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Dialoge, Monologe, Interviews. Walter RuppЧитать онлайн книгу.

Dialoge, Monologe, Interviews - Walter Rupp


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Wer weiß?

      FRAU: Wo bliebe da die Gerechtigkeit? Einen, der sich abfällig über die Religion geäußert hat, würde ich dort nie reinlassen.

      MANN: Da wird mancher sein, von dem man das nicht erwartet hätte, und mancher nicht sein, den man erwartet hätte.

      FRAU: Ich bin für Gerechtigkeit. Ich glaube, ich könnte eine Ewigkeit hindurch nicht glücklich werden, wenn ich erfahren müsste, dass die vielen, die mir Unrecht taten, dafür nicht büßen müssen.

      MANN: Gottlob, bist du für das Rechtsprechen nicht zuständig.

      FRAU: Du verteidigst auch noch die Atheisten?

      MANN: Beruhige dich. Drüben gibt es die naturgemäß nicht mehr.

      FRAU: Strafe muss sein. So etwas kann man nicht durchgehen lassen.

      MANN: *Belustigt: Vielleicht konnte Voltaire Strafmilderung erwirken, weil er in einem Jesuitenkolleg erzogen wurde.

      FRAU: Mit Dir kann man nicht vernünftig reden. Du machst alles lächerlich

      MANN: Wer weiß? Vielleicht warst du einmal Marilyn Monroe.

      FRAU: Hör auf.

      MANN: Du hast Recht, wahrscheinlich nicht.

      GREIS UND GREISIN

      GREISIN: Die Ärztin hat mir jetzt das Rauchen und das Trinken erlaubt.

      GREIS: Oh, das ist schlecht. Sehr schlecht sogar.

      GREISIN: Wieso schlecht, wenn sie eingesehen hat, dass es mir nicht schadet? Sie hat sogar gesagt: Sie dürfen alles zu sich nehmen, was Ihnen schmeckt.

      GREIS: Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn ein Arzt alles erlaubt. Dann hat er den Patienten aufgegeben.

      GREISIN: Sie machen mir ja Angst. Das habe ich noch nicht gewusst.

      GREIS: Ich hätte es auch nicht bemerkt, wenn mich nicht mein Therapeut darauf aufmerksam gemacht hätte: dass es bedenklich ist, wenn man keine Midlife-Krise hatte.

      GREISIN: So etwas hat doch jeder normale Mensch. Und wie holt man dieses Versäumnis nach?

      GREIS: Er hat mir versprochen, dass er den Schaden bereinigen kann, wenn ich eine Behandlung von 4 Jahren auf mich nehme.

      GREISIN: Ich habe einmal gelesen, dass verschleppte Midlife-Krisen schlimme Nachwirkungen haben, von denen man sich zeitlebens nicht mehr erholt.

      GREIS: Mein Therapeut hat mir von Fällen erzählt, wo die Midlife-Krise weit über die Pensionierung hinaus anhielt, vor allem wenn sie sehr jung und sehr hübsch war.

      GREISIN: Gibt es das, sehr junge und sehr hübsche Krisen?

      GREIS: Ja, dann sind sie allerdings fast immer unheilbar.

      PIERCING-STUDIO

      P-KÜNSTLERIN: Sie kommen schon wieder? Sie waren doch erst vor kurzem bei mir. Waren Sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden?

      KUNDE: Doch, doch... Ich möchte nur eine kleine Änderung: dass Sie Lisa durch Teresa ersetzen.

      P-KÜNSTLERIN: Alles lässt sich machen. Zeigen Sie mal her. Da müssen wir natürlich erst abschaben, bevor wir… Aber Ihre Haut hält das schon aus. Außerdem sind Sie ja nicht empfindlich.

      KUNDE: Ich werde keinen Laut von mir geben.

      P-KÜNSTLERIN: Haben Sie nicht schon einmal den Namen ändern lassen?

