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Der 884. Montag. Gunter PreußЧитать онлайн книгу.

Der 884. Montag - Gunter Preuß


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will sie einen ordentlichen Staatsbürger machen, auf den die Familie stolz sein kann.

      Sie saß schwitzend, mit geblähtem Kropf auf zwei Stühlen, kaute und käute gleichzeitig wieder und sagte: "Wie schmeckt denn die neue Arbeit, Bruno? Wirst du es denn diesmal aushalten?"

      "Kann sein."

      "Kann sein, was soll denn das heißen? Willst du dich nicht endlich zusammenreißen, Junge. Du bist doch ein erwachsener Mensch. Oder willst du nie erwachsen werden?"

      "Kann sein."

      "Bei uns muss man was darstellen, Bruno. Du musst begreifen, dass es in der Freiheit nicht mehr so ist, wie ehemals in eurem kommunistischen Konzentrationslager, wo eins war wie das andere. Ich werde dir jetzt sagen, wie aus dir was wird."

      Onkel Hagen hatte rülpsend auf seinen Einsatz gewartet und übernahm nun die zweite Stimme im Singspiel "Das Einmaleins des Kapitals" von Krupp und Thyssen. Er warf sich in die Brust, dass sein Gerippe krachte, knallte die Hacken zusammen und schnarrte: "Du musst darstellen, dass du was bist."

      "Dass du Erfolg hast, musst du darstellen", trillerte Tante Resi ihren Part.

      "Und wenn du was darstellst, hast du auch Erfolg", orgelte Onkel Hagen das Intermezzo.

      Tante Resi griff nun schräg in die Tasten ihrer gewaltigen Klaviatur: "Und wenn du Erfolg hast, dann bist du auch dabei."

      Onkel Hagen bereitete sich auf den Höhepunkt vor, und seine Stimme wechselte vom Heldentenor in den Sopran: "Und wenn du einmal dabei bist, dann bist du immer dabei."

      "Wenn du nicht vergisst, was das Wichtigste ist", ließ Tante Resi noch einmal das Anfangsmotiv anklingen. Und beide vereinigten sich zu einem orgastischen Finale: "Das Wichtigste ist: etwas darzustellen!"

      Als der letzte Triller verklungen war, hatte ich meinen Auftritt, der viel zu schlapp war, als dass er auch nur eine Stubenfliege von einem Stück Käse vertrieben hätte. Ich sagte nur: "Ihr sagt es. Und ich glaube euch sogar, dass es so funktioniert. Jawohl, ihr sagt es."

      Tante Resi hatte wohl stürmischen Applaus für eine Zugabe, oder zumindest einen lungenkranken Jauchzer erwartet. Sie sagte voller Abscheu für einen diktaturgeprägten Ostler, der nun mal keine große künstlerische Leistung einer Demokratie würdigen kann: "Also wenn unsere heutigen jungen Menschen alle so wären wie du, Junge, da stände uns ein trauriges Kapitel Geschichte bevor. Hast du denn überhaupt kein Ehrgefühl im Leib, Bruno?"

      "Kann sein."

      Onkel Hagen fingerte in seinem Steinbruch nach Essenresten. Er passte auf, dass seiner alten Fregatte nicht der Wind aus den Segeln kam: "Hast du denn überhaupt kein Rückgrat, Mann? Kann sein - was soll denn das? Es gibt nur Ja oder Nein. Dir fehlt Courage, ein bisschen Schliff, Haltung, mein Junge, Haltung braucht der Mann. Na, ich verspreche mir einiges, wenn du bald zum Militärdienst eingezogen wirst, davon verspreche ich mir sehr viel, mein Junge. Beim Militär bekommt man immer noch am ehesten und auf die einfachste Weise den Kopf gerade gerückt."

      Onkel Hagen ritt auf seinem abgeklapperten Schlachtross, das er seit dem 2. Punischen Krieg, als er unter Hannibal die Alpen überquerte und in Italien eindrang, gesattelt hielt. Er hätte mich unter die Hufe genommen, wenn ich nicht augenblicklich einen taktischen Rückzug angetreten hätte.

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