Эротические рассказы

Herzkalt. Joachim KathЧитать онлайн книгу.

Herzkalt - Joachim Kath


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ließ mich unaufgefordert in den Lehnstuhl vor seinem massiven Eichenholztisch fallen.

      „Was kann ich für dich tun, mein Junge?“ Mr. Rudford sagte immer zu uns allen mein Junge und nannte uns bei den Vornamen. Aber keiner hatte es jemals gewagt, ihn John zu nennen. Er klopfte auch immer allen auf die Schulter, legte seinen Arm politisch vollkommen inkorrekt auf den Rücken von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Niemals jedoch hatte ich gesehen, dass irgendjemand das Gleiche bei ihm getan hätte. Er genoss Respekt, ohne autoritär zu sein. So einer von der alten Schule eben, der meinte, was er sagte. Bei dem man nichts Schriftliches brauchte. Den sie zum Kunden schickten, wenn es brenzlich wurde und der Etat wackelte.

      „Was machst du so den ganzen Tag?“ fragte er. Es war eine seiner vermeintlich harmlosen Fragen, die er immer stellte und auf die man schlecht antworten konnte und die man eigentlich nur ignorieren konnte. Was hätte ich sagen sollen? Vielleicht das ich einen Drogendealer jage, der meine Tochter auf dem Gewissen hat?

      „Ich könnte eine Woche was für die Firma tun!“ sagte ich stattdessen.

      „So geht das allen“, sagte er. „Wenn sie hier sind, verwünschen sie uns. Und wenn sie nicht mehr hier sind, merken sie erst, was das für ein toller Laden ist. Du kannst sagen, was du willst David. Es gibt keine Agentur auf der Madison Avenue und schon gar nicht auf der Park Avenue, die unsere Philosophie erreicht. Die Burschen, die wechseln, ködern sie mit mehr Geld. Warum? Weil sie wissen, dass unsere Leute gut sind. Nicht weil sie mehr können, sondern weil sie mehr Charakter haben.“

      „Und deshalb können sie mehr!“ pflichtete ich ihm bei.

      „Exakt!“ sagte er, „hier haben viele im Mailroom begonnen und sitzen jetzt in Corner Offices. Mit Anteilen im Safe.“

      „Ich hätte auch im Mailroom beginnen sollen und nicht eine Stufe höher im Traffic!“ sagte ich.

      „Genau, das ist es, David, was ich immer sage. Man muss ganz unten beginnen und dann an den anderen vorbeiziehen. Wer in der Mitte einsteigt, bleibt auch dort. An den Rändern spielt die Musik.“

      „Im nächsten Leben werde ich dran denken!“ sagte ich. Natürlich war ich nicht seiner Meinung, dass man unten anfangen muss, um nach oben zu kommen. Das war und ist ein Märchen, genauso wie das Klischee vom Tellerwäscher zum Millionär. Einmal abgesehen davon, dass der Job heute sowieso von Maschinen erledigt wird.

      „Okay, du suchst Arbeit, David! Wir hätten da eine Konzeption für die Toilettenmänner zu machen!“ sagte er und blinzelte mir zu. Man war sich nie ganz klar, wann er etwas witzig meinte. Ich wusste, dass die Agentur schon seit langem versuchte, einen Auftrag von einem Unternehmen zu ergattern, das Papier herstellte und mehrere große Klopapiermarken hatte.

      „Tissue oder Krepp?“ fragte ich möglichst professionell.

      „Ich glaube, es ist das mehrlagige Zeug!“ sagte er dröhnend. „Aber frag’ mal Ben, die sind da in einer kreativen Sackgasse, vielleicht kannst du denen ein paar frische Ideen liefern.“

      „Okay, Sir! beeilte ich mich, obwohl bei Mr. Rudford kein Meinungswandel zu erwarten war. Er mochte es nur nicht, wenn man zögerte. Immer klare Kante, dann war man bei ihm gut angesehen.

      „Halt!“ sagte er, als ich schon aufstehen und gehen wollte. „Zuerst müssen wir das Honorar klären. Weil du für uns freiberuflich tätig bist und alles selbst versteuern musst, bekommst du ein halbes Monatsgehalt von dem, was du vorher hattest, für diese eine Woche. Ich verstehe zwar immer noch nicht deine skurrile Idee mit dem Aussteigen und selbständig arbeiten, aber gut, wenn du als Freelancer zu Recht kommst, ist das deine Sache. Ich hoffe, du bist einverstanden.“

      „Yes, Sir! Thank you, Sir!“

      „Reumütig kehrt der verlorene Sohn unter das warme Dach zurück“, lästerte Ben und die anderen nickten beifällig. Es war keine Feindschaft, wir kannten uns seit Jahren. Hatten als Kreative so manche Schlacht gegen die Kontakter geschlagen. Jene Leute, die uns immer drängten, Termine einzuhalten und von denen wir im Gegenzug behaupteten, sie brauchten weiter nichts als lange Arme, damit sie die Pappen mit den Layouts zum Kunden schleppen konnten.