      KUNDE: Ja, als die Sache mit Vera zu Ende war. Wir waren 4 Wochen beisammen. Es ist nun einmal so: Da hat man sich nichts mehr zu sagen.

      P-KÜNSTLERIN: Und jetzt sind wieder 4 Wochen um?

      KUNDE: 4 Wochen sind eine verdammt lange Zeit.

      P-KÜNSTLERIN: Ihre Haut bietet ja so viele ungenutzte Stellen. Da haben noch viele Namen Platz.

      KUNDE: Nackte Haut ist widerlich.

      P-KÜNSTLERIN: Der Zivilisierte hat sich weit von der Natur entfernt. Er sollte sich die Naturvölker zum Vorbild nehmen. Was haben die für herrliche Nasenringe und kunstvoll durchbohrte Zungen oder Lippen.

      KUNDE: Ich glaube, ich könnte Ihren Beruf auch ausüben.

      P-KÜNSTLERIN: Sie? Meinen Beruf. Dafür braucht man eine besondere Begabung. Einen besonderen Geschmack und eine Menge Phantasie.

      KUNDE: Die habe ich. Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche Stadtviertel gestaltet.

      P-KÜNSTLERIN: Sind Sie Architekt?

      KUNDE: Architekt? Nein. Wie kommen Sie darauf? Ich bin Graffiti-Künstler.

      P-KÜNSTLERIN: Ein schöner und gefährlicher Beruf.

      KUNDE: Die Leute haben keine Ahnung, unter wie schwierigen Bedingungen wir Graffiti-Künstler Häuserwände, U-Bahnstationen oder Mauern - gestalten müssen.

      P-KÜNSTLERIN: Das Hantieren mit Spraydosen stelle ich mir schwierig vor,

      KUNDE: …vor allem nachts, bei spärlicher Beleuchtung und immer auf der Lauer, nicht ertappt zu werden,

      P-KÜNSTLERIN: Dann sind Sie also auch ein Künstler.

      KUNDE: Leider werden Kunstwerke von Banausen häufig übermalt.-

      P-KÜNSTLERIN: Und die Behörden sehen das nicht gern.

      KUNDE: Was lassen sich denn die Leute so alles eingravieren?

      P-KÜNSTLERIN: Was man sich nur denken kann. Daten, Sprüche, Blumen oder Tiere.

      KUNDE: Ich werde mir sicher einmal eine Ratte oder Kobra eingravieren lassen. Mir macht es einfach Spaß, wenn ich spießige Typen schockieren kann. - Welche Namen sind denn heute so in?

      P-KÜNSTLERIN: In letzter Zeit auffallend häufig: Joschka, Gerhard, Edmund oder Angela. Oft auch Feldbusch oder Raab.

      KUNDE: Sind die Leute so einfallslos?

      P-KÜNSTLERIN: So jetzt haben wir's. *Hält einen Spiegel hin. KUNDE: *entsetzt: Was haben Sie denn da gemacht? Teresa schreibt man ohne h.

      P-KÜNSTLERIN: Ach so, diese verdammte neue Rechtschreibung. – Ich kann Ihnen ja einen Preisnachlass geben.

      KUNDE: Ich will keinen Preisnachlass! Ich will, dass das h auf meiner Haut verschwindet.

      P-KÜNSTLERIN: Dann muss ich Sie noch etwas quälen.

      KUNDE: Au, Sie tun mir weh!

      P-KÜNSTLERIN: Sind Sie nicht so wehleidig. Ich musste etwas tiefer unter die Haut. - Lisa war doch ein schöner Name...

      KUNDE: Meine neue Freundin stößt sich dran. Wie eben die Weiber sind.

      Sie erträgt es nicht, dass da noch eine andere ist. Ich glaube, sie ist eifersüchtig.

      P-KÜNSTLERIN: Die Lisa.

      KUNDE: Die Teresa!

      P-KÜNSTLERIN:


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