener Bürger mochte gar gern
prangen und prassen. Damit er nun neue Schätze gewinne,
verlobte er sich mit eines alten Weibes Beistand
dem Teufel, schwur Gott und seinen Heiligen
ab und empfing einen Heckebeutel mit Brutpfennigen;
sooft er in den Beutel griff, so oft konnte er die Hand
voll Goldes oder Silbers herausziehen. Da mehrte er
seinen Reichtum von Tage zu Tage, kaufte Gärten
und Häuser, Äcker und Wiesen und lebte alle Tage
herrlich und in Freuden. Eines Tages aber geschah es,
daß er vor seinem Hause im Schatten saß und mit
Freunden zechte, da kamen zwei unbekannte ernste
Männer auf schwarzen Rossen geritten, die führten
mit sich ein drittes aufgezäumtes schwarzes Roß und
trugen dunkle Tracht. Die Männer hielten an des Bürgers
Haus und forderten, daß er das ledige Roß besteige.
Der Bürger sahe mit Kummer, wo das hinauswolle,
nahm traurig von seinen Angehörigen, zwei
Söhnen und Freunden Abschied und bestieg das
dunkle Roß, auf welchem er mit den beiden Reitern
rasch von dannen ritt. Die Söhne hätten gern erfahren,
wohin doch ihr Vater geritten auf Nimmerwiederkehr.
Da fielen sie auf den Gedanken, die alte Hexe zu fragen
und ihr Geld zu geben, daß sie ihnen ihren Vater
zeige und den Ort, da er weile. Das alte Hexenweib
ging mit den Jünglingen in einen Wald, wo sie ihre
Zauberkunst übte und die Hölle beschwur. Da tat sich
der Erdboden auf, und die Zwei steigen herauf, welche
den Bürger hinweggeführt hatten, und waren
schrecklich anzusehen. Da fragte die Alte die Jünglinge:
Wollt ihr euern Vater auch sehen? – Den Ältesten
ergriff ein Grauen, und