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Der Mann im Mond. Вильгельм ГауфЧитать онлайн книгу.

Der Mann im Mond - Вильгельм Гауф


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Gagak wiederkehrt, da hätte es geheißen, »An der ist Hopfen und Malz verloren, mich dauern nur die Eltern«. Jetzt, wo sie mit ihrem Tannenwuchs, mit ihrer unnachahmlichen Grazie bescheiden und doch voll so erhabener Würde hereintrat, das strahlende Diadem in den geschmackvoll geordneten Ringellocken und Löckchen, im feuersprühenden Auge Geist und Liebe, verschmolzen mit schuldloser, anspruchloser Natürlichkeit; die Wangen von Gesundheit gerötet, in den feinen Grübchen den kleinen, kleinen Schelm, den Mund so würzig, so kußlich, die aphroditische Schwanenbrust mit dem fürstlichen Schmuck, mit dem Pariser Hofkleid umschlossen – Nein! das Mädchen durfte nicht schön, durfte nicht unschuldig und tugendhaft sein. – »Hah, ha, ha, Frau Oberforstmeisterin!« lachte die Kammerdirektorin, ohne darauf zu achten, daß sie die acht unschuldigen Ohren ihrer erwachsenen Töchterlein beleidigen könnte, »tugendhaft? Wir kennen die Residenztugend noch aus unserer Zeit! Da müßten sich die Steine umgekehrt haben, die Garde-Ulanen-Rittmeister müßten ihre engschließende Uniform ausgezogen und die Herren Archidiakonen und Superintendenten um ihr ehrbares Kostüm ersucht haben, müßten in schwarzen Mäntlein, weißen Beffchen, kurzen Höschen und seidenen Wädchen, die Bibel unter dem Arm einhergehen, wenn man bei siebzehnjährigen Mädchen Tugend finden sollte in Sodum!«

      »Wahrhaftig, Sie haben recht«, schnatterte es über die Tafel herüber, »und die gerühmte Schönheit? ist alles Lug und Trug, das kann man alles dort ums liebe Geld haben; meinen Sie denn, diese Locken dort, diese Zöpfe seien echt? Bewahre; man hat ja gesehen, was für Haar Mamsell Sausewind in die Residenz nahm; wo sind die gelben Zähne hingekommen? Meinen Sie etwa, ein so herrlicher Mund voll, wie jene hat, schiebe sich im sechzehnten, siebzehnten Jahre noch nach? Lauter Seehund, nichts als Seehund.«

      »Ja, Frau Gevatterin«, unterbrach eine dritte, »und die handbreiten Brüssler Kanten, der Amethystschmuck, mit welchem man meinen Torweg pflastern könnte – von der Fürstin Romanow soll er sein? Ha, ha, ha, man hat auch seine Nachrichten; die Fürstin, Gott halte sie in Ehren, ist eine splendide Frau, auch reich, steinreich, gebe alles zu – aber so einem nasenweisen Kind, das kaum hinter den Ohren trocken ist, dieses Diadem, diese Ohrenringe, dieses Kollier, dieses Kreuz zu schenken – nein, dazu ist die Frau Fürstin Hoheit doch zu vernünftig. Haben Sie aber nie von ihrem Neffen, dem Prinzen Ferdinand gehört? soll ein splendider, artiger Herr sein, der Prinz, und wenn man nur gegen ihn gefällig ist, ist er es wohl auch wieder, ha, ha, ha –«

      Und der ganze Zirkel lachte und stieß an auf den gefälligen splendiden Prinzen.

      Nein wahrhaftig, es war nicht zum Aushalten; ein schönes, engelreines Geschöpf, voll Milde, Sanftmut und Mitleiden so schonungslos zu verdammen. Emil hatte in einer Fenstervertiefung, wo er sich hingestellt hatte, um die Tafel zu übersehen, alles mit angehört; er hätte mögen der Frau Gevatter den einzigen Zahn, den sie noch hatte, mit welchem sie aber nichtsdestoweniger den Ruf einer jungen Dame tapfer benagte, ein wenig einschlagen; er rückte, nur um die giftigen Bemerkungen nicht zu hören, um ein Fenster weiter hinauf. Aber hier kam er vom Regen in die Traufe. Frau von Schulderoff setzte dort ihrem Sohn, dem Dragonerlieutenant, weitläufig auseinander, daß er, um den gesunkenen Glanz ihres Hauses wieder auf den Strumpf zu bringen, notwendig eine gute, sehr gute Partie machen müsse, und dazu sei die Ida ganz wie gemacht.

      Dem jungen Schulderoff, der neben dem gesunkenen Glanz seines Hauses bei Juden und Christen einige tausend Tälerchen mehr stehen hatte, als sein Gageabzug auf siebzig Jahre wahrscheinlicherweise aufwiegen konnte, schien mit dem Vorschlag ganz zufrieden; nur das wie wollte ihm nicht recht einleuchten.

      Aber die gnädige Mama wußte Rat: »Erstens: recht oft mit ihr getanzt, namentlich im Kotillon recht oft geholt. Das heißt Attension beweisen, das Mädchen wird dann mit dir aufgezogen, sie wird aufmerksam auf dich. Zweitens: morgens zehn Uhr im kurzen Galopp am Haus vorbei; dort verlierst du im Staunen über sie die Reitpeitsche; du voltigierst ja so gut, hältst also nicht an, sondern herab vom Gaul, Peitsche ergriffen, wieder hinauf, ein Feuerblick dem Fräulein zugeworfen und davon im gestreckten Galopp.

