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Teufel Alkohol. Carl BetzeЧитать онлайн книгу.

Teufel Alkohol - Carl Betze


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Mag einem auch nicht immer nach Bier, Wein und Schnaps sein – der Konsum alkoholischer Getränke gehört einfach zum Anlass dazu und wird deshalb auch kaum in Frage gestellt.

      Das Trinken kann auf diese Weise zur Gewohnheit werden (33).

      In kaum einem anderen Land finden sich so viele BETA-Trinker wie in Japan. Hier braucht man keinen Anlass für feuchtfröhliche Runden. In Japan gehört Alkohol einfach zu einem gelungenen Abend dazu. Auch bei einer Reise im Flugzeug, in der Bahn oder im Bus genehmigen sich Japaner schon in der Früh gern ein Bier oder auch zwei. Studenten treffen sich regelmäßig zu „Nomikai“, zu Trinkanlässen. Besonders ausgeprägt ist die Zecherei nach Dienstschluss: Das Feierabendbier ist in vielen Unternehmen fast schon ein Ritual. Ein guter Schluck hilft, mehr als nur den Arbeitsstress abzubauen: Beschwipst fällt das Plaudern leichter. Bei Bier, Wein oder Sake fallen mit den Hemmungen auch strikte soziale und hierarchische Schranken. Es gibt auch ein Wort für diese Art des geselligen Zusammenseins. Japaner umschreiben ihre regelmäßigen Trinkgelage mit „Nomunication“, das sich aus dem Begriffen „nomu“ (japanisch: trinken) sowie dem internationalen „Communication“ zusammensetzt und tatsächlich der innerbetrieblichen Kommunikation dient. Im mildernden Umstand der Trunkenheit erfahren die Chefs, was ihre Untergebenen am Führungsstil oder an Entscheidungen kritisieren. Bei alkoholisierten Scherzen können sie Fehler erkennen und auch zugeben, ohne ihre Autorität aufs Spiel zu setzen. Niemand wird sie irgendwann nüchtern darauf ansprechen. Es ist ein ungeschriebenes, aber bindendes Gesetz, am nächsten Tag zu „vergessen“, was alkoholumnebelt am Vorabend gesagt wurde.

      Kaum irgendwo auf der Welt ist die Toleranz für Alkohol so groß: Wer über den Durst trinkt, vom Barhocker fällt oder auf der Tatami-Matte umkippt und einschläft, wird nicht getadelt. Kein Japaner nimmt Anstoß daran, wenn im Zug oder auf der Straße ein Angestellter im dunklen Anzug sturzbetrunken torkelt oder einfach herumliegt. Man setzt den Fremden einfach in ein Taxi oder geleitet ihn zur S-Bahn. Eine Umfrage des Forschungsinstituts Pew Global bestätigt diese legere Haltung auch statistisch.

      Demnach sind Japaner spitze in Sachen Toleranz. Für 66% der Interviewten ist Alkoholkonsum „moralisch akzeptabel“, nur 6% sind entgegengesetzter Meinung. Mit großen Abständen folgen Tschechen, Deutsche und Briten: Bei den Tschechen finden es 47% okay, Alkohol zu trinken, bei den Deutschen 41% und den Briten 38%. „Japan ist ein Paradies für Trinker“, so „Japantoday“.

      Ärzte verlangen seit Jahren mehr Aufklärung über die Folgen, über Sucht, Missbrauch und Behandlungen. Aber die Politik weigert sich, Alkoholismus als Krankheit anzuerkennen. Das Problem: Viele führende Politiker halten es wie ihre Landsleute, sie trinken gern, regeln bei einem Gläschen wichtige Deals und würdigen jene, die besonders viel vertragen. So wurde ein ehemaliger Präsident des Unternehmerverbandes auf seinem Grabstein mit der Inschrift „geehrt“: „Er war ein begnadeter Trinker“ (34).

      Gelegenheitstrinker bekommen nicht selten Organschädigungen. Sie sind weder körperlich noch seelisch vom Alkohol abhängig, aber gefährdet.

      Praktiziert man das Gelegenheitstrinken über einen längeren Zeitraum besteht die Gefahr, zum Gamma- oder Delta-Alkoholiker zu werden.

      Gamma – Alkoholiker sind suchtkrank und können ihren Alkoholkonsum nicht mehr steuern. Sie erleiden einen Kontrollverlust, das eigentliche Merkmal der Alkoholkrankheit, sie können ihren Alkoholkonsum nicht mehr kontrollieren, ihn mengenmäßig nicht mehr steuern. Gamma-Trinker müssen trinken, weil ihr Körper den Alkohol verlangt. Zwischendurch haben sie bisweilen völlig alkoholfreie Perioden, manchmal sogar über längere Zeiten bis zu mehreren Monaten.

      Insbesondere vormalige „Problemtrinker“ neigen dazu, sich zu Gamma-Alkoholikern zu entwickeln.

