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Heidis Lehr- und Wanderjahre. Johanna SpyriЧитать онлайн книгу.

Heidis Lehr- und Wanderjahre - Johanna Spyri


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Dete war nach dem Bade Ragaz hinübergezogen, wo sie im großen Hotel als Zimmermädchen einen guten Verdienst fand. Sie war auch an diesem Morgen mit dem Kinde von Ragaz hergekommen; bis Maienfeld hatte sie auf einem Heuwagen fahren können, auf dem ein Bekannter von ihr heimfuhr und sie und das Kind mitnahm. – Die Barbel wollte also diesmal die gute Gelegenheit, etwas zu vernehmen, nicht unbenutzt vorbeigehen lassen; sie fasste vertraulich die Dete am Arm und sagte: »Von dir kann man doch vernehmen, was wahr ist und was die Leute darüber hinaus sagen; du weißt, denk ich, die ganze Geschichte. Sag mir jetzt ein wenig, was mit dem Alten ist und ob der immer so gefürchtet und ein solcher Menschenhasser war.«

      »Ob er immer so war, kann ich, denk ich, nicht präzis wissen, ich bin jetzt sechsundzwanzig und er sicher siebzig Jahr alt; so hab ich ihn nicht gesehen, wie er jung war, das wirst du nicht erwarten. Wenn ich aber wüsste, dass es nachher nicht im ganzen Prättigau herumkäme, so könnte ich dir schon allerhand erzählen von ihm; meine Mutter war aus dem Domleschg und er auch.«

      »A bah, Dete, was meinst denn?«, gab die Barbel ein wenig beleidigt zurück; »es geht nicht so streng mit dem Schwatzen im Prättigau, und dann kann ich schon etwas für mich behalten, wenn es sein muss. Erzähl mir's jetzt, es muss dich nicht gereuen.«

      »Ja nu, so will ich, aber halt Wort!«, mahnte die Dete. Erst sah sie sich aber um, ob das Kind nicht zu nah sei und alles anhöre, was sie sagen wollte; aber das Kind war gar nicht zu sehen, es musste schon seit einiger Zeit den beiden Begleiterinnen nicht mehr gefolgt sein, diese hatten es aber im Eifer der Unterhaltung nicht bemerkt. Dete stand still und schaute sich überall um. Der Fußweg machte einige Krümmungen, doch konnte man ihn fast bis zum Dörfli hinunter übersehen, es war aber niemand darauf sichtbar.

      »Jetzt seh ich's«, erklärte die Barbel; »siehst du dort?«, und sie wies mit dem Zeigefinger weitab vom Bergpfad. »Es klettert die Abhänge hinauf mit dem Geißenpeter und seinen Geißen. Warum der heut so spät hinauffährt mit seinen Tieren? Es ist aber gerad recht, er kann nun zu dem Kinde sehen, und du kannst mir umso besser erzählen.«

      »Mit dem Nach-ihm-Sehen muss sich der Peter nicht anstrengen«, bemerkte die Dete; »es ist nicht dumm für seine fünf Jahre, es tut seine Augen auf und sieht, was vorgeht, das hab ich schon bemerkt an ihm, und es wird ihm einmal zugut kommen, denn der Alte hat gar nichts mehr als seine zwei Geißen und die Almhütte.«

      »Hat er denn einmal mehr gehabt?«, fragte die Barbel.

      »Der? Ja, das denk ich, dass er einmal mehr gehabt hat«, entgegnete eifrig die Dete; »eins der schönsten Bauerngüter im Domleschg hat er gehabt. Er war der ältere Sohn und hatte nur noch einen Bruder, der war still und ordentlich. Aber der Ältere wollte nichts tun, als den Herrn spielen und im Lande herumfahren und mit bösem Volk zu tun haben, das niemand kannte. Den ganzen Hof hat er verspielt und verzecht, und wie es herauskam, da sind sein Vater und seine Mutter hintereinander gestorben vor lauter Gram, und der Bruder, der nun auch am Bettelstab war, ist vor Verdruss in die Welt hinaus, es weiß kein Mensch wohin, und der Öhi selber, als er nichts mehr hatte als einen bösen Namen, ist auch verschwunden. Erst wusste niemand wohin, dann vernahm man, er sei unter das Militär gegangen nach Neapel, und dann hörte man nichts mehr von ihm zwölf oder fünfzehn Jahre lang. Dann auf einmal erschien er wieder im Domleschg mit einem halb erwachsenen Buben und wollte diesen in der Verwandtschaft unterzubringen suchen. Aber es schlossen sich alle Türen vor ihm, und keiner wollte mehr etwas von ihm wissen. Das erbitterte ihn sehr; er sagte, ins Domleschg setze er keinen Fuß mehr, und dann kam er hierher ins Dörfli und lebte da mit dem Buben. Die Frau muss eine Bündnerin gewesen sein, die er dort unten getroffen und dann bald wieder verloren hatte. Er musste noch etwas Geld haben, denn er ließ den Buben, den Tobias, ein Handwerk erlernen, Zimmermann, und der war ein ordentlicher Mensch und wohlgelitten bei allen Leuten im Dörfli. Aber dem Alten traute keiner, man sagte auch, er sei von Neapel desertiert, es wäre ihm sonst schlimm gegangen, denn er habe einen erschlagen, natürlich nicht im Krieg, verstehst du, sondern beim Raufhandel. Wir anerkannten aber die Verwandtschaft, da meiner Mutter Großmutter mit seiner Großmutter Geschwisterkind gewesen war. So nannten wir ihn Öhi, und da wir fast mit allen Leuten im Dörfli wieder verwandt sind vom Vater her, so nannten ihn diese alle auch Öhi, und seit er dann auf die Alm hinaufgezogen war, hieß er eben nur noch der ›Alm-Öhi‹.«

      »Aber wie ist es dann mit dem Tobias gegangen?«, fragte gespannt die Barbel.

