Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig BechsteinЧитать онлайн книгу.
hat insgemein viele Hunde, meistens kleine Dächsel
und andere, manchesmal brennt den Hunden auf dem
Schwanz ein Licht. Manchesmal zieht er mitten durch
die Häuser, und da tut er niemand etwas, wenn nur die
Leute sich ruhig verhalten und sich an nichts kehren.
177. König Abels Jagd
König Abel, der Brudermörder, war Zeit seines Lebens
ein gewaltiger Jäger, und als es mit ihm zum
Sterben kam, wünschte er sich, statt der ewigen Seligkeit,
ewig jagen zu dürfen. Dieser Wunsch ward ihm
gewährt zur ewigen Strafe. Kohlschwarz im Gesicht,
von zehn manchmal feurigen, aber kleinen Hunden
begleitet, auf einem kleinen Pferde reitend, durchzieht
er die Lüfte mit Lärm und Getöse und gellem Hornruf.
Sein Schrei tönt: Hurra! Hurra! – Es war zur Zeit
König Abels Leben nicht gut, ihm zu begegnen, und
ist's auch heute noch nicht. Ein alter Bauer aus Dorf
Danewerk erzählte, wie seiner Großmutter ihre Großmutter
noch eine junge Dirne gewesen, da hätte um
das Danewerk herum noch viel Gehölz gestanden,
dahinein hätte die Dirne die Kühe getrieben und gehütet.
Da habe sie einmal unversehens in der Luft ein
fürchterliches Ramentern vernommen und wäre König
Abel in Lüften dahergesaust mit seiner Jagd. Zehn
Hunde, ganz weiße, hatte er bei sich, die hatten feurige
Zungen aus dem Halse hängen. Ach, dachte die
Dirne, nun bin ich so ganz allein, wie soll das wohl
gehen? Sie hatte ein weißes Schürztuch um, das band
sie ab, und wickelte es um ihren Kopf, und setzte sich
bei einen großen Baum und weinte. König Abel kam
nun heran und machte gar ein grausiges Geprassel
und Getöse bei ihr herum, und dann zuletzt machte er
sich wieder von dannen. Von den Hunden des Königs
Abel kam aber einer zu der Dirne heran, und sprang
ihr in den Schoß, und legte sich still hinein. Wie nun
der Lärm vorüber war, so nahm sie den Hund im
Schoß mit nach Danewerk, und da hat er sein Geschlecht
vermehrt, daß noch immer solche Däckel dort
gefunden werden. König Abels Jagd hat aber seitdem
nicht mehr zehn Hunde, sondern nur noch neun.
König Abels Pferd braucht auch Futter. Auf dem Hesterberg
bei Schleswig bringen die Bauern aus
Mielberg, wenn sie ein Stück Land mit Hafer besäen,
einen Sack voll mehr mit, als sie brauchen, nachts
kommt hernach allemal jemand, der den Hafer für
sein Pferd braucht. Darum gerät aber auch der Hafer
auf dem Hesterberg am allerbesten in ganz Schleswig.
178. Der Wode
Im Lauenburger Lande heißt der wilde Nachtjäger
Wode, mag wohl ein Namensnachhall des altheidnischen
Sachsenvolkgottes Wodan sein. Der Wode jagt
vornehmlich, wie der Harz-, Thüringerwald- und
Vogtland-Wilde Jäger in der Adventszeit und in den
Zwölften. Er reitet das altheilige große weiße Roß,
und es folgen ihm vierundzwanzig Hunde. Sein Pferd
hat nur drei Beine. Wenn die Wodensjagd auf Zäune
stößt, krachen sie gleich zusammen, über Nacht richten
sie sich von selbst wieder auf. Des Woden Hunde
bleiben bisweilen ermattet liegen, schnaufen, heulen
und winseln, so geschah es in Wulfsdorf, in Fühlenhagen
u.a. Andern Tages holt sie der Wode wieder.
Läßt eine Frau zur wilden Jagdzeit Wäsche im Freien
hängen, so wird sie von den Wodenshunden in Fetzen
gerissen. Bäckt jemand zu dieser Zeit, so kann er es
erleben, daß die Brotlaibe als Jagdhunde auf- und davonfliegen.
Läßt jemand die Haustüre unversehens
offen stehen, so kann er gewärtigen, daß das Wodensheer
hereinzieht, und hindurch, und daß die Hunde
auffressen, was sie vorfinden, absonderlich den Brotteig.
Doch weiß der Wode solchen Verlust auch zu
vergüten. Einst klagte ein Bäuerlein erbärmlich, was
es denn nun mit den Seinen essen sollte, und ob es
keinen Schadenersatz erhalten sollte. Der Wode
schrie: Jo jo! ho ho! – schmiß einen toten Hund aus
der Luft herunter dem Bauer vor die Füße und schrie
dazu: Wirf's Aas durch den Schornstein! – Der Bauer
erschrak und tat's. Der tote Hund war schwer. Auf des
Bauern Herd zerplatzte der Hundebalg, und es rollte
die Küche voll Goldstücke.
Der Wode jagt, wie der wilde Jäger im Vogtland,
die Wichtel, Holzweibel und Moosleute, die kleinen
Waldfrauen, die Erd- und Bergmännchen, die die
Leute dort im Lauenburger Lande Unterirdische nennen.
Er vertilgte sie so ziemlich von der Erde. Sein
Hauptjagdweg geht um Krumesse herum über das
Moor nach Beidendorf zu.
Ein Beidendorfer Bauer wollte einmal abends nach
Krumesse zu, da kam ein ganzer Schwarm Unterirdischer
dahergelaufen, waren aber dasmal gar nicht
bange und riefen: Heut kann er uns nicht kriegen, heut
soll er uns wohl in Ruhe lassen, heut hat er sich nicht
gewaschen! – Als der Bauer ein Stück weiter gegangen
war, fuhr der Wode daher und fragte den Bauer:
Was riefen sie?, und der Bauer antwortete: Sie sprechen,
du hättst dich von heut morgen nicht gewaschen!
– Gleich ließ der Wode sein Pferd halten, ließ
es stallen und wusch sich damit – dann ging die Jagd
los. Ehe der Bauer Krumesse erreichte, sah er den
Wode schon wiederkommen: der hatte ganze Bündel
Unterirdische hüben und drüben am Pferde baumeln,
wie Krammetsvögelklubs, und hatte sie mit den Haaren
aneinandergebunden. Jetzt jagt der Wode bloß
noch in der Luft, denn die Unterirdischen, meinen
viele, hat er bereits alle von der Erde fortgebracht.
Auch im Mecklenburger Lande wird der wilde
Jäger der Wode genannt, und werden