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Jochen Kleppers Roman "Der Vater" über den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I - Teil 2. Jochen KlepperЧитать онлайн книгу.

Jochen Kleppers Roman


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Kassen waren einem Creutz der Himmel.

      Leider war über den Himmeln der Herr.

      Der Herr war aber voller Hoffnung wie noch nie. Wenn nun noch dieses Opfer für Preußisch-Litauen gebracht war; vielleicht war dann ein erstes Ziel erreicht.

      Er sagte es dem Plusmacher nicht. Er schrieb es dem Dessauer Freund, als er ihm für dessen Jubiläumsglückwunsch dankte; diesmal ging der Brief nach Bubainen. Seit Neujahr weilte der Fürst von Anhalt im Schnee und Eis der Wüste von Bubainen und Norkütten. Er hatte die Wildnis, die er zum Geschenk erhielt, mit seinem ganzen Herzen festgehalten. Er ging den Weg des Königs nach, und manchmal, weil Bezirk und Aufgabe um so vieles begrenzter war, schritt der Fürst sogar den Weg voran. Aufmerksam, neidlos, lernbegierig verfolgte der Herr all sein Tun. Der Dessauer sollte ihm seine Dörfer visitieren.

       „Ich weiß nicht, ob ich recht habe“, sandte er Botschaft nach Bubainen, „aber ich habe itzo das feste Vertrauen, dass es in Preußen in kurzem wird besser werden. Die neuen deutschen und allmählich auch die alten litauischen Bauern bezäunen die Dörfer und Gärten. Alle haben sie nun Gärten. Es sieht nicht mehr wüst aus. Das Vieh läuft auch nicht mehr hirtenlos im Feld umher. Die Litauer beginnen überall gut zu stehen. Sie haben nun solch Brot, das mir gut schmeckt, und in ihren Baracken sieht es jetzt gut und wirtlich aus, da man Schüsseln, Speck und Fleisch findet, und die Leute sehen neuerdings auch dick und fett aus. Viele Bauern fangen an, in breiten Beeten dreimal zu pflügen und Misthügel zu machen. Und ist gar kein Zweifel, dass durch Gottes Hilfe sich alles soutenieren wird und ich itzo reich werde und in allen meinen Kassen es sehr spüre, dass das alles gut geht.“

      Er, der am Festtag keine Tafel hielt, freute sich über Speck und Fleisch in den Schüsseln seiner Untertanen und spürte daran, dass er reich wurde. –

      * * *

      Der letzte, der an diesem Abend zu König Friedrich Wilhelm befohlen wurde, war Roloff.

      „Ich habe keine Dankgottesdienste halten lassen und sie bis zum Sonntag verschoben“, begrüßte ihn der König.

      Der Prediger entgegnete kurz: „Gott wird sich nie von Eurer Majestät betrogen fühlen.“

      Von dem, was beide am drängendsten bewegte, redeten der König und der Prediger heute nicht; nur dass König Friedrich Wilhelm den Pastor Roloff noch fragte, ob denn noch immer nicht auch nur der leiseste Schatten eines Anzeichens zu erblicken sei, dass die Pastoren auf den Kanzeln und die Theologieprofessoren auf den Kathedern sich endlich besönnen, was Lehrgezänk und was Verkündigung der Gnade Gottes über dem armen, schuldigen Lande Preußen sei.

      Kämpfende Lager von Frommen und Unfrommen, Rechtgläubigen und Irrgläubigen, das sei ihm kein Zweifel, ließen sich nicht vereinigen, wie man verfeindete und zersplitterte Kammern der Provinzregierungen in einem neuen zentralen Generaldirektorium zusammenfasse. Dass aber Gottes Geist in seinem Königreich und seiner Königszeit die Eitelkeit, die Selbstsucht, den Zwiespalt, die Sinnlosigkeit einer dreifach zerfallenen Evangeliumsverkündigung furchtbar hinwegfegen möge, darum bete er; er bete so, dass es manchmal schon wie ein Abtrotzen sei; Gott möge es ihm vergeben, wenn die Angst um den Verlust des reinen Gotteswortes ihn so unruhig mache.

      „Eins ist dem Menschen aber wohl erlaubt“, begann der König vor dem großen Prediger zaghaft zu behaupten, „eins bleibt dem König wohl noch zu tun: Er kann die Kinder, auf denen doch die höchsten Verheißungen ruhen und die der Welt als einziges Beispiel gesetzt sind, zu Gliedern einer künftigen Kirche erziehen, die nicht mehr bloßes Kampffeld der Pastoren, Professoren und Konsistorialräte, des Klerus und der Orden ist: Ein König kann die Kinder lehren, von früh auf selbst die Bibel zu lesen –.“

       Der König, wie er es oft tat – ganz gleich, ob draußen Dunkelheit oder Helligkeit herrschte – redete, am Fenster stehend und dem Partner des Gespräches den Rücken kehrend. Freilich, dann musste er solchen Partner gut kennen. Fremderen sah er, was wenig beliebt war, unentwegt in die Augen.

