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Lebensansichten des Katers Murr. E.T.A. HoffmannЧитать онлайн книгу.

Lebensansichten des Katers Murr - E.T.A. Hoffmann


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das eben nicht für einen zwölfjährigen Knaben geschrieben, und das den Samen manchen Unheils in mein Inneres hätte streuen können. Aber nur ein einziger Moment aus allen, zum Teil sehr verfänglichen Begebenheiten erfüllte mein Gemüt so ganz und gar, daß ich alles übrige darüber vergaß. Gleich elektrischen Schlägen traf mich nämlich die Erzählung, wie der Knabe Rousseau, von dem mächtigen Geist seiner innern Musik getrieben, sonst aber ohne alle Kenntnis der Harmonik, des Kontrapunkts, aller praktischen Hilfsmittel, sich entschließt, eine Oper zu komponieren, wie er die Vorhänge des Zimmers herabläßt, wie er sich aufs Bette wirft, um sich ganz der Inspiration seiner Einbildungskraft hinzugeben, wie ihm nun sein Werk aufgeht, gleich einem herrlichen Traum! – Tag und Nacht verließ mich nicht der Gedanke an diesen Moment, mit dem mir die höchste Seligkeit über den Knaben Rousseau gekommen zu sein schien! – Oft war es mir, als sei ich auch schon dieser Seligkeit teilhaftig geworden, und dann, nur von meinem festen Entschluß hinge es ab, mich auch in dies Paradies hinaufzuschwingen, da der Geist der Musik in mir ebenso mächtig beschwingt. Genug, ich kam dahin, es meinem Vorbilde nachmachen zu wollen. Als nämlich an einem stürmischen Herbstabend der Oheim wider seine Gewohnheit das Haus verlassen, ließ ich sofort die Vorhänge herab und warf mich auf des Oheims Bette, um, wie Rousseau, eine Oper im Geiste zu empfangen. So vortrefflich aber die Anstalten waren, so sehr ich mich abmühte, den dichterischen Geist hinanzulocken, doch blieb er in störrischem Eigensinn davon! – Durchaus summte mir, statt aller herrlichen Gedanken, die mir aufgehen sollten, ein altes erbärmliches Lied vor den Ohren, dessen weinerlicher Text begann: ›Ich liebte nur Ismenen, Ismene liebt' nur mich«, und ließ, so sehr ich mich dagegen sträubte, nicht nach. ›Jetzt kommt der erhabene Priesterchor: Hoch von Olympos Höhn‹, rief ich mir zu, aber: ›Ich liebte nur Ismenen‹, summte die Melodie fort und unaufhörlich fort, bis ich zuletzt fest einschlief. Mich weckten laute Stimmen, indem ein unerträglicher Geruch mir in die Nase fuhr und den Atem versetzte! Das ganze Zimmer war von dickem Rauch erfüllt, und in dem Gewölk stand der Oheim und trat die Reste der flammenden Gardine, die den Kleiderschrank verbarg, nieder und rief: › Wasser her – Wasser her!‹ bis der alte Diener Wasser in reichlicher Fülle herbeibrachte, über den Boden ausgoß und so das Feuer löschte. Der Rauch zog langsam durch die Fenster. ›Wo ist nur der Unglücksvogel?‹ fragte der Oheim, indem er im Zimmer umherleuchtete. Ich wußte wohl, welchen Vogel er meinte, und blieb mäuschenstill im Bette, bis der Oheim hinantrat und mir mit einem zornigen: ›Will Er wohl gleich heraus!‹ auf die Beine half. ›Steckt mir der Bösewicht das Haus über dem Kopfe an!‹ fuhr der Onkel fort. – Ich versicherte auf weiteres Befragen ganz ruhig, daß ich auf dieselbe Weise wie der Knabe Rousseau nach dem Inhalt seiner ›Bekenntnisse‹ es getan, eine Opera seria im Bett komponiert hätte, und daß ich durchaus gar nicht wisse, wie der Brand entstanden. ›Rousseau? Komponiert? Opera seria? – Pinsel!« So stotterte der Oheim vor Zorn und teilte mir die kräftige Ohrfeige zu, die ich als die zweite empfing, so daß ich, vor Schreck erstarrt, sprachlos stehenblieb, und in dem Augenblick hörte ich wie einen Nachklang des Schlages ganz deutlich: ›Ich liebte nur Ismenen‹ und so weiter. Sowohl gegen dieses Lied als gegen die Begeisterung des Komponierens überhaupt empfand ich von diesem Augenblick an einen lebhaften Widerwillen.«

      »Aber wie war nur das Feuer entstanden?»fragte der Geheime Rat.

      »Noch«, erwiderte Kreisler, »noch in diesem Augenblick ist es mir unbegreiflich, durch welchen Zufall die Gardine in Brand geriet und einen schönen Schlafrock des Oheims sowie drei oder vier schön frisierte Toupets, die der Oheim als partielle Perückenstudien aus einer Gesamtfrisur aufzusetzen pflegte, mit in ihr Verderben riß. Mir ist es auch immer so vorgekommen, als habe ich nicht des unverschuldeten Feuers, sondern nur der unternommenen Komposition halber die Ohrfeige erhalten. – Seltsam genug war es die Musik allein, die zu treiben mich der Oheim mit Strenge anhielt, unerachtet der Lehrer, getäuscht von dem nur momentanen Widerwillen, den ich dagegen äußerte, mich für ein durchaus unmusikalisches Prinzip hielt. Was ich übrigens lernen oder nicht lernen mochte, das war dem Oheim völlig gleich. Äußerte er manchmal lebhaften Unwillen, daß es so schwer hielt, mich zur Musik anzuhalten, so hätte man denken sollen, daß er von Freude hätte durchdrungen sein müssen, als nach ein paar Jahren der musikalische Geist sich so mächtig in mir regte, daß er alles übrige überflügelte; das war aber nun wieder ganz und gar nicht der Fall. Der Oheim lächelte bloß ein wenig, wenn er bemerkte, daß ich bald mehrere Instrumente mit einiger Virtuosität spielte, ja, daß ich manches kleine Stück aufsetzte zur Zufriedenheit der Meister und Kenner. Ja, er lächelte bloß ein wenig und sprach, wenn man ihn mit Lobeserhebungen anfuhr, mit schlauer Miene: ›Ja, der kleine Neveu ist närrisch genug.‹« –

