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Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.

Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen - Ludwig Bechstein


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der es also haben will und befiehlt; hole mich der

       Teufel, wenn das Kloster nicht bis heute abend ein

       Aschenhaufen ist! – Kaum hatte er das gesagt, da er

       gerade auf einer Brücke hielt, so tat sein Pferd einen

       plötzlichen Satz, übersprang die Brückenbrustwehr

       und stürzte zusamt dem Reiter in die Mosel, wo der

       Reiter unten hin und das Pferd auf ihn zu liegen kam;

       Roß und Reiter hatten den Hals gebrochen.

       Dieses Kommandanten Nachfolger ritt auch dorthin,

       da warnte ihn die Schildwache und sagte: Hier ist

       nicht sicher reiten, auch zielt der Feind nach diesem

       Punkt. – Ho! lachte der Kommandant, der Feind kann

       mich hintenhin treffen. – In diesem Augenblicke fiel

       auf einer Bastion ein Schuß, und der Kommandant tat

       einen lauten Schmerzensschrei und stürzte samt dem

       Pferde. Die Kugel hatte den von ihm bezeichneten Ort

       wirklich getroffen, war aber nicht auf halbem Wege

       geblieben, sondern vorn wieder heraus und dem Pferde

       durch den Hals gedrungen.

       91. Die Martyrergräber

       Sankt Maximin heißt unterhalb Trier am Moselflusse

       eine alte, weitberühmte Abtei. Schon die Stätte, darauf

       sie steht, soll zur Heidenzeit einen Dianentempel

       getragen haben, und als ihrer Gründer rühmt sie sich

       des Kaisers Konstantin des Großen und seiner Gemahlin

       Flavia Helena. Zuerst wurde das Stift in die

       Ehre Johannes des Täufers geweiht, dann in die des

       heiligen Hilarius, unter dem vierten Abt Tranquillus

       aber erhielt das Stift den Leichnam Sankt Maximins

       und trug nun von diesem den Namen. In diesen Gegenden

       – manche sagen bei Neumagen – soll es gewesen

       sein, daß dem Kaiser Konstantin dem Großen das

       Kreuzeszeichen am Himmel erschien mit dem berühmten

       I.H.S. In Hoc Signo – scilicet vinces, in diesem

       Zeichen wirst du siegen, welche Buchstaben nach

       alter Schreibart den Namen Ihesus bedeuten. Hier sollen

       die heiligen Kirchenväter Ambrosius, Hieronymus

       und Athanasius eine Zeitlang gelebt, hier soll der letztere

       das nach ihm benannte Glaubensbekenntnis niedergeschrieben

       haben. Hier ruhen die Erzbischöfe Nicetius

       und Basinus, hier ruht Ada, Karls des Großen

       Schwester, welche einen Codex aureus der Evangelien

       schrieb.

       Und nahe bei Sankt Maximin liegt auf diesem

       uralt-heiligen Boden des Trierschen Gaues die Abtei

       zu Sankt Paulini. Die Krypta dieses Klosters ward

       zum riesigen Aschenkrug für eine Reihe der vornehmsten

       Martyrer. Rictiovar, Kaiser Maximinians Präfekt,

       verfolgte auf seines Herrn Befehl die christliche sogenannte

       Thebanische Legion allenthalben, auch in dieser

       Gegend, und mordete schonungslos. Paulinus,

       Triers Erzbischof, wurde in eisernen Ketten

       aufgehenkt; einen der Heerführer der Legion namens

       Tirsus, begrub man zur linken Paulins, den Konsul

       Palmatius ihm zur rechten Hand. Zu Häupten des

       Heiligen ruhten sieben Ratsherrn, die mit den Thebanern

       zugleich die Martyrerkrone empfingen, unter

       ihnen einer des Namens Maxentius. An diese reihten

       sich Constantius, Crescentius, Justinus, Leander, Alexander,

       Soter, die letzten drei Brüder. Zu Sankt Paulini

       Füßen wurden vier Martyrer beigesetzt, welche

       Rictiovar vor seinen Augen enthaupten ließ nach vorhergegangenen

       gräßlichen Martern: Hormisda, Papinius,

       Constans und Jovianus. Das Blut der gemordeten

       Tausende in Trier und auf diesem Gebiete floß in

       Bächen hinab zur Mosel und färbte ihre Wogen weit

       hinab rot, bis zum Schlosse Neumagen.

       92. Die heilige Genofeva

       Zu Pfalzel, sonst Pfälzel (kleine Pfalz), an der Mosel,

       steht ein getürmtes Haus, das Genofevenhaus geheißen,

       da lebte zu Erzbischof Hildulfs in Trier Zeiten

       ein Pfalzgraf Siegfried, der hatte eine treue und fromme

       Gemahlin, eines Herzogs Tochter aus Brabant.

       Aber es geschah, daß Siegfried in das Heilige Land

       ziehen mußte, ließ daher sein Weib in seiner Pfalz am

       Moselstrome zurück und übergab sie in die Obhut

       eines vertrauten Dienstmannes, des Namens Golo.

       Bevor der Pfalzgraf aber von hinnen schied, letzte er

       sich mit seiner Genofeva noch einmal herzlich, und

       sie empfing einen Sohn von ihm. Golo aber war ein

       schlimmer Hüter, er entbrannte in Liebe zu der schönen

       Herrin und begann Ränke zu schmieden, schrieb

       falsche Briefe, als sei Siegfried mit all den Seinen im

       Meere ertrunken, und las sie der Pfalzgräfin vor, und

       gestand ihr seine Liebe, und wollte sie umarmen, sie

       wehrte ihn aber mit einem Faustschlag ins Gesicht ab;

       nun verwandelte sich seine Liebe in bittern Haß; er

       entzog der Pfalzgräfin alle Bedienung, und als ihre

       Stunde nahte, wo sie des Söhnleins entbunden werden

       sollte, hatte sie niemand zum Beistand als eine alte

       Waschfrau. Da kam Botschaft in ihr Haus, daß ihr

       Herr lebe und heimkehre, des erschrak Golo, der Ver-

       räter, bis zum Tode und suchte Rat bei einem alten

       Hexenweibe, das riet ihm teuflischen Rat: Golo solle

       dem Pfalzgrafen einreden, der schöne Sohn Genofevas

       sei mitnichten der seine, wie er selbst berechnen

       könne, sondern Drakos, des Kochs. Solches tat Golo,

       indem er seinem Herrn entgegenreiste; da ward Siegfried

       sehr betrübt und wußte nicht, wie er sich des

       Weibes, das ihn nach des Lügners treulosem Bericht

       geschändet hatte, abtun solle. Da riet Golo, daß er

       Genofeva samt ihrem Kinde an ein Wasser führen und

       sie beide ersäufen wolle, und Siegfried willigte ein.

       Darauf bestellte Golo zwei Knechte, die mußten Genofeva

       und ihren Sohn hinwegführen und sollten sie

       umbringen, so oder so. Unterwegs aber jammerte den

      


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