      König Friedrich Wilhelms Worte klangen fast nach Schwärmertum.

      „Dann könnten sie Kinder der Seligkeit werden.“

      Das hatte der Pastor ganz deutlich gehört.

      Aber schon wurde aus der leisen, schwärmerischen Rede der klare Plan, das durchdachte Gebot, das formulierte Edikt.

      Das Schulproblem, das sei es, was dränge. Er habe vernommen, dass die Eltern, namentlich auf dem Lande, ihre Kinder nur sehr säumig zur Schule schickten. Die arme Jugend bleibe in großer Unwissenheit, unwissend im Rechnen, im Schreiben, im Lesen. Im Lesen – das heiße aber nun: in allem, was zu Heil und Seligkeit höchst notwendig ist. Denn Predigten – ah, die vermöchten heute das Heil nicht mehr zu wirken; in denen sei die Heilige Schrift verschüttet, wenn nicht gar entstellt und verraten. Wie wüchsen die preußischen Kinder auf; es mache ihn bitter.

      Aber nun wollte er es ganz bestimmt und überaus rasch verordnen, dass künftig die Eltern an allen Orten, wo Schulen wären und Schulen neu geschaffen werden sollten, bei nachdrücklicher Strafe angehalten würden, ihre Kinder im Winter täglich und im Sommer, wenn man sie auf dem Lande in der Wirtschaft brauchte, zum mindesten ein- oder zweimal in der Woche zum Schulmeister zu schicken.

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      Der König zergliederte bereits die Einzelheiten des Lehrplans; er setzte bereits die bestimmtesten Posten im neuen Schuletat ein. Zwei Dreier die Woche, das mussten die Eltern wohl noch zahlen können. Wenn sie es ganz und gar nicht erübrigen konnten, dann schien es nun nicht zu viel verlangt, wenn man ein Ortsalmosen für die Armenkinder forderte.

      Der König überschaute auch schon alle Schwierigkeiten, die aus dem Mangel an Lehrern und Gebäuden erwachsen sollten. Die Theologiestudenten sollten als erste einspringen und erst nach ein paar Jahren Schuldienst ins Pfarramt gelangen. Von den alten Schulmeistern mochten die kärglich besoldeten, bis eine Aufbesserung ihrer Bezüge möglich wurde, getrost ein Handwerk üben, das auf ihrem Dorfe gerade dringend fehlte. Grund und Boden für die neuen Schulen, ja, die Küchengärten für die Schulmeister, gedachte der König selbst zu schenken; die Baumaterialien auch; die Fuhren stellte er ebenfalls. Rasch sollte alles geschehen. Und umfassend sollte es sein. „Der Adel“, schloss der Herr, „wird sich hiernach zu richten haben und zur gemeinschaftlichen Einrichtung der Schulen die Hand bieten.“

      Dass nun eine allgemeine Schul-Pflicht ausgesprochen war, genügte dem Herrscher noch nicht. Die größeren Kinder sollten, ehe sie zur Firmung und Konfirmation gingen, noch einmal einen besonderen geistlichen Unterricht erhalten.

       Fünfzigtausend Taler, die wollte er als ersten Fonds für die Schulen zur Verfügung stellen. Die gedachte er gleich flüssig zu machen und aufs Neue zu sparen. Dann mochten sich die neuen Schulen mit den Kindern seines Landes füllen. Morgen wollte er die Anweisung auf fünfzigtausend Taler unterschreiben.

      Er hatte für den Fonds einen Namen bereit, noch von den armen, trügerischen Zeiten seines Vaters her. Diesem Namen – Mons pietatis, Berg der Frömmigkeit – gab er nun Inhalt, Sinn und Wert und verschwieg gerade durch ihn seine fromme Scheu.

      Was galt es ihm, dass schon sechs Millionen Taler droben im Ostland angelegt waren; dass elf Städte, feste Sitze des Handels und Handwerks, und dreihundertzweiunddreißig Dörfer wieder aufgebaut, verwahrloste Domänenämter in staatliche Bewirtschaftung genommen waren? Was machte er groß damit her, dass die Widerstände, die Ausflüchte, die Vorspiegelungen seiner Junker und Beamten sich von Jahr zu Jahr verringerten, wenn auch oft aus Resignation gegenüber seinem Machtanspruch?

      „Dieses ist nichts“, sprach der Stifter der Schulen, „denn die Regierung will das arme Land in der Barbarei behalten. Doch wenn ich baue und verbessere das Land und mache keine Christen, so hilft mir alles nichts.“

      Er kam ins Ostland als der letzte Ordensritter. Er wollte den Gottesstaat in der Öde, die ihm als Reich des Bettelkönigs übergeben war. Nun sollten in dem dunklen Land besonnte Berge mit blühenden Hängen aufstehen –.

      „Was seht ihr scheel, ihr großen Gebirge, auf den Berg, da Gott Lust hat


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