      »Wart nur, das kommt schon, ich kann nicht alles auf einmal sagen«, erklärte Dete. »Also der Tobias war in der Lehre draußen in Mels, und sowie er fertig war, kam er heim ins Dörfli und nahm meine Schwester zur Frau, die Adelheid, denn sie hatten sich schon immer gern gehabt, und auch wie sie nun verheiratet waren, konnten sie's sehr gut zusammen. Aber es ging nicht lange. Schon zwei Jahre nachher, wie er an einem Hausbau mithalf, fiel ein Balken auf ihn herunter und schlug ihn tot. Und wie man den Mann so entstellt nach Hause brachte, da fiel die Adelheid vor Schrecken und Leid in ein heftiges Fieber und konnte sich nicht mehr erholen, sie war sonst nicht sehr kräftig und hatte manchmal so eigene Zustände gehabt, dass man nicht recht wusste, schlief sie oder war sie wach. Nur ein paar Wochen, nachdem der Tobias tot war, begrub man auch die Adelheid. Da sprachen alle Leute weit und breit von dem traurigen Schicksal der beiden, und leise und laut sagten sie, das sei die Strafe, die der Öhi verdient habe für sein gottloses Leben, und ihm selbst wurde es gesagt und auch der Herr Pfarrer redete ihm ins Gewissen, er sollte doch jetzt Buße tun, aber er wurde nur immer grimmiger und verstockter und redete mit niemandem mehr, es ging ihm auch jeder aus dem Wege. Auf einmal hieß es, der Öhi sei auf die Alm hinaufgezogen und komme gar nicht mehr herunter, und seither ist er dort und lebt mit Gott und Menschen im Unfrieden. Das kleine Kind der Adelheid nahmen wir zu uns, die Mutter und ich; es war ein Jahr alt. Wie nun im letzten Sommer die Mutter starb und ich im Bad drunten etwas verdienen wollte, nahm ich es mit und gab es der alten Ursel oben im Pfäfferserdorf in die Kost. Ich konnte auch im Winter im Bad bleiben, es gab allerhand Arbeit, weil ich zu nähen und flicken verstehe, und früh im Frühling kam die Herrschaft aus Frankfurt wieder, die ich voriges Jahr bedient hatte und die mich mitnehmen will; übermorgen reisen wir ab, und der Dienst ist gut, das kann ich dir sagen.«

      »Und dem Alten da droben willst du nun das Kind übergeben? Es nimmt mich nur wunder, was du denkst, Dete«, sagte die Barbel vorwurfsvoll.

      »Was meinst du denn?«, gab Dete zurück. »Ich habe das Meinige an dem Kinde getan, und was sollte ich denn mit ihm machen? Ich denke, ich kann eines, das erst fünf Jahre alt wird, nicht mit nach Frankfurt nehmen. Aber wohin gehst du eigentlich, Barbel, wir sind ja schon halbwegs auf der Alm?«

      »Ich bin auch gleich da, wo ich hinmuss«, entgegnete die Barbel; »ich habe mit der Geißenpeterin zu reden, sie spinnt mir im Winter. So leb wohl, Dete, mit Glück!«

      Dete reichte der Begleiterin die Hand und blieb stehen, während diese der kleinen, dunkelbraunen Almhütte zuging, die einige Schritte seitwärts vom Pfad in einer Mulde stand, wo sie vor dem Bergwind ziemlich geschützt war. Die Hütte stand auf der halben Höhe der Alm, vom Dörfli aus gerechnet, und dass sie in einer kleinen Vertiefung des Berges stand, war gut, denn sie sah so baufällig und verfallen aus, dass es auch so noch ein gefährliches Darinwohnen sein musste, wenn der Föhnwind so mächtig über die Berge strich, dass alles an der Hütte klapperte, Türen und Fenster, und alle die morschen Balken zitterten und krachten. Hätte die Hütte an solchen Tagen oben auf der Alm gestanden, sie wäre unverzüglich ins Tal hinabgeweht worden.

      Hier wohnte der Geißenpeter, der elfjährige Bube, der jeden Morgen unten im Dörfli die Geißen holte, um sie hoch auf die Alm hinaufzutreiben, um sie da die kurzen kräftigen Kräuter fressen zu lassen bis zum Abend; dann sprang der Peter mit den leichtfüßigen Tierchen wieder herunter, tat, im Dörfli angekommen, einen schrillen Pfiff durch die Finger, und jeder Besitzer holte seine Geiß auf dem Platz. Meistens kamen kleine Buben und Mädchen, denn die friedlichen Geißen waren nicht zu fürchten, und das war denn den ganzen Sommer durch die einzige Zeit am Tage, da der Peter mit seinesgleichen verkehrte; sonst lebte er nur mit den Geißen. Er hatte zwar daheim seine Mutter und die blinde Großmutter; aber da er immer am Morgen sehr früh fortmusste und am Abend vom Dörfli spät heimkam, weil er sich da noch so lange als möglich mit den Kindern unterhalten musste, so verbrachte er daheim nur gerade so viel Zeit, um am Morgen seine Milch


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