      Delta – Alkoholiker werden auch Spiegeltrinker genannt, weil sie einen andauernden, ständigen Blutalkoholspiegel aufrechterhalten müssen. So wird aus einem angedachten „Frühschoppen“ oft ein „Tagesschoppen“. Das Bier schmeckt schon lange nicht mehr, der Bauch bläht und der stetige Harndrang treibt einen wieder und wieder auf die Toilette – trotzdem ist ein „Schluss-für-heute“ vor dem Zubettgehen keine Option. Einmal Alkohol im Blut ist das Verlangen, diesen Zustand aufrecht zu erhalten, einfach zu groß.

      Fehlt die Zufuhr von Alkohol, kommt es bisweilen zu starken Entzugserscheinungen. Die Spiegeltrinker sind nicht abstinenzfähig, die Entzugserscheinungen sorgen für ein ständiges Weitertrinken.

      Auch, weil Spiegeltrinker oftmals eine sogenannte Alkoholtoleranz entwickeln. Das bedeutet, dass sie, um die gleiche Wirkung zu erzielen, mehr Alkohol trinken müssen (35).

      Spiegeltrinker entwickeln sich oft aus Beta-Trinkern, aus Gelegenheitstrinkern. Sie sind krank.

      Epsilon – Alkoholiker schließlich werden im Volksmund auch schlicht und einfach „Quartalsäufer“ genannt. Sie verspüren in zeitlichen Abständen einen unwiderstehlichen Drang nach Alkohol, der sich oft Tage zuvor durch Ruhelosigkeit und Reizbarkeit ankündigt. Sie veranstalten dann regelrechte Sauf – Exzesse, die einige Zeit andauern können, und leben dann oft tagelang in einem Rauschzustand.

      Während dieser Trinkphase haben sie den Kontrollverlust. Sie trinken hemmungslos und haben Erinnerungslücken („Filmrisse“).

      Zwischen den einzelnen Trinkphasen leben die Kranken oft wochenlang ohne Alkohol und haben nicht einmal das Bedürfnis, Alkohol zu trinken, bis wieder eine Rauschphase beginnt. Die Epsilon- Alkoholiker sind im Sinne der Reichsversicherungsordnung (RVO) ebenfalls krank (36).

      Soweit die Trinkertypologie nach Jellinek. Ich möchte diese im Folgenden gern noch um vier weitere Trinkertypen erweitern, die ich für wesentlich im Hinblick auf die Frage „warum trinken wir Alkohol?“ halte, den „Selbstwerttrinker“, den „Schöntrinker“, den „Belohnungstrinker“ und den „Gewohnheitstrinker“.

      Beginnen wir mit dem „Belohnungstrinker“.

      Anfangen kann der Weg in die Sucht oft mit „harmlosem“ Belohnungstrinken.

      Der Belohnungstrinker konsumiert alkoholische Getränke immer dann, wenn er glaubt, etwas Besonderes erreicht, etwas geschafft zu haben. Beruflicher Erfolg, die Bewältigung einer unangenehmen Situation im Privatleben, eine sportliche Höchstleistung – und schon heißt es „darauf trinke ich mir einen“.

      In der Werbung findet der Belohnungstrinker vielfach die Bestätigung seines Verhaltens.

      "das habe ich mir verdient“, „man gönnt sich ja sonst nichts“, „wenn einem so viel Gutes widerfährt, dann ist das einen … wert“, „darauf einen...“. - pfiffige Marketingspezialisten sprechen dem Alkohol eine Erlöserqualität zu, die er nicht hat.

      Eine amerikanische Studie zeigt, dass der Alkoholgenuss auch stark vom Belohnungszentrum im Gehirn abhängt. Forscher gehen schon lange davon aus, dass Alkohol Endorphine im Gehirn freisetzt und so angenehme Gefühle hervorgerufen werden. Vermutlich verhält es sich so, dass bei Belohnungstrinkern das Belohnungszentrum im Gehirn besonders stark auf die Zufuhr von Alkohol reagiert.

      „Offenbar ist ihr Gehirn irgendwie verändert, sodass sie im Gegensatz zu Normaltrinkern Alkoholkonsum als angenehmer empfinden und mehr wollen – und zwar unabhängig von der Menge der Endorphinfreisetzung oder -bindung“, glaubt Studienleiterin Jennifer Mitchell von der University of California (37).

      Ein weiterer Trinkertyp ist der „Selbstwerttrinker“. Er konsumiert Alkohol, um auf diesem Wege sein Ego aufzupolieren, wohl wissend, dass die enthemmende, bisweilen gar euphorisierende Wirkung alkoholischer Getränke oft mit einer Steigerung des Selbstbewusstseins einhergeht.

      Der Genuss von Alkohol zur Steigerung des Selbstbewusstseins oder, anders ausgedrückt, Trinken um „gut drauf zu sein“, ist weit verbreitet.

      Ich erinnere mich an zwei Ereignisse im Kreise unserer Clique, damals alle Anfang 30.

      Eine gute Freundin hat angekündigt, eine Bekannte auf ein Straßenfest mitzubringen. Ich hatte diese schon Wochen zuvor auf einem Geburtstag kennen gelernt und war zu der Ansicht gelangt, dass sie gut zu einem meiner besten Freunde, damals glücklich geschieden, passen würde. Wir sitzen in einem kleinen Zelt auf einer Biertischbank,


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