      »So ist«, nahm der Geheime Rat das Wort, »so ist es mir aber ganz unbegreiflich, daß der Oheim deiner Neigung nicht Freiheit ließ, sondern dich hineinzwang in eine andere Laufbahn. Soviel ich nämlich weiß, ist deine Kapellmeisterschaft eben nicht von lange her.«

      »Und auch nicht weit her«, rief Meister Abraham lachend und fuhr, indem er das Bildnis eines kleinen, wunderlich gebauten Mannes an die Wand warf, weiter fort: »Aber nun muß ich mich des wackern Oheims, den mancher verruchte Neffe den O-weh-Onkel nannte, weil er sich mit Vornamen Ottfried Wenzel schrieb, ja, nun muß ich mich seiner annehmen und der Welt versichern, daß, wenn der Kapellmeister Johannes Kreisler es sich einfallen ließ, Legationsrat zu sein und sich abzuquälen mit seiner innersten Natur ganz widrigen Dingen, niemand weniger daran schuld ist als eben der O-weh-Onkel.« – »O still«, sprach Kreisler, »o still davon, Meister, und nehmt mir dort den Oheim von der Wand, denn mocht er auch wirklich lächerlich genug aussehen, so mag ich doch eben heute über den Alten, der lange im Grabe ruht, nicht lachen!«

      »Ihr übernehmt Euch heute ja in ganz geziemlicher Empfindsamkeit«, erwiderte der Meister; Kreisler achtete aber nicht darauf, sondern sprach, sich zum kleinen Geheimen Rat wendend: »Du wirst es bedauern, mich zum Schwatzen gebracht zu haben, da ich dir, der vielleicht das Außerordentliche erwartet, nur Gemeines, wie es sich tausendmal im Leben wiederholt, auftischen kann. – So ist es auch gewiß, daß es nicht Erziehungszwang, nicht besonderer Eigensinn des Schicksals, nein, daß es der gewöhnlichste Lauf der Dinge war, der mich fortschob, so daß ich unwillkürlich dort hinkam, wo ich eben nicht hin wollte. – Hast du nicht bemerkt, daß es in jeder Familie einen gibt, der sich, sei es durch besonderes Genie oder durch das glückliche Zusammentreffen günstiger Ereignisse, zu einer gewissen Höhe hinaufschwang, und der nun, ein Heros, in der Mitte des Kreises steht, zu dem die lieben Verwandten demütig hinaufblicken, dessen gebietende Stimme vernommen wird in entscheidenden Sprüchen, von denen keine Appellation möglich? – So ging es mit dem jüngern Bruder meines Oheims, der dem musikalischen Familiennest entflohen war und in der Residenz als Geheimer Legationsrat in der Nähe des Fürsten eine ziemlich wichtige Person vorstellte. Sein Emporsteigen hatte die Familie in eine staunende Bewunderung gesetzt, die nicht nachließ. Man nannte den Legationsrat mit feierlichem Ernst, und wenn es hieß: ›Der Geheime Legationsrat hat geschrieben, der Geheime Legationsrat hat das und das geäußert‹, so horchte alles in stummer Ehrfurcht auf. Dadurch schon seit meiner frühesten Kindheit daran gewöhnt, den Oheim in der Residenz als einen Mann anzusehen, der das höchste Ziel alles menschlichen Strebens erreicht, mußte ich es natürlich finden, daß ich gar nichts anders tun konnte, als in seine Fußstapfen treten. Das Bildnis des vornehmen Oheims hing in dem Prunkzimmer, und keinen größern Wunsch hegte ich, als so frisiert, so gekleidet umherzugehen wie der Oheim auf dem Bilde. Diesen Wunsch gewährte mein Erzieher, und ich muß wirklich als zehnjähriger Knabe anmutig genug ausgesehen haben, im himmelhoch frisierten Toupet und kleinen zirkelrunden Haarbeutel, im zeisiggrünen Rock mit schmaler silberner Stickerei, seidenen Strümpfen und kleinem Degen. Dies kindische Streben ging tiefer ein, als ich älter geworden, da, um mir Lust zur trockensten Wissenschaft einzuflößen, es genügte, mir zu sagen, dies Studium sei mir nötig, damit ich, dem Oheim gleich, dereinst Legationsrat werden könne. Daß die Kunst, welche mein Inneres erfüllte, mein eigentliches Streben, die wahre einzige Tendenz meines Lebens sein dürfe, fiel mir um so weniger ein, als ich gewohnt war, von Musik, Malerei, Poesie nicht anders reden zu hören als von ganz angenehmen Dingen, die zur Erheiterung und Belustigung dienen könnten. Die Schnelle, mit der ich, ohne daß sich jemals auch nur ein einziges Hindernis offenbart hätte, durch mein erlangtes Wissen und durch den Vorschub des Oheims in der Residenz, in der Laufbahn, die ich gewissermaßen selbst gewählt, vorwärts


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