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In Amerika. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

In Amerika - Gerstäcker Friedrich


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deshalb nicht vor den Kopf stoßen, und wenn man ihn auch, so weit das höflicherweise anging, fühlen ließ, dass er in diesem Kreis entbehrt werden könne, so merkte das der Yankee nicht, oder – wollte es vielleicht nicht merken. Was die „stuck up folks“ zu sein glaubten, dünkte er sich auch: ein freier Amerikaner, und denen musste er deshalb erst recht zeigen, dass er ihnen nicht gestattete, „über ihn weg zu gucken.“

       Vor allen Dingen wurde an der Bar ein glass all around – d.h. für alle getrunken, an dem Sherard jedenfalls teilnahm, dann aber sprach Taylgrove ein paar Worte mit dem Wirt, ließ sich von ihm Geld geben, das er gerade nicht bei sich führte, und nahm den Yankee auf die Seite, um ihn „auszuzahlen.“

       „Mr. Sherard“, sagte der alte vornehme Herr, „ich möchte Ihre kostbare Zeit nicht gern länger als nötig in Anspruch nehmen und Ihnen gleich hier unsere Schuld abtragen. Hier sind die zehn Dollars für Ihre Tiere – denn dass sie es in kürzerer Zeit als einen Tag beendet haben, ist ja doch nun unser Vorteil – hier die fünfzehn Dollar Prämie für den Fang, und hier die zehn Dollar, die Ihnen Mr. Harper extra zugesichert hat; ich berechne mich nachher mit ihm.“

       „Sehr schön, Mr. Taylgrove“, nickte der Yankee, indem er das Geld, in guten mexikanischen Dollar20, zusammen in sein seidenes Taschentuch strich und es dann darin fest zusammenknotete, „all right und stimmt wie eine Kirchenrechnung – die Hunde stehen Ihnen allzeit zu Diensten.“

       „Hoffentlich haben wir nicht so bald wieder Gebrauch dafür.“

       „Wäre mir nicht lieb“, lachte Sherard, „denn mit dem Handel ist es jetzt eine verteufelte Geschichte. Der Henker traue den Schurken im Norden. Sie gehen mit dem Kopf vorwärts drauf los, und wenn ihnen Lee nicht tüchtig auf den Hacken sitzt...“

       „Wird es schon besorgen“, nickte ihm Taylgrove zu, der sich mit dem Mann nicht in ein langes Gespräch einlassen wollte, und schritt dann zu seinen Freunden zurück, um mit diesen das Weitere zu beraten. Der Yankee war aber nicht sobald abgeschüttelt. Seinen Geldballen in der linken Hand, schlenderte er langsam hinter ihm her, rückte sich einen Stuhl heran und nahm ruhig zwischen den Übrigen seinen Platz. Er hatte hier dasselbe Recht wie sie und gedachte Gebrauch davon zu machen.

       Die Pflanzer sahen ihn allerdings von der Seite an, aber es mochte und konnte ihn keiner fortweisen, und der gegenwärtige Fall interessierte sie auch alle zu sehr, um ihn länger zu beachten. Er hatte seine Schuldigkeit getan und war dafür bezahlt worden, weiter wünschte aber keiner von ihnen einen näheren Verkehr mit ihm.

       Taylgrove, Harper, Urguard, Doktor Simms, der Apotheker, Mr. Bool, und drei andere Pflanzer aus der Umgebung, ebenso wie zwei hier ansässige Advokaten, Lesley und Johns, mit dem Richter Rodgers, hatten sich auf das Gerücht der Verfolgung hier eingefunden. Es waren das auch alle die „weißen Männer“, die in der Nachbarschaft aufgetrieben werden konnten, denn Bool war zugleich Postmeister, und sie bildeten solcher Art zugleich die Jury, wenn sie zusammenkamen, denn dass niemand Negerblut in den Adern, oder selbst nur die weißen Aufseher, die aber „in Diensten“ standen, dazu genommen werden durften, verstand sich von selbst.

       „Well, Gentlemen“, sagte Urguard, der die Verhandlung eröffnete, „den gelben Schuft haben wir jetzt, und ich glaube, es bedarf kaum einer Frage, was mit ihm geschehen soll. Er hat versucht, unsere Sklaven zur Empörung aufzureizen, und unserer eigenen Sicherheit sind wir es schon schuldig, dass wir kurzen Prozess mit ihm machen. – Eine lange Verhandlung wird da keinesfalls nötig sein.“

       „Wir selber können nur“, bemerkte Lesley, „keinen Beschluss darüber fassen, ohne uns förmlich konstituiert zu haben, und dazu wäre hier nicht der passende Platz; wir müssen hinüber ins Gerichtshaus gehen. Meinen Sie nicht, Mr. Rodgers?“

