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Bel-Ami: Der Liebling. Guy de MaupassantЧитать онлайн книгу.

Bel-Ami: Der Liebling - Guy de Maupassant


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ist also alles in Ordnung.«

      Noch ehe er die neue Partie beginnen konnte, beugte sich Forestier zu ihm hinab und sagte:

      »Sie wissen, Sie haben mir zugesagt, Duroy an Stelle von Marambot zu engagieren. Soll ich unter denselben Bedingungen mit ihm abschließen?«

      »Ja natürlich.«

      Der Journalist nahm seinen Freund beim Arm und zog ihn fort, während Herr Walter weiterspielte.

      Norbert de Varenne hatte nicht den Kopf erhoben; er schien Duroy nicht gesehen oder nicht wiedererkannt zu haben. Jaques Rival dagegen hatte ihm demonstrativ die Hand kräftig geschüttelt, um zu zeigen, daß. er ein guter Kamerad sei, auf den man sich, verlassen könne.

      Sie gingen wieder durch das Wartezimmer. Alle blickten auf, und Forestier sagte zu der jungen Frau so laut, daß auch die anderen Wartenden es hören könnten:

      »Der Direktor wird Sie sogleich empfangen. Er hat jetzt gerade eine Konferenz mit zwei Mitgliedern der Budgetkommission.«

      Dann ging er rasch weiter mit wichtiger und eiliger Miene, als wollte er eine Depesche von äußerster Wichtigkeit redigieren.

      Als sie wieder in dem großen Redaktionssaal anlangten, griff Forestier sofort wieder zu seinem Bilboquet, vertiefte sich in das Spiel und sagte zu Duroy, indem er zwischen den Worten die Treffer zählte:

      »Also: du kommst jeden Tag um drei Uhr hierher und ich werde dir sagen, welche Gänge und Besuche du am Tage, am Abend und am nächsten Morgen machen mußt. — Eins. — Zunächst werde ich dir ein Empfehlungsschreiben für den ersten Bureauchef in der Polizeipräfektur geben. — Zwei. — Der wird dich zu einem seiner Beamten weisen. Mit ihm setzt du dich in Verbindung über alle wichtigen — drei — Polizeinachrichten, offiziell und halboffiziell. Verstanden? Wegen aller Einzelheiten wendest du dich an. Saint-Potin, der Bescheid weiß. — Vier. — Du wirst ihn gleich oder morgen kennenlernen. Vor allen Dingen kommt es darauf an, die Leute, die du besuchst, zum Reden zu bringen — fünf — und überall Zutritt zu finden trotz verschlossener Türen. — Sechs. — Dafür bekommst du ein monatliches Gehalt von zweihundert Francs, außerdem zwei Sous pro Zeile für alle Neuigkeiten, die du selbst entdeckt hast. — Sieben. — Ebenso zwei Sous pro Zeile für alle Artikel, die du über vermischte Nachrichten zu schreiben hast. — Acht.«

      Dann kümmerte er sich nur noch um sein Spiel und fuhr langsam fort zu zählen. Neun — zehn — elf — zwölf — dreizehn. Den vierzehnten Wurf verfehlte er, und er begann zu fluchen: »Die verfluchte Dreizehn bringt mir immer Pech. Verdammt noch einmal, am 13. sterbe ich sicher.«

      Einer der Redakteure, der mit seiner Arbeit fertig war, nahm jetzt ebenfalls ein Bilboquet aus dem Schrank. Es war ein winziger Mensch mit einem Kindergesicht, obgleich er schon 35 Jahre zählte. Mehrere andere Journalisten kamen auch herein und gingen einer nach dem andern zum Schrank, um das Spielzeug zu holen, das ihnen gehörte. Bald waren es sechs, die mit den Rücken gegen die Wand nebeneinander standen und mit der gleichen regelmäßigen Bewegung die je nach der Holzart roten, gelben und schwarzen Kugeln in die Luft warfen. Es begann ein Wettkampf, und die beiden anderen Redakteure, die noch arbeiteten, standen auch auf, um als Schiedsrichter die Treffer zu zählen. Forestier gewann mit 11 Points. Der kleine Mann mit dem Kindergesicht hatte verloren. Er klingelte und rief dem eintretenden Boten zu: »Neun Bier!«. Dann begannen sie wieder zu spielen, in Erwartung des erfrischenden Getränks.

      Duroy trank ein Glas Bier mit seinen neuen Kollegen und dann fragte er seinen Freund:

      »Was soll ich jetzt tun?«

      »Heute habe ich nichts mehr für dich,« erwiderte der andere, »du kannst gehen, wenn du willst.«

      »Und ... unser ... unser Artikel, wird er noch heute abend gedruckt?«

      »Ja, aber du brauchst dich darum nicht zu kümmern, ich werde die Korrektur lesen. Mache morgen den zweiten Artikel fertig und sei, wie heute, um drei Uhr hier.«

      Duroy schüttelte allen die Hände, ohne die Namen der dazu gehörenden Personen zu kennen und stieg dann wieder mit frohem. Mute und leichtem Herzen die schöne Treppe hinab.