      Wenn nur ihr Herzchen aus Angst für dich einmal schneller pulsiert, dann hast du sie schon im Sack. Drittens: in einer schönen Nacht mit der ganzen Regimentsmusik vors Haus; einige mutige Stücke, einige zärtliche Arien aufgespielt und sie kommt hinter die Jalousien, darauf wette ich meinen ganzen Schmuck, der jetzt zufällig bei Levi ist. Einige Kameraden tun dir schon den Gefallen und gehen mit; sie rufen ›Schulderoff, Schulderoff, wo steckst du denn? ach siehe, der arme Junge weint‹. ›Ach laßt mich, tapfere Kameraden‹, antwortest du, ›mir ist so weh und so wohl in ihrer Nähe.‹ So kommt es in allen Ritterbüchern, wo der Adel noch allein liebte und die dummen Bürgerlichen noch kein Geld hatten.«

      »Auf Ehre, Mama, Sie haben recht«, antwortete der Lieutenant und wichste sich den Schnurrbart; »sehen Sie, dann kann ich auch so angr–«

      Emil wurde, er wußte nicht warum, ganz bange ums Herz, als er den Eroberungsplan des Wildfangs hörte, er rückte um einige Fenster weiter hinauf, und war dort dem Gegenstand nahe, den die Schmähsucht der Weiber zu zerreißen, der Eroberungsgeist der Schulderoffs zu gewinnen suchte.

      Obenan saß der Präsident; die feierliche Geschäftsmiene war zu Hause geblieben; er hatte den freundlichen, gefälligen Gesellschaftsmenschen angezogen, und tafelte, zum großen Trost der jüngern Glieder seines Kollegiums, wie ein Junger.

      Das behagliche runde Gesicht durchblitzte oft schnell wie ein Gedanke ein satirisches Lächeln, wenn er und der Hofrat Ida zum süßen, brüsselnden Schaumwein nötigten.

      Es war nicht möglich, etwas Liebreizenderes zu sehen als das Mädchen, eine ewig junge Hebe zwischen den alten, fröhlichen Herren. Es war jetzt ganz das wählige, mutwillige Kind wieder wie vor drei Jahren, wenn es dem Papa oder dem alten Hagestolz Berner auf der Schoß saß; Madeirasekt und Xeres hatten ihr, weil Berner keinen der schweren Weine über die Purpurbarrieren ihrer Lippen gelassen hatte, alles Blut in die Wangen getrieben; es zischte und gitschte in ihren Adern so warm und wohltuend, daß das Auge von Lust und Liebe strahlte und die rosige Tiefe des Schelmengrübchens alle Augenblicke sich zeigte. Der Champagner, den sie auf den Trimadera setzte, war auch nicht aus seinen Kreidebergen geholt worden, um ein fröhlich-glühendes Engelsköpfchen abzukühlen, und einen in ewig wechselnder Wonne Flut und Ebbe wogenden Busen zur Ruhe zu bringen. Wußte sie doch selbst nicht, was sie so fröhlich machte! Die Rückkehr ins Vaterhaus allein war es nicht, auch nicht, daß die Blicke der jungen Freilinger Stadtkinder alle auf sie flogen, es war noch etwas anderes; war es nicht ein bleiches, wunderschönes Gesicht, das sich immer wieder ihrer Phantasie aufdrängte, das sie wehmütig durch Tränen anlächelte? Warum mußte er aber auch gehen, gerade als es zur Tafel ging, wo sie ihn hätte sehen und sprechen können –

      »Ei, Kind!« sagte der Präsident und weckte sie aus ihren Träumen, »da sitzest du schon eine geschlagene Glockenviertelstunde, starrst auf den Teller hin, als lesest du in der Johannisbeermarmelade so gut als im Kaffeesatz deine Zukunft und lächelst dabei, als machten dir alle ledigen Herren, unsern Hofrat mit eingeschlossen, ihr Kompliment!«

      Die Glutröte stieg ihr ins Gesicht; sie nahm sich zusammen und mußte doch wieder heimlich lächeln über den guten Papa, der doch auch kein Spürchen von ihren Gedanken haben konnte! aber als vollends der Hofrat ihr von der andern Seite zuflüsterte: »Der alte Herr hat fehlgeschossen, wir alle könnten uns den Rücken lahm komplimentieren, und die Knie wund liegen, mein stolzes Trotzköpfchen gönnte keinem einen halben Blick oder ein Viertelchen von dem Engelslächeln, das hier in den Teller ging. Aber da darf nur so ein interessanter Fremder in einem Landau weinen, so ein Signor Bleichwanioso –«

      »Ach wie garstig, Berner! an den habe ich gar nicht mehr gedacht!« rief sie ärgerlich, daß der Kluge ins Schwarze geschossen haben sollte. Jener aber wischte seine Brille ab, schaute auf Idas silbernen Teller und deutete lachend auf den Rand –

      »Gar nicht mehr an ihn gedacht? Welcher Graveur hat denn da gekritzelt? Fräulein Lügenhausen? he?«

      Nun, da hatte sich das Mädchen wieder vergaloppiert, hatte, ohne daß sie es im geringsten wußte, unter ihrer Gedankenreihe das Dessertmesser in die Hand bekommen, auf dem Teller herumgekritzelt, und da stand mit hübschen, deutlichen Buchstaben »Emil v. Mart. –«

      »Nein!


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