      „Für eine Woche bin ich hier“, sagte ich, „also lasst uns keine Zeit verlieren Her mit dem Briefing!“ Ben griff zum Telefonhörer und beauftragte seine Sekretärin, mir eine Kopie von dem Kundenauftrag auszuhändigen. Doch, wir waren eine eingespielte Truppe gewesen. Alle schon älter und erfahren, mit grauen Haaren oder zumindest lichten Stellen. Ohne Aussicht auf Beförderung, aber noch recht helle im Kopf. Und sagenhaft routiniert. Wo sich die jungen Herren in ihren Maßanzügen reihenweise die Zähne ausbissen, zogen wir einfach nur Schubladen auf. Alles schon mal da gewesen. Wir verblüfften reihenweise jeden, der von uns in kurzer Zeit Sachen für eine Präsentation verlangte.

      Ja, was war unser Geheimnis. Wir hatten einen Art Director in unserem Team, der besaß das beste Anzeigenarchiv von ganz Manhattan, wahrscheinlich aber von der ganzen Welt. Egal um welche Branche es ging und welche Konzeption wir diskutierten, nach spätestens einer Viertelstunde war er zurück und legte Beispiele vor. Meint ihr so oder so? Diesen Look oder jenen, eher in diese Richtung oder in eine ganz andere. Mehr Ideologie oder mehr Information.

      Genaugenommen waren wir überhaupt nicht kreativ. Aber überall im Hause und bei den Kunden und bei der Fachpresse galten wir jahrzehntelang als die Top-Leute. Wenn sie uns gefragt hätten, ob wir aufsteigen wollten in der Hierarchie, hätten wir abgelehnt. Doch sie waren froh, dass wir Kampagnen am Fließband produzierten. Und deshalb kamen sie nicht auf den Gedanken, uns zu fragen. Oder sie verwarfen ihn insgeheim.

      Wir hatten so etwas wie Narrenfreiheit. Aber wir nutzten sie nicht aus. Unsere Sachen waren grundsolide und verkauften sich wie warme Semmeln. Manchmal konnten wir es selbst nicht begreifen. Wenn wir zu stark abgekupfert hatten, meinten wir, sie müssten es eigentlich merken. Doch darauf kamen sie in ihrer Phantasielosigkeit nicht. Außerdem interessierten sie sich mehr für Yachten und irgendwelche Frauen, die auf dem Weg waren, Stars zu werden, aber nie welche wurden.

      Wer mit sie gemeint war? Ach so, alle Entscheidungsträger, unsere Bosse und die Bosse unserer Kunden. Das war eine Sorte. Wir machten uns gelegentlich über sie lustig und zeigten ihnen Sachen, die sie abschießen sollten und andere, die sie kaufen sollten. Doch wir konnten davon ausgehen, dass sie aus unserer Sicht grundsätzlich das Falsche taten. Deshalb gibt es auch so viele dumme und langweilige Kampagnen. Wahrscheinlich ist in der Werbung das Falsche das Richtige, denn sie hatten Geld wie Heu.

      So ganz ernst nahmen wir sie jedenfalls nicht. Auch wenn sie uns in Abständen damit drohten wir würden als Schlipsverkäufer bei Macy’s enden. Bloomingdale’s wäre uns sehr viel lieber, pflegten wir dann zu antworten. Weil sie nie wussten, was uns einfiel, wurden wir den Kunden nur selten vorgeführt. Einmal deshalb, weil wir das Durchschnittsalter der Agentur doch sehr nach oben drückten, was nicht dem jugendlichen Image, das man anstrebte entsprach. Und dann natürlich, dass wir als unberechenbar galten. Also in dem nicht ausrottbaren Ruf standen, die Wahrheit zu unpassenden Gelegenheiten zu verkünden. In Wirklichkeit waren wir sehr verlässlich und wussten uns durchaus taktisch zu verhalten, taten aber bewusst nichts, was unsere vermeintliche Gefährlichkeit aufgehoben hätte.

      Im Laufe der Jahre sollte unsere Abteilung „Task Force“ mindestens ein Dutzend Mal aufgelöst oder verjüngt werden, aber alle Bemühungen scheiterten an plötzlich auftauchenden Großaufträgen oder an Mr. Rudford, der wie ein Löwe für seine Jungs kämpfte. Natürlich hatten wir ihn längst in Verdacht, bei einigen Kunden irgendwelche Kumpels aus gemeinsamen Studienzeiten zu haben, die ihm im rechten Augenblick zur Seite sprangen. Jedenfalls gab es in unserer Gruppe immer massenhaft zu tun, wenn andere wenig hatten. Und auch wenn wir überhaupt nichts hatten, entfachten wir einen Wirbel im Neugeschäft, der mindestens so aussah, als ob wir noch mehr als andere zu tun hatten.

      Mr. Rudford, der Biochemie in Harvard studiert hatte und angeblich im Zweiten Weltkrieg zusammen mit John F. Kennedy auf einem Minensuchboot der US-Marine gedient hatte, sprach immer von Korpsgeist und schlug junge Kontakter gerne dadurch in die Flucht, dass er sie nach ihrer Einheit fragte. Er erweckte jedenfalls bei anderen im Hause den Eindruck, er sei Militarist. Was aber überhaupt nicht


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