       IV.

      Georges Duroy hatte schlecht geschlafen. Die Sehnsucht, seinen Artikel gedruckt zu sehen, gab ihm keine Ruhe. Schon bei Tagesanbruch stand er auf und ging in den Straßen herum, lange bevor die Zeitungsträger von einem Kiosk zum andern die großen Papierbündel herumtrugen. Dann ging er zum Bahnhof, denn er wußte, daß die Vie Française dort eher eintreffen würde als in seinem Viertel. Aber es war immer noch zu früh und wieder mußte er in den Straßen auf und ab wandern.

      Er sah die Zeitungshändlerin ankommen und ihr Glashäuschen aufschließen, und dann bemerkte er auch einen Mann mit einem dicken Zeitungsbündel auf dem Kopf. Er stürzte darauflos; es war der »Figaro«, der »Gil Blas«, der »Gaulois«, das »Evénements« und noch ein paar andere Morgenblätter, aber die Vie Française war nicht dabei.

      Da ergriff ihn eine Furcht: »Wenn man die ‘Erinnerungen eines afrikanischen Jägers’ auf den nächsten Tag verschoben hätte oder womöglich hätten sie im letzten Augenblick Vater Walter mißfallen?«

      Als er nach dem Kiosk zurückkehrte, sah er, daß man jetzt das Blatt verkaufte, ohne daß er es hatte bringen sehen. Er stürzte darauf, warf drei Sous hin, entfaltete die Zeitung und las das Inhaltsverzeichnis auf der ersten Seite rasch durch. — Nichts. — Sein Herz begann heftig zu klopfen. Er schlug die zweite Seite auf und las in heftiger Erregung unter einer Spalte dick gedruckt: »Georges Duroy.« Also doch. Welche Freude!

      Ganz verwirrt, den Zylinder aufs Ohr gedrückt, die Zeitung in der Hand, ging er los. Er fühlte ein Verlangen, die Passanten anzuhalten und ihnen zu erklären: »Kaufen Sie sich das, kaufen Sie sich das. Da steht ein Artikel von mir!« — Am liebsten hätte er wie die Straßenhändler abends auf den Boulevards aus voller Kehle geschrien: »Lest die Vie Française, lest den Artikel von Georges Duroy, Erinnerungen eines afrikanischen Jägers«.

      Und plötzlich empfand er das Bedürfnis, selbst den Artikel zu lesen, und zwar öffentlich in irgendeinem Café, wo alle es sehen konnten. Er wollte ein besuchtes Lokal finden; er mußte aber lange suchen, bis er endlich an eine Weinschenke kam, wo sich schon einige Gäste befanden. Er bestellte sich einen Rum in einem Tone, als ob er einen Absinth bestellt hätte, ohne an die Tageszeit zu denken. Dann rief er: »Kellner, geben Sie mir die Vie Française.«

      Ein Mann mit weißer Schürze eilte herein. »Wir haben sie nicht, mein Herr, wir bekommen nur ‘Le Rappel’, ‘Le Siecle’, ‘La Lanterne’ und ‘Le Petit Parisien’.«

      Duroy erwiderte wütend und entrüstet: »Das ist eine nette Bude; kaufen Sie mir das Blatt sofort.«

      Der Kellner lief hinaus und brachte die Zeitung. Duroy begann seinen Artikel zu lesen, ein paarmal sagte er dabei ganz laut: »Vortrefflich, ausgezeichnet«, um die Aufmerksamkeit seiner Nachbarn auf sich zu lenken und ihnen den Wunsch einzuflößen, auch zu wissen, was im Blatte stand. Dann ließ er es auf dem Tisch liegen und ging fort. Der Wirt merkte es:

      »Mein Herr, mein Herr, Sie haben Ihre Zeitung vergessen.«

      Duroy antwortete: »Ich lasse sie Ihnen, ich habe sie schon gelesen. Übrigens steht heute etwas sehr Interessantes drin.«

      Er nannte seinen Artikel nicht, aber er sah, als er fortging, wie einer der Gäste die Zeitung vom Tisch nahm.

      Er dachte nach: »Was soll ich jetzt anfangen?« Und er entschloß sich, auf sein Bureau zu gehen, sich sein Gehalt zu holen, und seinen Abschied zu nehmen. Er zitterte im voraus vor Freude bei dem Gedanken an das Gesicht, das sein Chef und seine Kollegen machen würden. Vor allem freute ihn die Aussicht, seinen Vorgesetzten wütend zu machen.

      Er ging langsam, um nicht vor halb zehn an Ort und Stelle zu sein, denn die Kasse wurde erst um zehn geöffnet.

      Sein Bureau war ein dunkles, großes Zimmer, in dem man im Winter fast den ganzen Tag Gas brennen mußte. Die Fenster gingen auf einen engen


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