       „Ja, allerdings“, nickte dieser etwas verlegen, denn Mr. Rodgers liebte seine Bequemlichkeit, und er hätte den Platz, wo er sich gerade vollkommen wohl befand, nicht gern gleich wieder verlassen. „Übrigens leben wir jetzt in einem Ausnahmezustand, wir sind mitten im Krieg, und wo es das Beste des eigenen Landes gilt, weiß ich nicht, ob da nicht eben jeder Platz auch dieselbe Berechtigung hat, um eine so wichtige Sache zu behandeln.“

       „Mr. Rodgers“, sagte Lesley, „man könnte uns nachher den Vorwurf machen, dass wir die Sache im Wege der ,Lynch-Justiz’ beseitigt hätten, und ich weiß nicht, ob wir wohl daran täten – möchte mich selber wenigstens dagegen verwahren.“

       Der Richter schüttelte etwas ungeduldig mit dem Kopf, erwiderte aber nichts darauf, denn er wusste, dass der Advokat allerdings Recht hatte, und überlegte sich gerade, wie die Sache am besten und einfachsten zu betreiben sei, als in die schon offene Tür der obere Sheriff, Mr. Bolling, eintrat und dem Gespräch rasch eine andere Wendung gab.

       „Gentlemen“, sagte er, wie er nur die Gesellschaft begrüßt hatte und dann ohne weiteres an die Bar ging, um sich ein Glas Brandy und Wasser geben zu lassen, „es ist etwas im Wind. Ich habe eben einen alten Bekannten aus den oberen Ansiedlungen gesprochen, und der behauptet, dass Sherman, von dem wir so lange nichts gehört, direkt auf Charleston losrücke und den Hafen bedrohe.“

       „Unsinn, Mann“, lachte Urguard, „Sherman, der Popanz, mit dem sie hier schon seit Wochen die Kinder zu fürchten gemacht haben, wird froh sein, wenn er ungepflückt aus dem Norden von Georgia wieder hinauskommt, und denkt gar nicht daran, seinen Hals in eine solche Schlinge zu stecken. Wer hat Euch das Märchen aufgebunden?“

       „Mr. Urguard“, sagte Bolling, indem er den Rest in seinem Glas schwenkte, um den Zucker los zu bekommen, und es dann hinterschlüfte, „General Sherman ist einer der gefährlichsten Gegner, die wir haben, und noch frisch bei der Stange. Ja, wenn es McClellan wäre, dann wollte ich nichts sagen, und das Ganze hätte keine besondere Gefahr, aber der Teufel traue d e m Burschen, und die Besatzung von Charleston mag nur auf ihrer Hut sein, bis unsere Truppen nachrücken können, oder sie bekommen einmal eines Nachts unwillkommenen Besuch.“

       „Bah! So viel für Sherman“, sagte auch Taylgrove, „er wird sich hüten, sich ohne Reserve so weit nach Süden zu wagen.“

       „Und wenn er es doch täte?“, meinte der Sheriff. „Haben wir hier etwa Truppen, die wir ihm entgegenstellen könnten? Hol’s der Henker! Die ganze Geschichte hier kommt mir beinah so vor wie so ein Laden in den Städten drunten, wo sie auch ihre sämtlichen Waren in den Schaufenstern liegen und keinen Vorrat haben, aus dem sie das Verkaufte ergänzen können. Hier bei uns könnte er mit der größten Ruhe durchmarschieren, und wir wären wahrhaftig nicht imstande, ihn zu hindern.“

General McClallen

      Links: General William Tecumseh Sherman , rechts General

      George Brinton McClellan

       „Bah, Unsinn“, sagte Bool, der Apotheker, „aller Wahrscheinlichkeit nach existiert Sherman mit seiner ganzen Bande gar nicht mehr, denn sonst müssten sie doch wenigstens im Norden wissen, wo er geblieben ist. Die letzten neuen Zeitungen, die wir von dort bekommen haben, zerbrechen sich aber selber den Kopf, wo er möglicherweise stecken könne, und suchen sich einander über sein Schicksal zu beruhigen. Zehn gegen eins will ich wetten, dass wir in den nächsten Tagen Nachricht bekommen, wie er von dem Volk unterwegs gefasst und aufgerieben ist, und wenn wir etwas hier von ihm zu sehen bekommen, so werden es Gefangene sein, die unsere Truppen vielleicht nach Savannah durchtransportieren.“

       „Ich will’s wünschen“, meinte Lesley, „aber recht trauen tue ich ihm auch nicht. Es soll ein zäher, rücksichtsloser Gesell sein, der sein eigenes Leben keinen Pfifferling wert achtet, und ein Kunststück wär’s wahrhaftig nicht, hier durch das Land zu ziehen, wenn einer nur den richtigen Mut dazu mitbringt.“

       „Ach, lasst den Unsinn“, sagte Taylgrove, „was kümmern uns die albernen Gerüchte, die schon seit Wochen im Staat umlaufen und nur von solchen Leuten geglaubt werden, die vielleicht ein Interesse an der Sache haben. Den N e g e r n wäre es vielleicht erwünscht, das glaub’ ich, aber denen müssen wir jetzt dafür auch desto fester


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