Milly con Carne. Carola KäpernickЧитать онлайн книгу.
immer sofort an mich und sagt dann Sachen wie: „Damit ich auch sichergehen kann, dass du es auch bekommst.“ Dass Maria aus dem Hintergrund lautstark protestiert und von Blähungen aus der Hölle spricht, bestätigt Laurenz nur in der Ansicht, dass ich das Wienerle nicht zu Gesicht kriegen würde, wenn er es seiner Schwester aushändigte.
„Schwesterherz, nun gönn der kleinen Milly doch auch mal was!“ Genau meine Meinung übrigens.
„Ich gönne ihr doch. Ich möchte halt nur, dass sie auch verträgt, was sie frisst.“
„Tut sie doch.“
„Sagt wer?“
„Millys Blick!“ Bei der Aussage krault Laurenz mich unterm Kinn. Sind kleine Schwestern nicht eigentlich verpflichtet, auf größere Brüder zu hören?
„Ben sagt, ich soll ausprobieren, welche Fleischsorten sie verträgt und welche nicht. Gestern hat Tamara ihr Döner und Apfel-Leberwurst-Eis gegeben und heute kommst du mit Wiener Würstchen an. Wie soll ich da herausfinden, wovon sie Blähungen bekommt?“
„Lass einfach das Hundefutter weg und gib ihr Wurst und Fleisch! Und wer ist Ben?“
„Millys Tierarzt.“
„Du nennst ihn beim Vornamen? Schwesterchen, hab ich was verpasst? Sorge ich mich etwa immer noch um deinen seelischen Zustand und dabei schwebst du schon wieder auf Wolke Sieben?“
„Quatsch. Ben hat mich gebeten, beim Tierheim mitzuhelfen, wenn die Hunde dort trainiert werden. Und da duzen sich alle.“
„Schade. Es hätte mich gefreut, wenn du Lukas tatsächlich zu den Akten legen könntest.“
„Der ist zu den Akten gelegt!“
„Wirklich?“
„Na gut, vielleicht ist die Akte noch offen. Aber ich blättere nicht mehr so viel darin herum. Wirklich!“
„Ok. Und das liegt an Ben?“
„Eher an Milly.“
„Ähm, Maria. Ein Hund ist kein Ersatz für einen Mann.“ Da hat Laurenz recht. Ein Hund ist viel besser. Und wichtiger. Und treuer. Und überhaupt: Es ist eine Frechheit, das miteinander zu vergleichen!
„Brudi, nun bleib mal auf dem Teppich. Du kannst doch einen Hund nicht mit einem Mann vergleichen!“ Ich wusste, dass ich hier goldrichtig bin. Wir sind uns einig.
„Ich hoffe nur, dass du das auch weißt, Maria.“ Maria schnaubt und geht in die Küche. Sie kommt mit zwei Bier und ein paar belegten Broten zurück. In meinem Napf liegen ein paar Brocken Trockenfutter, was wohl heißt, dass sie mir das Wiener Würstchen von meiner Ration abzieht. Ich stecke meinen Kopf in den Napf und übe schon mal den Blick, mit dem ich ihr eine Scheibe Bierschinken abbetteln werde. Jawohl!
Die Geschwister essen und plaudern noch über dies und das. Laurenz kommt auf die Vespa zu sprechen, dieses Vehikel, dem ich meine Bekanntschaft mit Maria und Maria die ihre mit dem Asphalt zu verdanken hat.
„Du willst die Vespa verkaufen?“
„Ja. Ich bin ja nun mit Hund unterwegs. Und da kann ich sie doch nicht nutzen. Zum Herumstehen ist sie doch auch zu schade.“
„Gibt es keine Anhänger für Hunde oder einen Korb?“
„Keine Ahnung. Aber meinst du nicht, dass Milly Angst hat, mitzufahren?“
„Das muss man wahrscheinlich ein wenig mit ihr üben. Aber es gibt doch Fotos von Hunden, die sogar mit aufs Surfbrett gehen, da wird es ja vielleicht machbar sein, ihr das Mitfahren auf dem Roller anzugewöhnen.“
„Muss ich Ben morgen mal fragen.“
„Morgen?“
„Ja, er gibt ein Grillfest für die Helfer vom Tierheim.“
„Nett von ihm.“
„Find ich auch.“
„Und schön, dass du hingehst.“
„Warum sollte ich nicht hingehen?“
Laurenz holt Luft, lässt den Satz aber ungesagt. Falls Maria noch gar nicht an den Geburtstag von Lukas gedacht hat, will er nicht der Grund sein, dass sie es nun doch noch tut. Laurenz kennt Lukas aus der Schule und war selbst mit ihm befreundet. Bis er gemerkt hat, was Lukas für eine Masche bei den Frauen abzieht. Und als er sich an seine Schwester herangemacht hat, hat er Lukas sogar Schläge angeboten. Bis heute hat er das Gefühl, dass Lukas sich Maria nur gekrallt hat, weil er so vehement dagegen war. Dummerweise hat er durch seine Einmischung bei Maria Trotz produziert und sie hat sich quasi demonstrativ an den Hals dieses Mistkerls geworfen. Als sie bemerkte, wie Lukas sie behandelte, hielt sie an ihm fest, weil sie sich nicht eingestehen wollte oder konnte, dass Laurenz Recht hatte. Maria war lange zu stolz, sich zu trennen, weil sie Laurenz Schadenfreude fürchtete. Damit war er nicht nur schuld an dem Dilemma überhaupt, sondern auch noch daran, dass es viel länger als nötig andauerte. Aus dem Grund versucht er jetzt auch, Maria so gut zu helfen, wie er konnte. Eigentlich sind wir Kollegen, denn wir haben beide den Auftrag, einen neuen Beischlafberechtigten für Maria aufzutun, mit dem sie aber auch glücklich wird.
Marias Blick wird traurig, vermutlich weiß sie genau, was Laurenz denkt. Sie räuspert sich und sagt dann: „Mach dir keine Vorwürfe! Ich bin selber groß und habs verbockt. Nun muss ich mit den Konsequenzen leben und tue das auch. Eigentlich trauer ich ihm nicht nach. Viel mehr bin ich wütend auf mich selbst. Und ich bin froh, dass du mein Bruder bist.“ Sie umarmte Laurenz fest und er drückte sie ebenfalls an sich. Ich schnappte mir den Bierschinken von Laurenz Brot, der lachte und nannte mich einen Schlawiner. „Ich stehe ohnehin auf Butterbrot.“ Er lachte und aß das Brot, obwohl ich dran geschleckt hatte. Ein echter Hundemensch ist der Laurenz. Und ein toller Bruder.
„Dann lass es morgen richtig krachen auf der Grillparty!“, kauend zeigte er auf mich. „Und halte Milly bloß vom Essen fern!“
„Das mache ich. Die Truppe, die sich um die Hunde kümmert, ist wirklich total nett. Schade, dass die Tierheimhunde nicht auch kommen. Milly wird sich vermutlich ziemlich alleine fühlen.“
„Soll ich sie nehmen?“
„Nicht nötig. Sie ist mein Alibi, falls ich gehen will und es nicht so gut passt. Dann kann ich sagen, dass Milly noch eine Runde braucht.“
„Soso. Ist der Ben so schlimm, dass du es nicht lange aushältst dort?“
Maria zuckte nur mit den Schultern. Woher sollte sie auch wissen, wie das Fest morgen wird.
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